Rolle von Ex-BĂŒrgermeister Wagner beim GrundstĂŒcksverkauf 2014
Vorhergehende Berichte zum Thema:
Geheimes Geschäft geplatzt (Teil 1 vom 30.07.2015)
Hintergrund zum geplatzte Grundstücksverkauf (Teil 2 vom vom 1.10.2015)
Vier Unterlassungserklärungen
Ex-Bürgermeister Martin Wagner schickte mir nach Ende seiner Amtszeit durch seinen Anwalt vier Unterlassungserklärungen zu Berichten im Homberger Hingucker, einschließlich der jeweiligen Rechnung über je 1.430 Euro.
In keinem der Fälle gab ich eine Unterlassungserklärung ab, noch zahlte ich eine Rechnung.
In zwei Fällen klagte daraufhin Wagner beim Landgericht.
Foto: Kontrollierte Demilitarisierung und Verschrottung von Wehrtechnik in Rockensußra. (Quelle: Bundeswehr/Schwarz)
Fall 1 Amtsgericht
Im Fall über den Bericht zum Landgerichtsprozess gegen Wagner setzte das Landgericht den Streitwert von beantragten 25.000 Euro auf 5.000 Euro herab und verwies an das Amtsgericht Fritzlar. Das Amtsgericht wies die Klage als unbegründet ab (Aktenzeichen 8 C 941/ 16 (11)).
In der Begründung heißt es:
"Eine solche Kritik gegenüber einer Persönlichkeit des öffentlichen kommunalen Lebens ist zweifellos von der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit gedeckt. Daran ändert auch die Überschrift nichts, die tatsächlich einen Schaden suggeriert. Dem Beklagten ist es nämlich bei einer Pressemitteilung durchaus gestattet, mit Hilfe von pointierten Überschriften oder Formulierungen Leser zur Wahrnehmung eines Presseberichts zu veranlassen."
"Inhalt und Gestaltung der Presseberichterstattung des Beklagten vom 01.06.2016 stellen, zumal; in ihrer korrigierten Form vom September 2016 keine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers dar. Dies gilt auch im Hinblick auf die Art der Verbreitung im Internet [..] Auch hier gilt der Schutz der Pressefreiheit, selbst wenn durch die fortdauernde Auffindbarkeit des Presseartikels ein persönlicher Angriff schwerer wirkt. In diesem Zusammenhang ist nämlich auch zu bedenken, dass bei Nachforschungen über eine Person, die über viele Jahre im kommunalpolitischen öffentlichen Leben stand, regelmäßig eine Fülle von Informationen angeboten werden und nicht nur bestimmte kritische Berichterstattungen."
Wagner ging in Berufung. Das Landgericht lehnte die Berufung ab. (Aktenzeichen 1 S 108 /17)
Fall 2 Landgericht zu Wagners "Seitenwechsel"
Im letzten Fall (Aktenzeichen 9 O 1143/17) zum "Seitenwechsel" vom Bürgermeister zum Berater der Kaufinteressenten machte das Gericht bemerkenswerte Feststellungen zum Rollenwechsel Wagners vom Bürgermeister zum Berater.
"Nach den eigenen Angaben des Klägers ist dieser nach dem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt noch im Juli 2014 von der potentiellen Mieterin KMW gebeten worden, den Ortstermin wahrzunehmen. Unstreitig hat er diesen Ortstermin auch nicht auf Bitten der Stadt Homberg oder der Grundstückseigentümerin HLG wahrgenommen, sondern ist als im Lager der Kauf- und Mietinteressenten stehend aufgetreten. Für jeden objektiv beurteilenden Dritten war dem Verhalten des Klägers zu entnehmen, dass er nunmehr nicht mehr im Interesse der Verkäuferseite stehend an 'den Verhandlungen teilnehmen wollte."
"Die Darstellung des Klägers, er habe aufgrund der jahrelangen Verhandlungen und seines Sachverstandes als neutrale Person auftreten wollen, entbehrt jeglicher Grundlage. Vielmehr musste es sich für jeden unbeteiligten und objektiven Dritten so darstellen, dass der Kläger nunmehr nicht mehr auf Selten der Stadt Homberg und somit auf Verkäuferseite auftritt, sondern er nunmehr seine Kompetenz und sein Wissen. seinen früheren Verhandlungspartnern, der BTD, der Koch Unternehmensberatung UG und KMW zur Verfügung stellen möchte. Sein Auftreten kurze Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Amt konnte nur so verstanden werden. Ob es dabei einen Beratervertrag oder eine Honorarvereinbarung gegeben hat, ist dabei von nicht entscheidender Bedeutung."
"Die mit diesen Aussagen verbundenen Wertungen stellen zwar eine Beeinträchtigung des klägerischen Persönlichkeitsrechts dar, sind jedoch von diesem hinzunehmen, da sie die Grenzen einer zulässigen Berichterstattung nicht überschreiten. Die Verlautbarungen sind von der Presse- und Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt und im Rahmen einer kritischen Berichterstattung über das Verhalten eines früheren Bürgermeisters von diesem hinzunehmen."
"Bzgl. der Äußerungen
– „Ex'- Bürgermeister hat; die Seiten gewechselt"
– Martin Wagner berät Kaufinteressenten für Kasernengelände" –
– „kaum aus dem Amt, war Wagner schon für die Gegenseite tätig" .
hat der Kläger daher weder einen Unterlassungsanspruch in Bezug auf zukünftige Berichterstattungen, noch kann er die Löschung der entsprechenden Verlautbarungen in dem Internetblog des Beklagten von diesem beanspruchen."