Was hat sich in den letzten 18 Jahren getan?
Die dritte Bürgermeister-Ära geht bald zu Ende, die im Homberger Hingucker ausführlich recherchiert und öffentlich dokumentiert worden ist. Ein seltenes Zeitdokument, es dokumentiert, wie im Lokalen die Demokratie gedrosselt wurde, sie dient hauptsächlich nur noch zur Legitimation.
Eine Zeit, die gekennzeichnet ist von dem Anstieg der Schulden von 20 auf 100 Millionen Euro und dem Anstieg der Wähler, die in Homberg AfD wählen. Homberg ist damit in Hessen die Kreisstadt, in der die meisten Bürger AfD gewählt haben.
Wie konnte es dazu kommen?
Ein erster kurzer Überblick über die drei Amtsperioden macht verständlich, wie es dazu kam.
Abbildung: Die Entwicklung der Schulden in den Amtszeiten der letzten drei Bürgermeister. Die städtischen Schulden in der Amtszeit von Dr. Nico Ritz sind weiter gestiegen und haben die 100-Millionen-Grenze überschritten.
Amtszeit Martin Wagner 2008 bis 2024
In dieser Zeit drehte sich alles um den Kauf und die Vermarktung des frei gewordene Kasernengeländes, damit sollte Homberg einen neuen Aufschwung erhalten.
Als Erstes wurde große Geländeteile mit Gebäuden für einen Spottpreis an einen CDU-Stadtverordneten verkauft. Hier sollte der Übergang zur Elektromobilität vorangebracht werden. Autos sollten auf Elektroantrieb umgebaut werden. Nichts davon geschah. Heute findet dort ab und zu ein Trödelmarkt darauf statt.
Eine Industrieanlage zur Pyrolyse von Altreifen sollte Homberg zukunftsfähig machen. Durch Erhitzung der Reifen unter Sauerstoffausschluss, zerfällt die Reifen in seine Ausgangsbestandteile, die verwertet werden sollen. Der Traum vom ganz großen Geschäft war bald zu Ende. Der sogenannte Investor insolvent, er hatte schon in Sachsen ordentlich EU-Fördermittel abgegriffen.
Ein Mitarbeiter des Umweltbundesamtes sagte, hinter den ganzen Pyrolyseprojekten steckt nur kriminelle Energie.
Danach sollte die groß angelegte Algenzucht den Fortschritt für Homberg bringen. Meine umfangreichen Recherchen ergaben ein großes Firmennetzwerk mit der Zentrale in Potsdam. Es war ein Betrugssystem, mit dem Kleinanleger betrogen worden. Sie sahen ihr Geld nicht wieder. Die Staatsanwaltschaft Berlin Charlottenburg hat die Ermittlungen aufgenommen. Und in Homberg war ein Traum geplatzt.
Schöner Schein und raue Realität
Zwischendurch waren auch noch Seiten aus einem städtischen Fahrtenbuch entfernt und durch fingierte, neue Einträge ersetzt worden. Der Bürgermeister wollte vertuschen, dass er einen städtischen Mitarbeiter losgeschickt hat, um einen CDU-Stadtverordneten aus dem Urlaub abzuholen, weil er dessen Stimme für die geplante Abstimmung brauchte.
Ein Projektentwickler wollte einen ganz großen Solarpark auf dem Standortgelände der Kaserne bauen, obwohl auf dieser Fläche der gesetzlichen Voraussetzung gar nicht gegeben waren, wie später die Staatsanwaltschaft per Gutachten feststellte. Die Solaranlage wurde unter Hochdruck gebaut, damit noch die höheren Einspeisevergütungen erreicht wurden.
Herr Kothe von der HLG brachte einen neuen Hoffnungsträger ein, es würde etwas mit Metall zu tun haben, kündigte er geheimnisvoll an.
Es war die Panzerverschrottung aus Nordthüringen, die hier eine Zweigstelle einrichten wolle. Es gab viele Termine und Ortstermine, am Ende wurde daraus nichts, und das kam so.
In der letzten Stadtverordnetensitzung in der Amtszeit Wagner stand der Verkauf an die Panzerverschrottungsfirma Battle Tank Dismandling (BTD) auf der Tagesordnung. Der Stadtverordnete Eckbert Siebert ging an Rednerpult und fragte, wer der Käufer sei, der im Vertrag steht.
Der Bürgermeister hatte den Raum verlassen, der erste Stadtrat blätterte in dem Ordner vor und zurück, während der Stadtverordnete am Rednerpult wartete. Es wurde langsam peinlich und der Stadtrat musst den Namen nennen, der bei allen Verträgen auf der ersten Seite steht.
Es war nicht die Firma BTD, es war der Geschäftsführer von BTD, der als Privatmann eine kleine UG-Firma angemeldet hatte. Die Stadtverordneten stimmten trotzdem zu und der SPD-Fraktionsvorsitzende beruhigte, das sei in der Wirtschaft so üblich.
Amtszeit Dr. Nico Ritz 2014 -2020 (1)
Am Anfang der Amtszeit steht eine Urkundenfälschung
Zur Sitzung im Mai 2024 erhielten alle Stadtverordneten zum Tagesordnungspunkt: "Veräußerung von Flächen …" mehrseitige Unterlagen.
Im August 2015 waren auf der Webseite der Sitzungsunterlagen nur noch der Kopf der ersten Seite abrufbar. Er musste erhalten bleiben, weil sonst in der fortlaufenden Nummerierung ein Tagesordnungspunkt ein Loch entstanden wäre.
Abbildung: Original Tagesordnungspunkt 6, der an die Stadtverordneten verschickt worden war.
Fälschung: Diese Fassung war ab August in den elektronischen Unterlagen auf der Stadtseite. Das Ratsinformationssystem ist erst später eingerichtet worden.
Wer diese Fälschung vorgenommen hat, ist nicht bekannt. Die Fälschung ist aber nicht korrigiert worden. Warum wurde nicht der korrekte Text wieder eingestellt? Es gab also im Rathaus ein Interesse daran, die Einzelheiten über den Verkauf an die Panzerverschrottungsfirma BTD verschwinden zu lassen.
Die Panzerverschrottung wurde nicht – wie beschlossen – an den Geschäftsführer verkauft. Es sei nicht finanzierbar gewesen, sagte der neue Bürgermeister.
Dahinter steckte ein sehr viel größerer Skandal mit internationalen Zusammenhängen. Heute gehört die Firma zum Konzern der Panzerbauer in Kassel.
Bei einem Telefongespräch mit der ehemaligen Muttergesellschaft von BTD, rutschte dem Gesprächspartner von der Innenrevision heraus: Es war schlimmer als wir es angenommen hatten.
Die Amtszeit von Dr. Ritz war durch andere Schwerpunkte gekennzeichnet als bei Wagner .
Grundstücksgeschäfte zum Schaden der Stadt zum Vorteil von privaten Personen und Firmen.
Abriss von Gebäuden und großzügige Zuwendung von Fördermitteln von Bund und Land. Sie wurden auch gewährt, selbst nachdem die Förderbedingungen nicht eingehalten wurden. Auch die Kreisverwaltung spielte dabei mit, wie bereits ausführlich seit 18 Jahren berichtet wurde.
Eine kleine Auswahl typischer Fälle
Das Ärztehaus wurde von der Bauaufsicht zur Nutzung freigegeben, obwohl es keinen sichereren Fluchtweg gab. Dr. Ritz erklärte auf eine offizielle Anfrage: Die vorgeschriebene Rauchentlüftung des Fluchttreppenhauses ist nicht notwendig, das würde nur den Brand beschleunigen. Mit solchen Desinformationen trat Dr. Ritz schon früh an.
Das historische Gebäude, die Menage der ehemaligen Lehrerbildungsanstalt, später auch einmal Sitz der Kreisverwaltung, wurde ohne Ausschreibung für einen Euro an ein Homberger Unternehmen "verkauft". Die Musikschule und der Burgbergverein mit seiner Sammlung verloren ihre Räume, sie wurden anderenorts angemietet. Der "Verkauf" hatte also auch noch Folgekosten für die Stadt.
Später wurde das Nachbargebäude, das historische Damenstift mit vier Wohnungen für 75.000 Euro ebenfalls an das Homberger Unternehmen verkauft, das sich brüstete, dass es das Kulturdenkmal umgebaut hat, sodass große Besprechungsräume entstanden.
Das Landesamt für Denkmalpflege schaute zu. Die Stiftung Denkmalpflege schrieb dagegen dazu: Das Gebäude ist als Kulturdenkmal verloren.
Auf der Fläche der ehemaligen Ostpreußenkaserne wurden vier Unterkunftsgebäude abgerissen. Kosten ca. 600.000 Euro. Die Flächen am Hang liegen ungenutzt, dafür interessiert sich kein Gewerbeunternehmen.
In der Altstadt wurde zwischen Weber- und Steingasse große Teile der historischen Muhrhardschen Anwesens abgerissen, um dort einen Kindergarten zu bauen. In die Bausubstanz der verbliebenen Scheune wurde massiv in die Statik des Fachwerks eingegriffen. Das dazugehörige Wohnhaus steht seitdem leer. Das Landesamt für Denkmalpflege zeichnete die Zerstörungsmaßnahme aus.
Die Stadt wurde vor allem durch den Bau des unterirdischen Einkaufzentrums verändert. Erst wurde für ein anderes Bauvorhaben eine widerrechtliche Veränderungssperre verhängt, weil der Projektentwickler darin eine Konkurrenz sah, die sein Einkaufszentrum gefährlich werden könnte.
Für das Einkaufszentrum wurden mehrere Kulturdenkmäler abgerissen und gegen den Willen der Bürgerschaft auch eine Parkanlage mit großen mächtigen Bäumen. Mit falschen Zahlen über die Kaufkraft in dem übergroß abgegrenzten Einzugsgebiet wurde das Projekt durchgedrückt. Die Folgen sind in der Altstadt zu sehen: Leerstand nimmt zu.
Weil es Fördermittel gab, wurde aufwendig am Burgberg, wo direkt keine Menschen wohnen, ein Spielplatz gebaut, während der Kita-Neubau für den größten Homberger Stadtteil, Wernswig, seit Jahren immer wieder verschoben wird.
Dafür hat die Stadt in Wernswig eine Schrottimmobilie für einen weit überhöhten Preis gekauft. Eine Lachnummer für ganz Deutschland.
Recht und Beschlüsse wurden immer wieder nicht eingehalten
Sowohl in der Amtszeit von Martin Wagner als auch in der Dr. Nico Ritz gab es Vorgänge, die zeigen, dass beide Bürgermeister sich über geltendes Recht hinweggesetzt haben.
Wagner: 2014, Satzung mit Unterschrift und Siegel veröffentlicht, ob wohl der Beschluss erst danach erfolgt.
Dr. Ritz: Der Wahlleiter lässt einen Kandidaten zur Bürgerschaftswahl zu, obwohl er gar nicht in Homberg seinen Hauptwohnsitz hat. Nachdem er später wegen Wahlbetrug sein Mandat niederlegen musste, hatte es offensichtlich keine Folgen für den Juristen, der als Wahlleiter, genau das vor der Wahl hätte ausschließen müssen.
Wo das Recht gebrochen wird, wird auch die Demokratie geschädigt.
Abbildung: Wie transparent sind die Bundesländer nach dem Informationsfreiheitsgesetz? Hessen liegt auf den hinteren Plätzen. Innerhalb Hessen trifft das wohl auch auf Homberg zu. Immer mehr Informationen werden geheim gehalten. Quelle