BĂŒrgerbeteiligung: Gekaufte und inszenierte Onlinebefragung als Legitimation
Befragung statt Beteiligung
In die Entscheidung zum Kauf des Krankenhausareals war die Beteiligung der Bürger in Form einer Bürgerbefragung eingeplant. Für diese Befragung erhielt die Firma CIMA Beratung + Management GmbH, Hannover einen Auftrag, die dafür eine Extra-Internetseite einrichtete mit der Adresse homberg-gestalten. Die Bürgerbeteiligung lagerte die Stadt an eine Beratungsfirma für Management aus, statt selbst in den Dialog mit den Bürgern zu gehen.
Die Befragung sollte online über das Internet laufen. Damit waren bereits alle Bürger ausgeschlossen, die damit nicht vertraut waren.
Es gab keine konkreten Fragen, zu denen die Bürger ihre Meinung äußern konnten. Sie sollten nur
… Hinweise zu Stärken bzw. Schwächen der Gesamtstadt und auch bezogen auf einzelne Stadtteile schildern
Auf einer Gebietskarte sollten sie Markierungen setzen und ihre Hinweise beschreiben. Für Hinweise auf die Stärken und Schwächen der Gesamtstadt gab es keine Karte, es gab nur eine Karte des Krankenhausareals. Damit erwies sich schon die Einladung als eine leere Floskel, die nicht ernst gemeint war.
Die Befragung ging zunächst bis zum 2. April 2021, wurde dann bis 30. April verlängert und danach "ausgewertet".
Auf der Internetseite "Homberg-gestalten" gibt es den Hinweis: "Hier geht's zu den Ergebnissen der Bürgerbefragung". Folgt man diesem Link, erscheint nur die Meldung, das an dieser Stelle (Zwischen-) Ergebnisse veröffentlicht werden. Es gibt keine Ergebnisse an dieser Stelle.
Am 3. Juni 2021, also nachdem der Kauf des Krankenhausgeländes bereits beschlossen worden ist, ist noch immer kein Ergebnis an dieser Stelle veröffentlicht. Wozu dieses ganze Befragungs-Inszenierung?
Bürgerbefragung per Wikimap zur Krankenhaus Nachnutzung
Wenn man etwas auf der Internetseite der Firma CIMA sucht, findet man die Karte des Krankenhausareals auf dem die Bürger ihre Markierung und ihre Hinweise lesen können.
Auf der Karte finden sich lediglich 12 Hinweise. Ein sehr dürftiges Ergebnis. Was daran von der CIMA Beratung+Management GmbH ausgewertet worden ist, ist nicht ersichtlich. Verständlich, dass deshalb auch keine Ergebnisse bei dem Link zu den Ergebnissen zu finden sind. Aus dieser Befragung lässt sich kein Votum für den Ein-Euro-Ankauf des Krankenhausareals herleiten. Das war vielleicht auch gar nicht beabsichtigt. Es reichte, für viel Geld diese Befragungs-Ereignis zu erzeugen, um später behaupten zu können, die Bürger haben dem Kauf zugestimmt.
So hört sich die so geschaffene "Zustimmung" an, die auf der Homepage der Stadt jetzt zu lesen ist:
Moderationsprozess über die Frage zur Annahme des Kaufangebots und zum Entwicklungspotential des Geländes
Die Bürgerhinweise
1 Sonstiges Verlauf der Gasleitung (Midal)
Am Rande des Gebietes verläuft m. W. die Midal Ferngasleitung, es wäre sinnvoll den Verlauf zu markieren und anzugeben, welchen Abstand man bei Bebauung zu der Leitung halten muss.
2 Verkehr & Mobilität Verkehrsanbindung
Verkehrsanbindung des Areals z.B in Form einer Einbahnstraße für die Zufahrt und die Abfahrt (über Mörshäuser Straße) um die Verkehrsbelastung auf dem Gelände und für umliegende Anwohner zu minimieren.
3 Verkehr & Mobilität Parkflächen
Parkflächen für das Gästehaus und das Lehr- und Ausbildungszentrum mit Einbindung moderner Mobilitätsformen (z.B. Ladestationen für alternative Antriebe) – Verleih von E-Rollern / E-Fahrrädern – ggf. mit Umbau und Erweiterung der Flächen.
4 Wohnen/ Wohnformen Gästehaus
Offenes Gästehaus (in Art eines Hotels) als Ergänzung zum medizinischen Ausbildungszentrum – mit evtl. Erweiterung des Hauses um eine ausreichende Anzahl Zimmer bereitzustellen und auch anderweitige Gäste der Stadt (z.B. Busreisegesellschaft und Besucher des Papillons) unterbringen zu können.
5 Gesundheit/ Pflege Kurzzeitpflege
Kuzzeitpflegestation als Ergänzung und in Kooperation mit den Betreibern des Papillons.
6 Gesundheit/ Pflege Sanierung und Umbau des Klinikareals
Ich bin für eine kommunale Rückübereignung des Klinikareals. Die Immobilien sollten kernsaniert und umgebaut werden. Zum Thema örtliche und solidarische Gesundheitswirtschaft könnte beispielsweise im stillgelegten Kreis-Krankenhaus ein neues pandemie-gerechtes Gesundheitsamt entstehen mit einem angeschlossenen medizinischen Versorgungszentrum.
Die Stationen (Bettentrakt) und die Schwesternhäuser eignen sich darüber hinaus beispielsweise für Tagespflege und zur Umwandlung in seniorengerechte Wohneinheiten o. ä..
Ein Abriss der Gebäude stände im krassen Widerspruch zu allen Gedanken zum Klimaschutz!
7 Gesundheit/ Pflege Ärztehaus/ Gesundheitszentrum
Ein Ärztehaus evtl. mit Durchgangsklinik und angegliedertem, medizinischem, überregionalem Ausbildungs-/Lehrzentrum.
8 Sonstiges Einkaufspassage klein
Eine kleine Einkaufspassage mit Dingen des täglichen Bedarfs und z.B. einem Friseur, um den Bewohnern des Papillons, sowie den Gästen im nahen Gästehaus eine attraktive und einfache Möglichkeit zu bieten, den täglichen Bedarf selbstständig fussläufig und behindertengerecht zu decken.
9 Natur, Umwelt & Klima Energiegewinnung
Umweltgerechte Energiegewinnung z.B. Beheizung der Anlage/des Hauses mit Erdwärme – mögliche Kooperation mit Betreibern des Papillons.
10 Natur, Umwelt & Klima Bisher unbebaute Flächen
Die beiden Grundstücke 58/1 und 62 (teilweise) wurden bisher nur gärtnerisch oder landwirtschaftlich genutzt und sollten aus der jetzigen Planung herausgenommen werden. Zunächst sollte ein Rückbau der Hochbauten erfolgen.
Ohne Kenntnis der eventuell entstehenden Kosten für Abriss und Entsorgung der Hochbauten kann über eine beabsichtigte Nutzung erst zu gegebener Zeit beraten werden.
11 Sonstiges Lehrsäle / Konferenzräume
Im ehem. OP-Trakt Unterbringung von Lehrsälen und Konferenzräumen für Tagungen und Lehrveranstaltungen des medizinischen Lehr- und Ausbildungszentrum oder sonstiger Tagungen.
12 Natur, Umwelt & Klima Naherholungsgebiet Naherholungsgebiet mit Wanderwegen unter Einbeziehung des Werrberges und der angrenzenden Waldflächen – öffentlich.
Schlussfolgerung der Manipulation
Auf ihrer Homepage berichtete die Stadt nach dem Kaufbeschluss mit dem abgebildeten Text.
# Wie und mit welchen Beteiligten hat der "Moderationsprozess" stattgefunden?
# Wo sind die behaupteten "verschiedenen fachlichen Untersuchungen"?
# Die "Videokonferenz" war die gemeinsame Sitzung des Bau- und des Haupt- und Finanzausschusses vom 10. Mai 2021, die online übertragen wurde.
# Die "Bürgerbefragung" mit Hilfe von Wikimap fand vom Februar bis April statt und nicht erst nach der Videokonferenz am 10. Mai 2021 – in der Videokonferenz wurde nicht auf die Ergebnisse der Bürgerbefragung eingegangen.
Diese Falschmeldungen wurden auch auf dem Newsletter der Stadt verbreitet, sie sind nur ein Baustein in dem Falschspiel, das Bürgermeister und Magistrat mit den Bürgern der Stadt veranstalten und an dem sich die Stadtverordneten der Parteien beteiligen.
Was sollen teure Befragungen und Beteiligungen, die nur Alibiveranstaltungen sind? Warum sollen sich die Bürger an diesem Spiel beteiligen, in dem sie nur getäuscht und hintergangen werden? Es ist nicht das erste Mal, die Beispiele dieser Art häufen sich und lassen bei den Bürgern nur eine Politik- und Politikerverachtung wachsen.