Fachurteil zum Einkaufszentrum am Markt
Wer sich über die historischen Gebäude in der Homberger Altstadt informieren möchte, findet seit 2008 im Buchhandel ein fachkundige Veröffentlichung von G. Ulrich Großmann.
Dieses liebevoll mit vielen Fotos ausgestattete Buch, oftmals in der Gegenüberstellung zu historischen Aufnahmen, zeugt von gründlicher Auseinandersetzung mit der Homberger Altstadt und seinem kulturellen Wert.
Prof. Dr. Großmann hat sich auch mit der neueren Planung für ein Einkaufszentrum östlich des Marktplatzes beschäftigt, soweit sie veröffentlicht ist.
So beurteilt ein ausgewiesener Kenner von außen diese Planung:
Zerstörung des Marktplatzquartiers in der Homberger Altstadt
Große Einkaufszentren in historisch gewachsenen Strukturen – seit Jahrzehnten weiß die Denkmalpflege von der ein Stadtbild vernichtenden Folge einer solchen Maßnahme und auch die wirtschaftliche Entwicklung ist eher fraglich, nicht nur für die Gewerbetreibenden außerhalb eines solchen Einkaufszentrums. Betrachtet man Städte nach ihren Stärken und Schwächen, so gehört zu den fraglichen Stärken von Homberg an der Efze, unweit der Autobahn Kassel-Frankfurt gelegen, dass sich hier rings um die Pfarrkirche eine Altstadt mit Bauten vom Mittelalter bis zum Klassizismus so gut erhalten hat, dass man damit werben kann und sich in einer Reihe hessischer Fachwerkstätten wie Melsungen, Alsfeld oder Marburg sehen kann.
Mit höchster Skepsis ist ein Konzept zu beobachten, das statt einer Wiederbelebung der straßenorientierten Läden ein Einkaufszentrum mit einer Passage vorschlägt, also eine Verlagerung der Verkaufsflächen in eine andere Struktur als sie in der historischen Altstadt gewachsen ist. Das Konzept wirkt wie ein Rückfall in die 1980er Jahre. Dieser Widerspruch zu historischen Strukturen bedingt erhebliche Vernichtungsmaßnahmen, ohne dass das historische Stadtbild und damit das Ziel vieler Besucher dadurch eine Aufwertung erfahren wird – im Gegenteil! Zudem kann man die Besucher in ein solches Einkaufszentrum nicht hineinbeamen, man benötigt auch Verkehrs- und Parkflächen, und diese natürlich in der Altstadt.
Der Arbeitskreis für Hausforschung hat aufgrund der bisherigen Qualität der Homberger Altstadt einen Führer zu den Fachwerkhäusern herausgegeben, der 2008 erschien. Eine solche Publikation wird man sich künftig wohl sparen können, auch wenn nur ein Quartier betroffen ist, dieses jedoch sitzt im Kern der Stadt und die Baumaßnahme beeinträchtigt die gesamte Altstadt von Homberg mit nachteiligen Folgen nicht nur für die wertvollen Häuser in diesem Viertel, sondern auch in vielen weiteren.
Nur einen Effekt hätte die Baumaßnahme sicherlich: Homberg ist Mitglied der Fachwerkstraße. Dort wird damit geworben, dass der Besucher "seinen Einkauf bequem mit einem Rundgang durch die historischen Gassen der Fachwerkstadt verbinden kann". Dieser Satz, mit dem bisher die Selbstdarstellung Hombergs eingeleitet wird, kann künftig entfallen. Eigentlich kann sich Homberg dann auch die Mitgliedschaft in der Fachwerkstraße schenken.
Wünschenswert wäre ein Konzept, das tatsächlich eine Revitalisierung der Altstadt in ihrer heutigen Struktur beinhaltet und damit eine phantasievollere Planung, als sie gegenwärtig vorgelegt wird, und im Grunde das Überstülpen einer fremden und schlechten Struktur auf die historisch wertvolle Stadt bedeutet. Damit hätte Homberg vielmehr die Chance, auf sich aufmerksam zu machen, als den Versuch, die Fehler anderer Städte zu wiederholen, wie es die jetzige Planung vorsieht.
Prof. Dr. G. Ulrich Großmann
Prof. Großmann ist Generaldirektor des Germanischen Nationalmuseums, er lehrt an der Universität Bamberg.
In seiner Publikationsliste finden sich mehrere Arbeiten zu Fachwerk und Hessen.
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