HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Alten- und Krankenpflegestation seit einem Jahr geschlossen. Ein Interview

KalendereintragVor einem Jahr wurde die Alten- und Krankenpflege-station völlig überraschend geschlossen. Die Vorgänge, die zur Schließung führten, wurden im Akteneinsichtsausschuss bearbeitet und werden demnächst als Bericht vorgelegt.

In einem Interview schildert die damalige Leiterin der Einrichtung, Frau Anette Schneider ihre Sicht der Ereignisse.

 

Bis vor einem Jahr haben Sie in der städtischen Alten-und Krankenpflegestation gearbeitet, was waren Ihre Aufgaben?

Leitung, Teamführung, Patienten akquirieren, Abrechnung, Tourenpläne, Beschwerdemanagement, eigentlich alles.

Wann haben Sie diese Stelle angetreten?

Ich habe sie im November 2007 angetreten.

Wie war die Situation, als Sie damals anfingen?

Die Situation war vom ersten bis zum letzten Tag eine einzige Herausforderung. Die Station wurde schon zweimal vom Verband der Pflegekassen negativ geprüft und sollte eigentlich – als ich anfing – einen Monat später geschlossen werden, weil der Verband der Pflegekassen den Versorgungsvertrag aufgrund der negativ Prüfung nicht mehr verlängern wollte. Personell war es die absolute Katastrophe und das musste dann erstmal bekämpft werden, das war nicht unbedingt leicht.

Personell heißt, es waren nicht genug Fachkräfte da?

Es waren nicht genügend Fachkräfte da und es waren Leute dort, die offensichtlich nie kontrolliert wurden, die sich dann in Positionen gehoben haben, die sie rein rechtlich aufgrund ihres Ausbildungsstandes überhaupt nicht hätte einnehmen dürfen.

Im letzten Juni haben Sie sich eine neue Arbeitsstelle gesucht. Aus welchem Grund?

Ganz einfach weil wir bis zum 29. Juni nicht wussten, wie es mit uns weitergeht. Wir hatten alle – bis auf eine einzige, die eine Festanstellung hatte – befristete Verträge, die liefen am 30. Juni aus.
Ich hatte frühzeitig schon im Februar beim Magistratsoberrat für das Team und mich angefangen nachzufragen, wie es mit uns weitergeht. Ja, das wird schon, wir sind noch am gucken, das wird. Ich habe im März, ich habe im April und im Mai sogar zweimal nachgefragt und mir wurde nie eine vernünftige Auskunft gegeben. Und dann hatte ich mich entschlossen: Das möchtest du so nicht mehr weitermachen, das war für mich zu ungewiss in der heutigen Zeit. Ich hatte dann jemanden anderem meine Arbeitskraft angeboten. Und als ich dann dem Team sagte, dass ich gehen möchte, ja, da wollten sie geschlossen mit mir gehen. Ich habe dann am 26. Juni dem Magistratsoberrat verkündet, dass wir gehen. Und das war ja rechtlich völlig ok, weil wir hatten eh nix in der Hand und wir dachten, wir lassen die Verträge auslaufen. Dann hatte man den Mitarbeiterinnen – mir nicht mehr – aber den Mitarbeiterinnen neue Verträge angeboten und zwar am 29. 6., also einen Tag bevor die alten Verträge ausgelaufen wären.

Darauf konnte Sie gar nicht eingehen?

Ich hatte ja gar keinen Vertrag bekommen, weil ich Staatsfeind Nummer eins war.
Wir alle konnten darauf nicht eingehen, weil es Verträge für einen Verein waren, der zu dem damaligen Zeitpunkt des Trägerwechsels weder beim Verband der Pflegekassen angezeigt war, noch beim Amtsgericht überhaupt richtig beantragt worden. Das Papier war wertlos.

Wie ist denn das Ende dieser Arbeit von statten gegangen? Wie haben Sie denn Ihre Arbeit abgeschlossen und die Station übergeben?

Nachdem am 30. Juni klar war, dass keine der Mitarbeiterinnen den Vertrag unterschreiben wird, hat man dann abends mich und die kompletten Mitarbeiterinnen gebeten, in die Station zu kommen. Die mussten dann die Schlüssel für die Station abgeben, die Fahrzeugschlüssel abgeben und man hat sich die Räumlichkeiten noch einmal angeguckt. Es war der Magistratsoberrat dabei und einige Magistrats-Mitglieder. Man hat mich dann noch gebeten, die Abrechnung noch für diesen Monat zu machen, aber keine Liste aufgenommen, was an Bestand noch da war oder irgendwelche administrativen Dinge klar benannt, das wurde eben nicht gemacht.

Also es gab kein Abschlussprotokoll?

Nein, nein, nein…. man hat noch mal an unsere Menschlichkeit appelliert, wobei ich – nachdem wie es gelaufen ist – nicht weiß wieso man da an uns appelliert, sondern da hätte man an ganz anderer Stelle ansetzen müssen. Und dann hat man sich mit einem Händeschütteln verabschiedet. Und das war’s.

Sie haben ja auch mitbekommen, dass da der Akteneinsichtsausschuss tagte und es auch mitverfolgt. Wie war denn Ihr Eindruck hinsichtlich der Aufklärung in dem Ausschuss?

Also sehr gespalten. Zum einen ist es mir aufgefallen – gut, ich bin da nicht ganz unparteiisch, ganz klar – dass es Leute gab, die versucht haben, Licht in das Dunkel zu bringen. Sie wurden aber durch die CDU immer wieder gedeckelt. Dann auch die Haltung von Bürgermeister selber, dass er auf dem Stuhl rumlümmelte wie ein trotziges Kind, dazwischen brabbelte, aufstand, durch die Gegend lief, in irgendwelchen Akten rumwühlte und dass da keiner wirklich in der Lage war zu sagen: Stopp, das ist ein Akteneinsichtsausschuss und da gibt es gewisse Linien, an die auch ein Bürgermeister sich zu halten hat. Gab’s nicht.

Wie geht es Ihnen jetzt in der neuen Einrichtung?

Sehr gut, sehr gut, das komplette Team ist immer noch da, wir haben mittlerweile Personal einstellen können, wir haben in dem einen Jahr zwei Mitarbeiterinnen noch weiter ausbilden können. Ja, es geht uns gut, ja es geht uns sehr gut.

Sie haben Ihre Entscheidung also nicht bereut?

Nein, nicht einen einzigen Tag.

Danke

 

siehe auch: Dossier zur Schließung der Alten- und Krankenpflegestation.

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