HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

2008 – 2021 Informationen zur Kommunalpolitik in der Kreisstadt Homberg (Efze) – ab 2021 HOMBERGER HINGUCKER MAGAZIN

Städtebaulicher Rahmenplan?

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Die Projektvorschläge des städtebaulichen Rahmenplans berücksichtigen nicht die drängenden Probleme der Stadt, sondern beschäftigen sich mit einem begrenzenten Gebiet, und überwiegend mit nur gestalterischen Gesichtspunkten. Ein städtebauliches Gesamtkonzept für Homberg ist damit nicht gegeben.

 

 

Die Stadtverordneten sollen am 26. 1. 2017 einen "Städtebaulichen Rahmenplan für die südliche und westliche Innenstadt" beraten und beschließen. Dieser Plan soll für die nächsten 10 bis 15 Jahre zum Orientierungsplan werden.

 

Über die Quartiere im Untersuchungsgebiet heißt es, sie seien:

"von vielfältigen Problemlagen, Missständen und Defiziten geprägt und können ihre stadträumliche und nutzungsbezogene Funktion nur eingeschränkt wahrnehmen".

Das renommierte Kasseler Architekturbüro ANP hat diesen Plan vorgelegt. Deren Chefin ist zugleich Präsidentin Bundesarchitektenkammer.

Dieses Büro hat schon 2015 Referenzen mit seinem Plan für das Einkaufszentrum vorgelegt. Die Anlieferung zum Einkaufszentrum hatten sie gegenüber der Bundespräsident Theodor-Heuss-Schule (BTHS) geplant. Die Schulleitung, der Elternbeirat und die Polizei sagten: So geht das nicht.

Die Bürger forderten in einem Bürgerworkshop mehrheitlich, dass die großen Blutbuchen auf dem Planungsgelände erhalten werden sollten. Das Planungsbüro sagte, das geht so nicht, das wollen die Projektentwickler nicht. Damit wurde deutlich, wie weit Bürgerbeteiligung gehen darf. Nur so weit, wie es die Pläne nicht stört.

Dieses Planungsbüro hat jetzt im Rahmenplan die "vielfältigen Problemlagen, Missstände und Defizite" in dem Plangebiet aufgezeigt.

"Der vorliegende städtebauliche Rahmenplan ist als Voruntersuchung zu vorhandenen Potenzialen und Defiziten sowie möglichen Verbesserungsvorschlägen in den Quartieren und dem angrenzenden Umfeld zu verstehen"

"kann als Grundlage für die Beantragung von Fördermitteln verwendet werden"

BildAbgrenzungskriterien unbekannt
Das Plangebiet erstreckt sich von der Hans-Staden-Allee im Nordosten bis zum Friedrich-Dreytza-Platz im Süden und vom Ostpreußenweg im Westen bis zum Anfang der Hersfelder Straße in der Verlängerung der Wallstraße im Ost.

Karte des Untersuchungsbereiches. (Zum Vergrößern anklicken)

Die Stadtverordneten hatten im September 2015 einen Rahmenplan für den Bereich zwischen Parkstraße, Kasseler Straße und Stellbergsweg genehmigt, die Homberger Verwaltung hat des Auftrag vergeben. Das jetzige Untersuchungsgebiet bezieht sich auf andere Abgrenzungen, es gibt keine sachlich nachvollziehbaren Kriterien.

 

 

BildViele sachlichen Fehler
Als Freiheiter Quartier wird die Freiheit und die Ziegenhainer Straße definiert.

"Das Untersuchungsgebiet liegt an der stadtstrukturellen Schnittstelle zwischen den mittelalterlichen Stadtbereichen der Altstadt im Norden und dem gründerzeitlichen Stadterweiterungsquartier, der Freiheit, im Süden." (S. 17)

Die Freiheit ist kein gründerzeitliches Stadterweiterungsquartier, sie ist mittelalterlichen Ursprungs. Lediglich die Ziegenhainer Straße ist von Gebäude aus der Gründerzeit geprägt worden.

Zur historischen Entwicklung der Freiheit kann man lesen:

"Die exponierte Lage am Hang machte die Freiheit weitaus angreifbarer als die Oberstadt. Da der Stadtteil in diesem Zusammenhang nach dem Dreißigjährigen Krieg fast vollständig zerstört wurde, ist die Bebauung heute lockerer als die der Oberstadt." (S.19)

Die Bebauung der Freiheit wurde nicht nach dem Dreißigjährigen Krieg zerstört. Sie wurde, wie auch Homberg, in diesem Krieg zerstört.

So heißt es bei Böllings "Geschichte der Freiheit":

"So war die Freiheit am Ende des 30-jährigen Krieges weitgehend zerstört." Quelle

Die lockerere Bebauung ist durch die stärkere bäuerliche Nutzung bestimmt.

"Sie war länger bäuerlich geprägt, als die wohlhabendere, bürgerliche Gesellschaft der Oberstadt." Quelle

Im Zentrum der Freiheit liegt der Nikolausplatz.

"Der Nikolausplatz ist die gute Stube der Freiheit und nach dem Marktplatz der zweite wichtige Platz Hombergs." sagen die Anwohner. Quelle

Das Planerbüro stellt für die Freiheit und auch den Nikolausplatz fest:

"Keine ausreichenden Grünräume im Freiheiter Quartier" (S.31)
"am St.-Nikolaus-Platz ist ein hoher Grad an versiegelten Flächen vorhanden."

Diesen Maßstab legt das Planungsbüro an, das bei seiner Einkaufszentren-Planung keine Bedenken wegen Vernichtung von großen Bäumen hat. Die Anwohner des Nikolausplatzes sehen das ganz anders:

"Lange Jahre war der St. Nikolausplatz ein fast vergessener, grob geschotterter Platz. 1996 wurde er neu gestaltet und ist seitdem ein Schmuckstück für die ganze Stadt Homberg." Quelle

So wie durch das Planungsbüro der neu gestaltete Nikolausplatz bemängelt wird, wird auch die Gestaltung der Ziegenhainer Straße und der Wallstraße kritisiert – wir haben in Homberg genügend Probleme, gestalterische Vorstellungen anderer Architekten sind kein drängender Handlungsbedarf.

Auffällige Lücken und eigenwillige Zielkriterien

Auffällig ist auch, was ausgelassen wird. So wird über den Bau des Lehrerseminars 1835 berichtet, aber das dazugehörige Menageriegebäude, in dem später das Landratsamt untergebracht war, wird nicht erwähnt. Dieses Gebäude wurde 2015 so umgestaltet, dass der historische Charakter verloren ging. Extra für die Agentur für Arbeit wurden dort die Innenflure um 3 bis 12 cm erweitert, auf Kosten der historischen Bausubstanz. In einer Bildunterschrift wird zudem das Jobcenter genannt, das aber in einem anderen Gebäude untergebracht ist.

"Neben den Grünräumen an der nördlichen und südlichen Stadtmauer bieten auch die fußläufigen Verbindungen am östlichen Stadtrand, entlang der Mauergasse und der Webergasse ein hohes Potential für eine attraktive Wegeverbindung."

Den Weg unterhalb der Stadtmauer bis zur Hessenallee und zur Webergasse ist wohl übersehen worden.

Wenn die Planer feststellen:

"Problematisch ist die Situation an der Wallstraße zu bewerten: Die topographische Situation, das abfallende Gelände und die stark befahrene Straße wirken wie eine Barriere zwischen den beiden Stadtbereichen."

Das sind die Gegebenheiten, die auch ohne diesen Plan wahrnehmbar sind. Die Wallstraße ist 1937/38 durch die Wallgärten gebaut worden, damit ist eine Lösung errichtet worden, um den Verkehrsfluss aus der Innenstadt zu lenken.

"Zusätzlich trennt die historische Stadtmauer die beiden Bereiche."

"Eine direkte zentrale Querungsmöglichkeit mit einem Treppenabstieg in das Freiheiter Quartier fehlt an dieser Stelle."

"Durch geeignete Baumaßnahmen könnten die Vernetzungspotenziale, trotz problematischer topographischer Situation, wieder erhöht werden." (S. 32)

Leerstand und Sanierungsbedarf

Minus: "Sanierungsbedürftige Gebäude im Freiheiter Quartier (Freiheiter Straße, An der Mauer)" (S. 35)

Als ein zukünftiges Projekt Nr. 16 wird ein privates Gebäude in der Straße "An der Mauer" entdeckt, in einer Ecke der Stadt, die die meisten Homberger wohl kaum gesehen haben.

"Das Wohnquartier An der Mauer ist insgesamt von hohen städtebaulichen Defiziten und Missständen betroffen. Die Bausubstanzen weisen Mängel auf und in weiten Teilen ist bereits Leerstand vorhanden. Darüber hinaus sind Baulücken vorzufinden, die den Gesamteindruck des Quartiers nicht verbessern"

Auf diesem kleinen Grundstück in einem versteckten Winkel der Freiheit sehen die Planer ein "stadtstrukturell bedeutsamen Stelle" die gestärkt werden sollte. Angesichts der Leerstände in der Altstadt und in den Stadtteilen ist diese Prioritätensetzung nicht nachvollziehbar. Mit diesen Aussagen wird unter Umständen auch das Persönlichkeitsrecht des Eigentümers verletzt.

Parkflächen

"ist eine Prüfung der Ausdehnung des Parkraum-Bewirtschaftungskonzeptes auf die umliegenden Bereiche der Altstadt zu empfehlen."

Seit der Einführung des kostenpflichtigen Parkens sind in der Wallstraße wieder häufig leere Parkplätze zu finden.
Für das aufgestockte Gebäude für die Agentur für Arbeit sind keine neuen Parkplätze geschaffen worden. Es ist fraglich, ob das mit der Stellplatzsatzung der Stadt vereinbar ist.

Weg entlang der Stadtmauer

"Am östlichen Abschluss enden die Wegeverbindungen unvermittelt und gehen in einen Trampelpfad über. Eine große Freifläche am Ende der Stadtmauer ist zurzeit ungenutzt. Sie birgt aufgrund des Ausblicks auf das Efze-Tal ein hohes freiräumliches Potenzial."

In einem Projektvorschlag stellen die Planer einige Seiten später dann fest, dass an dieser Stelle ein "Waldkindergarten" bebaut und in Betrieb genommen ist – es gibt hier also gar keine Freifläche mehr.

Ein anderer  Projektvorschlag   

"Denkbar wäre die Herstellung von Wander- oder Radwegen mit einer Beziehung zu der Hohenburg und der Altstadt."

Dort verläuft bereits ein gekennzeichneter Wanderweg.

Wer hat diese Planungsleistung in der Verwaltung abgenommen?
Dies sind nur einige Beispiele aus dem Rahmenplan. Mit den Fehlern, Lücken, Leerformeln und eigenwilligen Prioritäten kann der Plan nicht überzeugen. Mit dieser Voruntersuchung ist die langfristige Stadtentwicklung nicht zu gestalten, zumal die Altstadt nun gar nicht mehr in einem Gesamtkonzept vorkommt. Diese Planung enthält Verdichtungsvorschläge für die Freiheit, berücksichtigt aber nicht die gravierenden Leerstände in der Altstadt.

Es verwundert, wie die Verwaltung diese Leistung als Vertragserfüllung anerkennen kann. Ein solch mangelhafter Plan kann keine Grundlage für einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung sein. Es sei denn, man macht sich nicht die Mühe es zu lesen, vertraut einfach der Verwaltung, und beschließt etwas, was man nicht kennt.

siehe auch: Er kanns nicht lassen…

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3 Kommentare zu “Städtebaulicher Rahmenplan?”

  1. Homberger Jeck

    TOP wird doch nur, was vorher in der ARGE festgelegt wurde.

    Also keine Angst. Die Mehrheit ist gewiß.

    Sollte es keine Mehrheit aus den 3 Fraktionen der ARGE geben, ist das vorher so abgesprochen worden.

  2. Phil Antrop

    Woher kommen die Mittel für den Auftrag?

  3. Kritischer Bürger

    Was der  " Homberger Jeck" mit einer gewissen Ironie beschreibt, ist eigentlich unserer demokratischen Kultur dermaßen abträglich, dass der Politikverdrossenheit weiter Tür und Tor geöffnet wird.

    Wenn hier im Blog an anderer Stelle die Wahlbeteiligung angesprochen wird, so mache ich mir ernsthaft Gedanken um die zukünftige Wahlbeteiligung.

    Oder kommt bald ein Donald nach Homberg und verspricht:

    Ich mache Politik für die Homberger Bürger und Bürgerinnen und nicht für Interessensgemeinschaften und einzelne Parteienvertreter ?

    Zuvor müssen die Macht des Magistrats und der STAVO beschränkt werden. 🙂

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