Statt demokratischer Haltung: Demokratie-Deko
Die Wahlplakate in der Stadt und in den Dörfern sind nicht zu übersehen.
Die Aussagen sind austauschbar.
Es gibt weniger auffällige Zeichen, die bedeutsam sind und mehr über den Zustand der demokratischen Haltung aussagen.
Planung Stadtpark "Alter Friedhof"
Auf dem Weg von der Drehscheibe zur Kreisverwaltung befindet sich kurz vor den Parkplätzen links eine Treppe, die in den Stadtpark "Alter Friedhof" führt. Dort sind rot gesprühte Linien zu erkennen, die die Umrisse eines zukünftigen Pavillons markieren. (siehe Foto) Die Planung ist also schon weit fortgeschritten.
Die Jugend soll mitgestalten – Warum nur Jugendliche?
Zur gleichen Zeit werden Jugendliche eingeladen mit der Parole "Gestalte Deinen Stadtpark". Sie können Antwort-Alternativen auf Fragen ankreuzen, sie dürfen Anregungen vorbringen und später auch auf Entscheidungen Einfluss nehmen – verspricht die Stadt in ihrer Meldung.
Dazu soll es Beteiligungsevents und stationäre Terminals geben. Jugendliche sollen sich im "Dialog mit Planern und politischen Mandatsträgern direkt austauschen".
Dieses digitale (web-basierte) Partizipationsmodell soll auch zukünftig ermöglichen, junge Menschen mit ihren Bedürfnissen und Belangen in die Entwicklung der Stadt einzubinden und für die Mitgestaltung zu begeistern.
Das klingt gut – auch wenn die Planung schon weitgehend feststeht, wie die gesprühten Linien zeigen.
Diese Art der Bürgerbeteiligung kennen die Homberger schon aus der Vergangenheit:
# Beim Bürgerworkshop für das Einkaufszentrum stand das Grundkonzept der Planung schon fest. Die Bürgerforderung nach Erhalt der alten Bäume passte nicht zur Planung.
# Kita-Planung Mardorf: Die Planung stand, es musste nur noch der Bürgerwille inszeniert werden. Ein Foto sollte den Bürgerwillen zeigen, aber die Mehrheit auf dem Foto hob gar nicht die Hand. Macht nichts, da schaut keiner so genau hin.
# Bürgergespräch über den Wald auf dem Burgberg im August 2020. Da wurde noch gesagt: kein Kahlschlag. Das Ergebnis sieht anders aus.
Das sind drei Beispiele für das, was in Homberg unter Bürgerbeteiligung verstanden wird. Bürgerbeteiligung ist zu einer Sozialtechnik verkommen, die Demokratie vorgaukelt, um die schon längst gefällten Entscheidungen besser zu verkaufen. Vor einer Wahl macht sich das gut:
Viel versprechen, sich offen und gesprächsbereit zeigen.
Im September steht noch die Bundestagswahl an. Bis dahin muss gute Stimmung verbreiten werden, bloß keine schlechten Nachrichten. Insolvenzen und Verschuldung dürfen erst nach der Bundestagswahl zum Thema werden, solange muss noch der Schein aufrecht erhalten werden.
Planung und Beschlüsse zum Stadtpark "Alter Friedhof"
Zurück zur Planung des Stadtparks "Alter Friedhof". Jugendliche werden merken, dass sie benutzt werden. Sie lernen frühzeitig, das es mit einer demokratischen Haltung nicht weit her ist.
Im November 2020 legte der beauftragte Architekt einen Sachstandsbericht vor, darin heißt es:
Der Standort des Kiosks ist noch offen und wird im beginnenden Vorentwurfsprozess festgelegt und mit der Denkmalpflege abgestimmt.
Bezüglich des Raumprogramms wurde festgelegt: Verkaufsraum mit Stehtischangebot, Kühlraum/Lager, Unisex-Toilette mit Wickeltisch, Material-Lagerraum sowie Außenterrasse für Gastronomie.
Angestrebt wurde ein „Fußabdruck“ von ca. 30 qm (eingeschossig); bei Ausnutzung steiler Böschungskanten im Bereich der Böschung zu den Parkplätzen der Kreisverwaltung ist auch ein kleinerer „Fußabdruck“ durch eine zweigeschossige Lösung denkbar. Das Gebäude soll künftig Familiencafé genannt werden und könnte auch Mitarbeiter*innen der Kreisverwaltung ansprechen.
Weitere Zeitplanung:
Herstellung Absturzsicherung zur Kasseler Straße: Winter 2020/2021
Bauabschnitt 1: Herbst 2021
Bauabschnitt 2: Herbst 2022
Ende 2020 lag die Planung schon fest, die Linien des Kiosks sind markiert.
Die Beteiligung der Jugendlichen soll erst jetzt erfolgen.
Umgesetzt wurde dagegen bis jetzt nicht die schon im März 2020 beschlossene Beseitigung einer Gefahrenstelle im Stadtpark.
Gefahrenbeseitigung kann warten
Am 12. März 2020 schon fassten die Stadtverordneten den einstimmigen Beschluss:
Beschluss:c) Die Umsetzung des ersten Bauabschnitts mit dem Ausbau des Eingangsbereichs des Stadtparks an der Kasseler Straße, der Herstellung eines Zauns zur Absturzsicherung sowie der Sanierung des Dachs der ehemaligen Kraftpost-Wartehalle soll bis Herbst 2020 erfolgen.
Abstimmungsergebnis:
Anwesend:33
Ja-Stimmen: 33
Nach diesem Beschluss wäre der Magistrat verpflichtet gewesen, eine Absturzsicherung vom Park zur Kasseler Straße bis zum Herbst 2020 herzustellen. Dieser Beschluss wurde nicht umgesetzt, der Magistrat ignorierte die Beschlüsse und handelte eigenmächtig. Wenn eine Absturzsicherung vorgesehen ist, muss dort eine Gefahrenstelle bestehen. Die Einschätzung als Gefahr bewegte den Magistrat nicht, entsprechend des Beschlusses tätig zu werden – nicht einmal aus Eigeninteresse zum Schutz vor Haftungsansprüchen bei einem Unfall. Dazu hätte es nicht einer Bürgerbeteiligung bedurft.
Die Stadtverordneten lassen sich das bieten. Sie sind gehalten, nach ihrem Gewissen zu handeln, aber sie tun nichts, sie lassen alles mit sich machen.
Die Abgeordneten kennen und kontrollieren ihre eigenen Beschlüsse nicht. Sie fragen auch nicht nach. Viele der Entscheidungen unseres Parlaments sind für den interessierten Bürger nicht mehr nachzuvollziehen. Das liegt nicht an Corona. Versucht man Gründe für die eine oder andere Entscheidung zu finden, gibt es keine nachvollziehbare Begründung in den Protokollunterlagen. Vieles ist auch auf die Entscheidungskompetenz des Magistrates verlagert worden, also mit Absicht der Kontrolle durch das Parlament entzogen bzw. abgegeben worden.
So ist auch der Ankauf von Immobilien bis 25.000 € nicht der STAVO mitzuteilen, noch nicht einmal einen Quartalsbericht hat man eingefordert. So verwundert nicht, dass mittlerweile der Immobilienbesitz des Magistrates stark angestiegen ist. Man konnte den Hausbesitz der Stadt sehr schön daran erkennen, wo die städtischen Mitarbeiter den Winterdienst ausgeübt haben.
Selbst Verkäufe von Grundstücken an Abgeordnete, Magistratsmitglieder und deren engere Familienmitglieder werden nicht bekanntgegeben. In Nachbargesprächen führt so etwas zu Unmut und Unverständnis. Man darf gespannt sein, ob so eine Politik auch Wirkung bei der Wahl am Sonntag zeigt. Was ist daran die Ausschreibungsergebnisse der STAVO vorzulegen? Allein um nicht in den Verdacht der Kumpanei und Bestechlichkeit zu kommen, muss in diesen Bereichen Klarheit geschaffen werden. Ehemaligen Pächtern der städtischen Flächen bleibt ja nicht verborgen, wer der neue Nutzer oder Eigentümer der Fläche oder der Immobilie geworden ist. Allein die Kombination mit den 25.000 € und der Nichtinformation der STAVO macht eine Kontrolle unmöglich. Ähnlich verhält es sich mit Auftragsverhältnissen mit Abgeordneten. Man nennt so etwas Transparenz, ein Wort, das in den letzten Tagen auch auf Bundesebene eine neue Bedeutung bekommen hat.