HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Geheimes Geschäft geplatzt

Panzergeparkt

Kontrollierte Demilitarisierung und Verschrottung von Wehrtechnik in Rockensußra. (Quelle: Bundeswehr/Schwarz)

Aus der Rückschau wird vieles besser verständlich. Aus einzelnen Puzzlestücken wird in Ansätzen ein Gesamtbild, auch wenn noch Leerstellen offen sind.
Zusammen mit weiteren nachträglichen Recherche-Ergebnissen zeichnet sich eine Geschichte ab, die mit Panzerverschrottung getarnt wurde.

Etwas mit Metall

"Es hat etwas mit Metall zu tun." kündigte Joachim Kothe von der Hessische Landgesellschaft (HLG) den neuen großen Investor für das Homberger Kasernengelände an. Das war im 29. November 2012 in der Arbeitsgruppe Konversion der Homberger Stadtverordnetenversammlung.

Noch im Dezember 2012 wolle sich der Investor selbst vorstellen, er könne dann selbst erklären was er vorhabe, so Herr Kothe. Bürgermeister Martin Wagner saß daneben und äußerte sich nicht.
Im Dezember 2012 erschien kein Investor, er hätte wegen eines Unfalls absagen müssen. Dann wurde es still um den großen Unbekannten.

Die Panzerverschrotter: Battle Tank Dismandling BTD

Erst am 20. August 2013 erfuhren die Stadtverordneten etwas von der Firma BTD, (Battle Tank Dismantling Koch GmbH, Rockensußra in Thüringen), Diese Firma verschrottet Panzer und anderes militärische Gerät. Es sei eine notifizierte Reduzierungsstätte nach dem KSE-Vertrag. Aufgrund dieses internationalen Vertrags zur Abrüstung konventioneller Streitkräfte unterliegt der Betrieb einer intensiven Überwachung, zum Beispiel durch Satelliten und Inspektionsbesuche.

In Homberg sollten keine Panzer verschrottet werden, es sollten nur elektronische Komponenten weiter zerlegt werden. Längerfristig würden bis 100 Arbeitsplätze entstehen, man wolle auch ausbilden. Neben dem Grundstückskauf wolle die BTD weitere 0,7 bis 1,0 Mio. Euro investiert, so der Anwalt Krug von Einem aus Mühlhausen (Thüringen). Die Vertragsentwürfe sind bereits seit März 2013 mit der HLG ausgetauscht. Im dritten Quartal 2013 wolle man beginnen, schrieb der Anwalt an Bürgermeister Martin Wagner am 20.8.2013, deswegen seien zeitnahe Entscheidungen durch die Stadt dringend erforderlich.
Im Januar 2014 drängte der Anwalt Krug von Einem erneut zu einem raschen Vertragsabschluss.

Aus dem Protokoll 3.12.2013
Die Firma Battle Tank möchte bereits 2014 mit den Arbeiten beginnen und daher ist eine zeitnahe Entscheidung der Stadt dringend erforderlich. Schon Alternativen in Homberg umgesehen

BTDSchild

Kaufverträge

Am 15. Mai 2014 war es dann soweit, Der Verkauf an die Panzerverschrotter stand auf der Tagesordnung.
Tagesordnungspunkt 6: Beschluss über die Veräußerung von Flächen; a) Flächen im technischen Bereich der Ostpreußenkaserne

Der Stadtverordnete Eckbert Siebert fragte vom Rednerpult aus den Bürgermeister, wer der Käufer der Fläche sei.
Der Bürgermeister, der gerade vorher noch sprach, war nicht im Raum, so musste der erste Stadtrat in der Akte nach dem Käufernamen suchen. Er blätterte in der Akte vor und zurück, der Stadtverordnete wartete schweigend am Rednerpult.
Schließlich kam der Erste Stadtrat nicht umhin den Namen des Käufers vorzulesen – der immer auf der ersten Seite eines jeden Vertrags zu finden ist.
Der Vertrag lautete nicht auf die Battle Tank Dismantling, wie es in den Erläuterungen für die Stadtverordneten stand, sondern auf "Peter Koch Invest UG (haftungsbeschränkt), 99974 Mühlhausen. So steht es im Protokoll.

Das irritierte einige Stadtverordnete, doch es gelang dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Stefan Gerlach, die Irritation zu zerstreuen. Es sei üblich in der Wirtschaft, Grundbesitz und Betrieb in unterschiedliche Unternehmen aufzuteilen.
Angesichts eines Grundstückskaufpreises von 758.637,50 Euro verwunderte es, dass ein Käufer mit einem Haftungskapital von nur 1.000 Euro auftritt. Dazu heißt es im Protokoll:
"Herr Gerlach meint, die Frage nach Haftungssummen sei uninteressant, da die Zahlung des Kaufpreises vertraglich geregelt werde." Verkauft wurde für 795.000 Euro, so steht es im Protokoll.

Die Mehrheit der Stadtverordneten stimmte dem Verkauf zu.
Sie stimmten auch dem zweiten Verkauf zu: die ehemaligen Standortschießanlage, die zum Zwecke der Algenzucht erst kurz vorher von der Regionalplanung zum Gewerbegebiet umgewidmet wurde.
Die HLG hatte 247.200 Euro als Kaufpreis ermittelt, verkauft wurde für 200.000 Euro.
Der Name des Käufers wurde nicht genannt. Die Firma, die sich einmal als Interessent für Algenzucht vorgestellt hatte, war zu dem Zeitpunkt schon insolvent. Das Geschäftsmodell beruhte auf Kapital-Anlagebetrug und war nicht aufgegangen.
Erst auf wiederholte Anfragen gab der Magistrat nach Monaten den Namen des Käufers der Schießanlage bekannt: Peter Koch Invest UG (haftungsbeschränkt).

Die Peter Koch Invest kaufte für 995.000 Euro, haftete aber nur für 1.000 Euro. Peter Koch kann nur ein Strohmann sein, andere werden das Geld aufbringen. Aber wer?

Hinter der Firma Battle Tank Dismandling steht die Scholz AG, sie ist zu 100 Prozent Eigentümerin der BTD. Die Scholz-Gruppe hatte 2013 einen Umsatz von 3,75 Milliarden Euro und hat über 100 Beteiligungen. Quelle

Der Strohmann und die Käufer
Zwei Monate, nachdem die Stadtverordneten dem Verkauf an die BTD zugestimmt hatten, erschien im Rathaus wieder der Geschäftsführer der BTD, Peter Koch und sein Anwalt Krug von Einem, diesmal zusammen mit einem Vertreter von Krauss-Maffey-Wegmann, Kassel (KMW) und dem Ex-Bürgermeister Martin Wagner als Berater.

Traten Peter Koch und sein Anwalt für die BTD oder für die Peter Koch Invest auf?

Im Unternehmensregister ist die Firma Peter Koch Invest eingetragen unter:

Peter Koch Unternehmensbeteiligung UG (haftungsbeschränkt),
Amtsgericht Jena, HRB 509764,
Neueintrag 3.1.2014,
Gegenstand des Unternehmens: Erwerb und Verwaltung von Unternehmen jeglicher Art

Die Besuchergruppe mussten dem neuen Bürgermeister Dr. Ritz mitteilen, dass sie die Finanzierung nicht hinbekommen hätten. Das klang nicht überzeugend.

Die weltweit operierende Scholz-Gruppe hatte 2013 einen Umsatz von 3,75 Milliarden Euro. Mit diesem Unternehmen im Rücken sollte die 1 Mio. Euro nicht zu finanzieren sein, zumal man seit eineinhalb Jahren verhandelte?
Auch der ebenfalls erschienene Vertreter des Rüstungskonzern KMW steht für ein wirtschaftlich starkes Unternehmen.

Die Aussage ist unglaubwürdig, zumal es sich bei der Battle Tank Dismandling um ein Unternehmen handelt, dass als "notifizierte Reduzierungsstätte" nach dem KSE-Vertrag (Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa, von 1992) ausgewiesen ist. Nach dem Vertrag zur Konventionellen Abrüstung dienen diese Betriebe der Vernichtung von Kriegswaffen und werden deshalb von den Vertragspartnern streng überwacht, unter anderen auch per Satellit. Die BTD in Rockensußra ist der Betrieb zur Zerstörung schwerer Kriegsgeräte.
Siehe "Die Panzerknacker in Thüringen" mit Peter Koch und "Demontage und Verschrottung"

Die Peter Koch Unternehmensbeteiligung UG kann den Kauf nicht finanzieren, so die offizielle Darstellung. Das lässt Zweifel aufkommen, ob der Grundstückskauf mit der kapitalkräftigen Scholz AG abgestimmt war. Ist vielleicht der gute Ruf der BTD als Tarnung für "private" Geschäfte genutzt worden? Das ist ein brisantes Thema, da hier Sicherheitsinteressen verschiedener Nationen berührt werden, die den KSE-Vertrag unterschrieben haben.

Auf Nachfragen bei der Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr (ZVBw) und bei dem Referat zur Korruptionsbekämpfung des Bundesverteidigungsministeriums antworteten beide nur knapp und verwiesen auf die HLG als Verkäufer. Diese knappen Antworten standen im Gegensatz zu einer Aussage von Peter Koch, der schilderte, wie eine Anfrage der HNA bei des Scholz AG zu Aufregungen bis ins Ministerium geführt hätte.

Ermittlungen

Eine Anfrage an die Scholz AG blieb ebenfalls unbeantwortet.
Doch dann kam ein Anruf der Innenrevision der Scholz AG mit der Bitte, alles über den Vorgang zu erzählen. Auf die Schlussfrage, ob dieser Vorgang veröffentlicht werden kann, die Antwort: "Lieber noch nicht, damit nicht noch mehr Unterlagen verschwinden." Um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden, berichtete ich erst einmal nicht.

Unterlagen zu dem Vorgang hat man auch in Homberg verschwinden lassen.
In der veröffentlichten Einladung zur Stadtverordnetenversammlung am 15. 5. 2014 auf der Homepage der Stadt fehlen genau die Seiten, die sich um den Verkauf an die BTD drehen. Auch die erste Seite des Vertragsentwurfs mit dem Namen des Käufers Peter Koch Invest UG hat die Stadt trotz wiederholter Aufforderung nicht als Nachweis vorgelegt. Dieser Vertragsentwurf soll auch nicht mehr in den städtischen Unterlagen vorhanden sein.

Schlimmer als befürchtet

Nach mehreren Monaten fragte ich erneut bei der Scholz AG nach, ob der Ermittlungsstand es jetzt erlaubt, zu berichten.
Der Gesprächspartner aus der Innenrevision verwies mich an die Pressesprecherin. Doch soviel sagte er dann doch: "Es ist schlimmer als wir befürchtet haben." Die Pressesprecherin stellte es frei, das zu berichten, was schon bekannt geworden ist.

Die Rolle der HLG

Die Hessische Landgesellschaft (HLG) hat zusammen mit Bürgermeister Wagner, Peter Koch und dem Anwalt Krug von Einem den Stadtverordneten die Battle Tank Dismantling als Käufer vorgestellt, obwohl ein anderes Geschäft geplant war. Auch die Muttergesellschaft, die Scholz AG war von ihrem Geschäftsführer Peter Koch hintergangen worden, der für seine eigens gegründete eigene Firma tätig war. Auch der Anwalt trat offiziell als Vertreter der BTD auf und im August 2104 als Anwalt von Peter Koch.
Von all dem hat die Hessische Landgesellschaft (HLG) gewusst, sie hat die Verträge mit den tatsächlichen Käufernamen verfasst, in den Unterlagen für die Stadtverordneten aber den Anschein aufrecht erhalten, die BTD würde als Käufer auftreten.

An der Spitze des Aufsichtsrates der HLG steht der Staatssekretär des hessischen Wirtschaftsministeriums, Mathias Samson. Seine Stellvertreterin ist die Staatssekretärin des hessischen Umweltministeriums, Frau Dr. Beatrix Tappeser. Beide Ministerien werden von Ministern von Bündnis 90/Die Grünen geleitet.

siehe auch Folgeberichte:

Hintergrund zum geplatzte Grundstücksverkauf (Teil 2 vom vom 1.10.2015)
Rolle von Ex-Bürgermeister Wagner beim Grundstücksverkauf 2014 (Teil 3 vom 10.10.2017)


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4 Kommentare zu “Geheimes Geschäft geplatzt”

  1. Homberger

    Unglaublich! 

  2. AnwaltsLiebling

    Da werden sich doch keine Abgründe im beschaulichen Homberg auftun?

    "Der Strohmann und die Käufer."

    "Traten Peter Koch und sein Anwalt für die BTD oder Peter Koch Invest auf?"

    Üblicherweise legt ein Rechtsanwalt eine Vollmacht vor, aus der hervorgeht, wessen Mandat er vertritt. Die anwaltliche Vollmacht müsste eigentlich im Rathaus zur Ablage gekommen sein.

    Der Bericht von DMS könnte Stoff für einen Polit-Krimi sein.

    Wie ich DMS einschätze, hat er weiteres (belastendes?) Material in der Hinterhand…. 

    Warten wir es ab.

  3. na so was

    Herr Gerlach war weder überrascht noch emport. Waren Informationen aus dem Magistrat über den Küchentisch gewandert? Welchen Grund hat er, diesen deal zu rechtfertigen?

  4. na so was

    Schnelle und richtige Reaktion von Ritz, diese Gurkentruppe abblitzen zu lassen: der gute Ruf von Siebert MdB steht auf dem Spiel

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