Abwasser: Probleme von morgen werden heute gebaut
In den 90er Jahren wurde der größte Homberger Ortsteil Wernswig mit gut 1000 Einwohnern kanalisiert und an die Kläranlage in Caßdorf angeschlossen. Jetzt beobachten Anlieger, dass wöchentlich ein Tankfahrzeug Wasser zum Spülen zum Überlaufbecken fährt, um damit den Kanal nach Caßdorf zu spülen, weil das anfallende Wasser nicht ausreicht, die Schmutzfracht weiter zu transportieren. Die Bürger haben die zu groß dimensionierte Leitung bezahlt und jetzt gehen auch die Kosten für die Spülung in die Abwasserrechnung ein. Gelernt wurde daraus nichts.
Foto: Staubecken nordwestlich bei Wernswig
Kanalbau für Steindorf und Rückersfeld
In beiden Ortsteilen sollen zusammen noch ca. 80 Menschen wohnen. Bisher wird das Abwasser in kleinen Drei-Kammer-Kläranlagen auf den Grundstücken geklärt und dann in den Bach eingeleitet.
Mit dem Kanalbau wird das Abwasser nach Waßmuthshausen geleitet, dort in einer Drei-Kammer-Kläranlage geklärt und in den Bach eingeleitet. Für die Umwelt entsteht kein höherer Nutzen.
Nach den Prognosen im Integrierten Handlungskonzept wird die Einwohnerzahl in den beiden Orten weiter zurückgehen. Die Abwasserkanäle werden deshalb nicht mehr genügend gespült, Tankwagen müssen später Wasser zum Spülen heranfahren. So werden die Probleme von morgen gebaut. Die Bürger haben zu zahlen. Für die Tiefbauunternehmen und das Ingenieursbüro hat sich das Geschäft gelohnt.
Die Stadt hat vorgerechnet, dass der Unterhalt dezentraler Kläranlagen teurer wäre als der Kanalbau nach Waßmuthshausen, die Kläranlage und deren Unterhalt. Die zukünftige Entwicklung wurde dabei einseitig zu Gunsten des Kanalbaus betrachtet.
Fundierte Darstellung der Abwasserproblematik
Der Homberger Haus- und Grundverein hat zu dieser Problematik eine ausführliche, fundierte Pressemeldung herausgegeben, die in der anschließenden Dokumentation veröffentlicht ist.
:: DOKUMENTATION ::
Pressemitteilung
Abgeklärt – Haus und Grund Homberg zum Thema Kläranlagen in Ortsteilen
These:
Aufgrund des EU Rechtes müssen in allen Dörfern teure zentrale Schmutzwassersysteme gebaut werden, die die Kassen der Kommunen belasten!
Sachverhalt:
Mit der EU – 2000/60EG "Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik" sollen Gewässer und Grundwasser nachhaltig geschützt werden, da "Wasser keine übliche Handelsware ist, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss." Hintergrund war der Beitritt der osteuropäischen Staaten zur EU, die kaum bzw. über ein sehr schlechtes Schmutzwassernetz verfügten.
Die Mitgliedsstaaten haben die Pflicht diese Richtlinie in nationales Recht zu übernehmen. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Problematik schon weit aus früher mit dem Wasserhaushaltsgesetz von 1957 erkannt und die Forderungen des EU-Rechtes in 2002 übernommen und in 2009 nochmals überarbeitet bzw. angepasst.
In keiner der o. g. Dokumente, die übrigens im Internet jedem kostenlos zugänglich sind, wird erwähnt, dass zentrale Schmutzwassersysteme zwingend errichtet werden müssen, um der Richtlinie gerecht zu werden. Die Bundesrepublik kann nur die Bundesländer anweisen diese Richtlinie zu übernehmen und die Forderungen zu konkretisieren und umzusetzen. Dabei ist es jedem Bundeland selbst überlassen, wie es dies tut, sofern es der "Pflicht zur Abwasserbeseitigung" gem § 56 WHG nachkommt und die Umsetzung nicht gegen EU bzw. Bundesrecht verstößt. Jedes Bundesland setzt also die Richtlinie anders um. In Hessen wurde hierzu schon 1991 die Verordnung über die Behandlung von kommunalem Abwasser (KomAbw-VO) erarbeitet. Hierin steht unter §3 (2): "Ist die Einrichtung einer Kanalisation nicht gerechtfertigt, weil sie entweder keinen Nutzen für die Umwelt mit sich bringen würde oder mit übermäßigen Kosten verbunden wäre, so sind individuelle Systeme oder andere geeignete Maßnahmen erforderlich, die das gleiche Umweltschutzniveau gewährleisten."
Wo liegt also nun der Zwang eine Kanalisation zu bauen und woraus ergibt sich der Anschlusszwang?
Diese Antwort steht nun in der "Verwaltungsvorschrift zur Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht" des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
"Von einem unvertretbar hohen Aufwand ist im Regelfall nur dann auszugehen, wenn die Baukosten der außerhalb des Grundstücks neu zu errichtenden Anlagen zur Abwasserableitung und zur Behandlung in einer kommunalen Kläranlage den Betrag von 8.000 Euro pro Einwohner beziehungsweise Einwohnergleichwert übersteigen."
Und ist der Nutzen für die Umwelt überhaupt gegeben?
Feststellung:
Nicht die EU sondern die Bundesländer sind diejenigen, die darüber bestimmen, welche Höhe der Kosten für ein Abwassersystem für eine Kommune tragbar ist
Nun werden also allerorts eben diese zentralen Abwassersysteme nebst Kläranlage aus dem Boden gestampft. Hierzu sollte man wissen, dass die Rohrleitungen der Kanäle und die Größe der Kläranlage nach der Anzahl der Nutzer bemessen werden. Die Rückläufigkeit der Anzahl der Nutzer ist hinlänglich bekannt und wird diskutiert. Die älteren Mitbürger sterben und die jüngeren ziehen weg, einen Zuzug gibt es nicht. Die Folge: Die Bauteile sind auf absehbare Zeit zu groß und Kanäle müssten dann regelmäßig gespült werden. Um dies zu vermeiden baut man Mischwasserkanäle, an die sowohl Schmutz- als auch Regenwasserleitungen angeschlossen werden. Der sogenannte Spülstoß eines Regenereignisses soll eben diese Spülung kostenlos übernehmen. Eine Kläranlageanlage besteht aus mehreren Reinigungsbauteilen einem Grob- und einem Feinrechen zum Heraussieben der großer Partikel, einer mechanischen Reinigung, die dem eines Drei-Kammer-Systems entspricht und einer biologischen Reinigungsebene, die mithilfe von Bakterien, die letzten organischen Bestandteile (meist Schwebstoffe) mineralisieren soll, so dass keine Nährstoffe in unsere Gewässer gelangen und zu einem vermehrten Algenwachstum und letzten Endes zu einer Verunreinigung des Grundwassers führen.
Wenn aber ein Mischwasserkanal an einer Kläranlage angeschlossen ist, führt dies bei einem Regenereignis insbesondere in der letzten Reinigungsstufe zu massiven Problemen. Durch die hohe Verdünnung des Schmutzwassers mit sauberen Regenwasser finden eben diese Bakterien nicht genug zum Fressen und verhungern mit der Konsequenz, dass die Biologische Reinigungsstufe umkippt und aufwendig neu geimpft und neu aufgebaut werden muss – bis zum nächsten Regenereignis.
In den o. g. Gesetzen und Verordnungen wird übrigens gefordert, dass das Regenwasser ortsnah zur Versickerung gebracht werden muss. Laut EU und Bundesrecht sind ist also der Bau von Mischwasserkanälen gar nicht zulässig.
Diese Problematik ist den Fachleuten und der Politik bekannt und daher wird diese letzte Reinigungsstufe gar nicht gebaut und im Grunde wird dann nur ein größeres Drei – Kammer – System gebaut, in welches alle Nutzer einleiten. Eine verbesserte Reinigung tritt nicht ein – also warum muss der einzelne Nutzer seine Kleinkläranlage aufgeben und warum baut dann die Kommune eine teure Anlage, die im Reinigungsgrad nicht entschieden besser ist?
Auch hier ist die Antwort einfach.
Kanäle und Kläranlagen werden nach Normen und Regelwerken bemessen, die es zulassen, dass über eine Verdünnung eine Reinigung erreicht wurde und eben dies kann der einzelne Nutzer eben nicht!
Fazit.
Wie erläutert ist das Bundesland in diesem Fall die Hessische Regierung schuld, wenn derartige unsinnige Projekte für viel Steuergeld umgesetzt werden. Finanziert werden die Projekte mit Steuergeldern und Anschlussgebühren, der gewünschte Nutzen für die Umwelt, wie er von der der EU und der Bundesrepublik in der Verordnung und dem Wasserhaushaltsgesetz gefordert wurde, wird nicht erfüllt. Im Gegenteil die jährliche anfallenden Betriebskosten werden über eine Abwassergebühr auf immer weniger Köpfe umgelegt, was eine Erhöhung der Gebühren zu Folge haben wird. Diese Gebühren sind nicht gedeckelt. In der einen oder anderen Gemeinde werden heute schon für Trinkwasser und Schmutzwasser rund 12 €/m³ verlangt. Und dies soll wirtschaftlich sein? Für wen? Grundsätzliche doch nur für die, die unmittelbar am Planen und Bauen derartiger Anlagen Geld verdienen. Hohe Gebühren führen wiederum dazu, dass der Standort einer Immobilie unattraktiver wird und hier ein Wertverlust des Objektes einhergeht.
Und vielleicht noch eine Prognose: Wenn eben diese Gebühren so hoch steigen und die Kommunen gänzlich zahlungs- und handlungsunfähig sein werden, wird man den Hauseigentümern auferlegen Kleinkläranlagen diesmal mit einer biologischen Reinigungsstufe für seine häuslichen Schmutzwässer zu errichten und das Regenwasser zur Versickerung zu bringen.
Druckansicht
“Von einem unvertretbar hohen Aufwand ist im Regelfall nur dann auszugehen, wenn die Baukosten der außerhalb des Grundstücks neu zu errichtenden Anlagen zur Abwasserableitung und zur Behandlung in einer kommunalen Kläranlage den Betrag von 8.000 Euro pro Einwohner beziehungsweise Einwohnergleichwert übersteigen.”
1.
Wie hoch sind die kosten die hier entstehen?
2.
Im Regelfall heißt nicht, dass man nicht anders darf !
3.
Sparen will man- auch hier nach dem Motto:
Koste es was es wolle, nach mir die Sintflut?
Über TenneT wird eifrig gestritten – Ereignisse die den Bürger direkt berühren sind unwichtig ?
Vieleicht sollten Sie mal den Unterschied zwischen einer Kläranlage mit Steuerung und Überwachung durch Fachpersonal, und einer 3-Kammer Sickergrube nachschlagen, dann sollte Ihnen der Unterschied bewusst werden. In den vorhandenen 3 Kammer Sickergruben findet keine biologische Wasserklärung statt, hier setzen sich lediglich Sedimente /schwere Bestandteile nach unten ab, und müssen regelmäßig abgepumpt werden. Das ist alles was diese Systeme leisten. Kleinkläranlagensysteme die nach dem 3 Kammerprinzip verfahren, bzw. dort nachgerüstet werden können, benötigen Lüfter, Rührwerke welche mit Strom laufen, sowie eine jährliche Kontrolle der Anlage sowie Untersuchung ob die zulässigen AblaufWerte nicht überschritten werden. Und solange der Deutsche Waser in Flaschen für 470€/m³ (Gerechnet mit einer 3,99€ 12er Brunnenkiste) nach Hause schleppt, sollte sich niemand über die Kosten des frei Haus gelieferten Leitungswassers/Entsorgung des Abwassers aufregen.
zu 2: Wie schon so oft übt sich der Verfasser im Verdrehen von Fakten und lenkt von der Kernfrage ab. Es geht hier nicht um Sickergruben.
Kaum ist man mal ein Weilchen weg, schon geht was schief. Rundherum haben all die anderen Städte und Gemeinden auch eine neue Abwassersatzung. Da scheint es ( ausgenommen vielleicht in Borken ) keine Probleme zu geben.
Wenn ich dann noch das Dilemma Ärztehaus, Jugendzentrum und Burgbergrestaurant betrachte samt den Wohl nicht stattgefundenen aber vorgeschriebenen Kontrollen liegt mir eine Frage doch sehr am herzen : Warum immer nur Homberg ?
Schilda und Schwarzenborn hat man, so sehe ich es doch schon ein wenig in moderner Form hinter sich gelassen.
Und so zieht man dann voller Stolz den Bürger auf die Stadtmauer um ihm Gutes zu tun:
Den berühmten Strick um den Hals ruft man voller Freude und Bewunderung aus : Seht, he lecket schon !