Grob fahrlÀssig: Ohne Kenntnis und Beratung einem Vertrag zustimmen
Animationsfoto: Für die "Kiste" der Kreissparkasse entfällt die Bauverpflichtung im vorgelegten vorhabenbezogenen Bebauungsplan 61.1
Nachdem das Einkaufszentrum weitgehend gebaut ist, soll der Durchführungsvertrag geändert werden. Schon bei dem zu Zeit gültigen Vertrag hat die Stadt den Hinweis ausgeschlagen, eine Vertragsstrafe zu vereinbaren. Bürgermeister Dr. Nico Ritz hat das abgelehnt. Damit hat er darauf verzichtet, notfalls auch die Vereinbarungen durchzusetzen. Der Verzicht auf die Vertragsstrafe erscheint wie eine Untergebenheitsgeste.
Jetzt sollen die Stadtverordneten wieder einem geänderten Durchführungsvertrag zustimmen. Heute, am 20. Oktober 2020 tagt der Haupt- und Finanzausschuss. Auf der Tagesordnung ist das Thema nicht aufgeführt.
Keine Beratung im Haupt- und Finanzausschuss
Dieser Ausschuss ist der wichtigste Ausschuss.
Ein Vertrag, der Pflichten und Rechte, Kosten und Lasten regelt, die die Stadt betreffen, soll nicht einmal beraten werden. Wozu leistet sich die Stadt zwei ständige Volljuristen im Rathaus, wenn nicht einmal solche Selbstverständlichkeiten auf die Tagesordnung gesetzt werden? Wo bleibt der Einspruch des Stadtverordnetenvorstehers, des obersten Repräsentanten der Homberger Bürgerschaft?
Die Eckpunkte des Durchführungsvertrags
Gestern wurde ca. zwei Stunden vor Beginn der Sitzung des Bauausschusses Sitzungsunterlagen nachgereicht. Als Eckpunkte des Durchführungsvertrags werden genannt:
– Entfallen der Bauverpflichtung entlang der Kasseler Straße (Sparkassenanbau und weiterer Baukörper)
– Historische Villa, Kasseler Straße 4 Der Vorhabenträger verpflichtet sich, den die historische Villa umgebenden Flachbau, in dem sich aktuell noch eine Spielhalle befindet, bis spätestens zum 31.12.2022 vollständig zurückzubauen und die Villa danach – unter Beachtung der Belange des Denkmalschutzes – zu sanieren. Die künftig Nutzung und Gestaltung orientieren sich an den durch den Vorhabenträger in den städtischen Gremien vorgestellten Plänen
– Einbeziehung des Werbeanlagenkonzepts (wurde bereits mit den Unterlagen zur Änderung des Bebauungsplans vorgelegt)
– Anpassung der Verkaufsflächen und kundenwirksamen Flächen auf die neuen Festsetzungen des Bebauungsplans
Nicht genannt wird, dass die Grundstücksüberlassung an die Stadt nicht mehr erfolgen soll. Hier vor allem die Grundstücksteile vor der Baufluchtlinie in der Ziegenhainer Straße, die nach dem gültigen Durchführungsvertrag an die Stadt übergehen sollen. Auf dieser Fläche will Schoofs die Außenterrasse für die Gastronomie bauen. Vor vier Jahren sollte aber die bestehende Gastronomie in der Altstadt geschützt werden und ein gastronomisches Angebot – außer Imbiss – im Einkaufszentrum verhindert werden.
Wer ist eigentlich Vertragspartner, nachdem das Einkaufszentrum Drehscheibe in eine eigene Rechtsform überführt worden ist?
Animationsfoto aus dem ersten Bebauungsplan. Die Blockrandbebauung soll wegfallen, kein Bedarf nach Büroräumen
Blockrandbebauung
Die FWG hatte einen Antrag gestellt, den Bau statisch so auszulegen, dass später entlang der Kasseler Straße eine Blockrandbebauung möglich ist. Der Antrag wurde von den Stadtverordneten angenommen. Der Magistrat wurde damit verpflichtet, diesen Antrag umzusetzen, das hat er nicht getan. Eine statische Ertüchtigung ist nicht gebaut worden. Um den Schein zu wahren, heißt es im Bebauungsplan, es könne auf dem Parkdeck ein eingeschossiges Gebäude errichtet werden. Jetzt gehört es zu den Eckpunkten, dass es dazu keine Bauverpflichtung geben soll, ebenso nicht zu der Goldkiste der Sparkasse. Damit sind die FWG und letztlich alle Stadtverordneten, die dem Antrag zugestimmt haben, getäuscht worden.
Es ist notwendig, das aufzuklären. Eine Entscheidung über den Vertrag ist so nicht richtig.
Der Tagesordnungspunkt müsste vertagt werden, alles andere wäre fahrlässig.
Ergänzung: siehe auch zur rechtlichen Bedeutung des Durchführungsvertrags:
Durchführungsvertrag beim Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB
Prof. Dr. Michael Krautzberger, Bonn/Berlin
Einkaufszentrum Drehscheibe: Umgang mit Planungsänderungen