Rascher Rückzug
Morgen muss die Stadtverordnetenversammlung die Veränderungssperre für das ehemalige Weckessergelände aufheben, die sie erst im März 2015 für zwei Jahre beschlossen hat. Wenn sie es nicht tut, wird es für die Stadt teuer.
Die Projektentwickler haben sich lange geduldig gezeigt, jetzt wollen sie ihr Baurecht einklagen. Nur wenn die Stadt die Veränderungssperre vor der Klageeinreichung aufhebt, kann sie Gerichts- und Folgekosten verhindern.
Baurecht seit 1964
Das Gelände zwischen Schmückebergsweg und Ziegenhainer Straße wurde bereits 1964 als Mischgebiet ausgewiesen, damit wurde Baurecht geschaffen. Das Bauvorhaben der Projektentwickler bewegt sich im Rahmen des vorhanden Baurechts. Das ließen die Projektentwickler rechtlich durch die Kanzlei Lenz und Johlen, Köln prüfen. Im September 2014 wurde die Rechtmäßigkeit des geplanten Bauvorhabens bestätigt.
Magistrat ignorierte Baurecht
Bereits im November legten die Projektentwickler der Stadt ihre Pläne vor. Sie folgten sogar der Bitte des Bürgermeisters, sich bis zum Februar zu gedulden. Bis dahin sollte die Entwicklung auf dem Ulrich-Areal fortgeschrittener sein.
Obwohl Baurecht bestand, legte der Magistrat im März 2015 einen Satzungsentwurf für eine Veränderungssperre vor. Die Stadtverordneten beschlossen die Veränderungssperre, denn der Magistrat informierte die Stadtverordneten nicht über die Rechtslage. Damit ist der Magistrat gescheitert, trotz eines Juristen an der Spitze. Jetzt muss der Schaden begrenzt werden. Das Bauvorhaben mag einem nicht gefallen, es wird sicherlich auch nur ein einfacher Zweckbau entstehen, doch der Eigentümer hat das Baurecht auf seiner Seite. Das müssen auch der Magistrat und die zustimmenden Stadtverordneten zur Kenntnis nehmen.
Lediglich die SPD lehnte mit Verweis auf die Rechtslage die Veränderungssperre ab. Siehe dazu den Protokollauszug.
Druckansicht:: DOKUMENTATION ::
Auszug aus dem Stadtverordnetenversammlung-Protokoll vom 5. März 2015
Quelle: https://www.homberg-efze.eu/uploads/media/Protokoll_2015-03-05.pdf
Zu Punkt 15:
Gegenstand: Beratung und Beschlussfassung über die Aufstellung einer Änderung Nr. 8 zum Bebauungsplan Nr. 3 zur Ausweisung eines Mischgebietes mit Nutzungsausschluss für den Bereich Schmückebergsweg 30;
hier: Aufstellungsbeschluss
Die Beschlussempfehlung des Bau-, Planungs-, Umwelt- und Energieausschusses trägt Herr Ausschussvorsitzender Groß vor.
Frau Ausschussvorsitzende Wilhelm trägt die Beschlussempfehlung des Haupt- und Finanzausschusses vor.
Herr Bürgermeister Dr. Ritz teilt mit, dass seitens des Unternehmens Ratisbona eine Fristverlängerung bis 31. Mai 2015 abgelehnt wurde.
Man bestehe auf einer Entscheidung. Dann verliest er das entsprechende Schreiben des Unternehmens vom heutigen Tage.
Er schlägt vor, die Diskussion in der Sache zu führen und in aller Ruhe, keinesfalls juristisch. Der Magistrat wird voraussichtlich am 12. März 2015 ein entsprechendes Unternehmen mit der Planung für die Fläche des ehemaligen Autohauses Ulrich beauftragen. Das bedeutet, dass jetzt nicht bis zum 31. Mai 2015 weiter diskutiert werden kann.
Herr Groß meint, man habe lange auf ein Signal zur Weiterentwicklung der Fläche des Autohauses gewartet. Die Stadtverordneten seien in der Pflicht festzulegen, wie die Innenstadt, unabhängig von einzelnen Interessen, gestärkt werden kann.
Dann geht er auf die Aussagen der Firma Ratisbona im Brief von heute ein. Erforderlich sei ein Gutachten, um die Chancen der Stadtplanung auszuloten und entscheiden zu können, auch im Hinblick auf das Vorhaben der Firma Ratisbona. Dafür müsse man Zeit gewinnen, deshalb sei die Veränderungssperre erforderlich.
Herr Fraktionsvorsitzender Bölling stellt fest, es sei Aufgabe des Parlaments, die Stadtplanung mit dem Fokus Innenstadt zu betreiben.
Er geht auf das Einzelhandelsgutachten der GMA ein, das großflächigen Einzelhandel im Außenbereich bemängelt. Im jetzigen Gutachten sei wohl eine andere Meinung zum Außenbereich enthalten.
Für seine Fraktion stehe die Innenstadt im Vordergrund. Die Fläche Opel müsse bevorzugt beplant werden, um damit eine Belebung für die Innenstadt zu erreichen. Diese Entscheidung sei jetzt nötig. Seine Fraktion werde die Beschlussempfehlung und die Veränderungssperre mittragen.
Herr Pauli erinnert an die Diskussion in der Vergangenheit, auch bezüglich des Regionalplans. Er bezeichnet das Schreiben von Ratisbona als äußerst seltsam. Die CDU werde der Veränderungssperre zustimmen, bis für die Fläche Opel Klarheit besteht.
Die SPD-Fraktion habe eine klare Position. Für einen Markt unter 800 m² Verkaufsfläche sei kein besonderes Bauplanungsverfahren erforderlich, stellt Herr Gerlach fest. Das vorgelegte Gutachten sage nichts zu Auswirkungen am innenstadtrelevanten Angebot.
Er zeige Verständnis für die Meinung Ratisbonas und das Ansinnen des Grundstückseigentümers im Schmückebergsweg. Er glaubt nicht, dass dadurch Auswirkungen auf die Opel-Fläche und die Innenstadt entstehen können.
Auch er spricht das Einzelhandelsgutachten an. Eine Beschlussfassung sei weder zur Bauleitplanung noch zur Veränderungssperre nötig.
Das Schreiben der Firma Ratisbona habe seine Fraktion betroffen gemacht, teilt Herr Ripke mit, da man Befürworter des Netto-Marktes sei. Es falle ihm schwer, jetzt zu entscheiden.Er spricht mögliche Bedenken der Regionalplanung an, wenn jetzt in zwei Bereichen Einzelhandel angesiedelt werden sollen.
Persönlich glaubt er, eine Klage Ratisbonas werde erfolgreich sein, eine Fristverlängerung bis zum 31. Mai 2015 wäre hilfreich gewesen.
Lt. Herrn Bürgermeister Dr. Ritz gehe es darum, wie sich die Einzelhandelsflächen in Homberg (Efze) entwickeln. Er zeigt am Beispiel eines Wasserglases, das er zur Anschauung verschieden hoch füllt, wie die Regionalplanung reagieren könne.
Er findet das Vorhaben Ratisbonas interessant, möchte aber eine einvernehmliche Lösung für beide Planungen. Dazu sei Zeit erforderlich. Er glaubt, dass man weiterhin miteinander spreche, egal welche Entscheidung das Parlament heute fällt.
Herr Bölling sagt, die Argumente seien die gleichen, wie bei der damaligen Diskussion um das Efzecenter. Die SPD habe bis heute nicht umgedacht. Das Gutachten sagt, es gäbe zu viele Einzelhandelsflächen im Außenbereich. Trotzdem plädiere die SPD für eine Ansiedlung des Nettomarktes. Dieses sei eine Schädigung der Innenstadt.
Herr Fraktionsvorsitzender Jäger spricht die GMA-Gutachten aus früheren Jahren und heute an, die unterschiedlich ausgefallen seien. Ein Für und Wider zur Veränderungssperre liege vor. Er sieht das Schreiben der Firma Ratisbona nicht negativ. Entgegen stehe die Förderung der Innenstadt. Jetzt sei möglich, Einfluss zu nehmen. Er fragt, was wohl die Meinung der Regionalplanung sein könne und stellt fest, dass Zeit zur Klärung benötigt würde. Die Entwicklung der Innenstadt habe Vorrang. Man müsse die Planungen für die Opel-Fläche abwarten. Dann sei evtl. eine Verwirklichung des Netto-Marktes möglich.
Herr Gerlach stellt fest, die Meinung der SPD richte sich nach der geltenden Rechtslage. Der Brief der Firma Ratisbona sei offen und ehrlich.Er weist die Vorwürfe Herrn Böllings zurück. Seine Fraktion werde der Veränderungssperre nicht zustimmen.
Er zweifelt, ob am 31. Mai 2015 Klarheit für die Opel-Fläche bestehe, um weiter diskutieren zu können. Er bittet um die Bekanntgabe schon jetzt bekannter Zahlen für das Vorhaben am Areal Opel.
Herr Koch erinnert daran, dass die Firma Ulrich vor über 70 Jahren aus der Untergasse in die Kasseler Straße umgesiedelt sei und bittet die SPD, nochmal ihre Meinung zu überdenken.
Herr Bürgermeister Dr. Ritz zitiert aus dem GMA-Gutachten zum Thema Verkaufsflächen, die eine hohe Dichte in Homberg (Efze) umfassen aus der Seite 25.
Herr Gerlach fragt, ob Grenzwerte für die Größe von Einzelhandelsflächen bestehen.
Herr Bürgermeister Dr. Ritz antwortet mit Nein.
Beschluss: Die Stadtverordnetenversammlung fasst den Aufstellungsbeschluss einer Änderung Nr. 8 zum Bebauungsplan Nr. 3 zur Ausweisung eines
Mischgebietes mit Nutzungsausschluss für den Bereich Schmückebergsweg 30.
Nicht zugelassen werden aus städtebaulichen Gründen die nach § 6 (2) Nr. 3 BauNVO zulässigen Einzelhandelsbetriebe. Weiterhin nicht zulässig sind Einzelhandelsgeschäfte mit innenstadtrelevanten Sortimenten, Verbrauchermärkte und großflächige Einzelhandelsgeschäfte sowie die nach § 6 (3) BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten.
Es wird festgestellt, dass von einem Vorhaben vorstehender Nutzungsart schädliche Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt hervorgerufen werden und alle Bemühungen der Stadt auf Stärkung der Innenstadt unterlaufen würden.
Abstimmung: Bei 32 anwesenden Stadtverordneten 17 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen.
… und was sagen die beratenden Anwälte unseres Bürgermeisters aus Hamburg und München
zur Rechtslage?