Der Stadtverordneten-Vorsteher rĂŒgt
Was rügte er? Welche schwerwiegende Ungehörigheit ist passiert, die einer Rüge erforderlich machte?
Auf die schriftliche Nachfrage, was er denn gerügt habe, antwortete der Stadtverordneten-Vorsteher Bernd Pfeiffer (CDU) am 9. 11.2010 :
"Ihre Aussage:"Sie haben kein Vertrauen in die heutige Vorlage" wurde von mir gerügt."
Die eingeräumte Möglichkeit sich zu korrigieren, hat der Stadtverordneten-Vorsteher nicht wahrgenommen, somit ist seine Aussage ernst gemeint. Es wäre gefährlich, diese Rüge als unbedeutend abzutun und zu vergessen, denn hier offenbart sich ein politisches Verständnis jenseits eines demokratischen Grundkonsenses.
Fehlendes demokratisches Verständnis
Eine bemerkenswerte Auffassung, die der CDU-Stadtverordnete Pfeiffer kund tut, heißt:
‘Den Vorlagen des Magistrats ist Vertrauen entgegen zu bringen.’
Vorgänge kritisch zu hinterfragen ist demnach in einer Stadtverordneten-Versammlung für ihn nicht hinnehmbar.
Diese Auffassung widerspricht der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) .
In der HGO,§ 50 heißt es:
(2) Die Gemeindevertretung überwacht die gesamte Verwaltung der Gemeinde und die Geschäftsführung des Gemeindevorstands, insbesondere die Verwendung der Gemeindeeinnahmen.
Überwachen heißt wachsam sein, kontrollieren, nachprüfen. Das ist die Aufgabe der Stadtverordneten. Der Vorsteher der Stadtverordneten-Versammlung hat die Rechte der Bürgervertreter zu schützen, und sich nicht zum Sprachrohr des Magistrats zu machen.
Schon einmal hat sich dieser Vorsteher über geltendes Recht hinweggesetzt, bis das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsauffassung als falsch beurteilte, das war die Sache mit der Besetzung der Ausschüsse. Er weigerte sich, die Konsequenzen zu ziehen und verschob es auf zukünftige Regelungen nach der nächsten Wahl am 27. März 2011.
Wenn der Vorsitzende einer demokratischen Institution einen solchen Mangel an demokratischen Verständnis zeigt, ist er auf dieser Position nicht mehr tragbar. Oder es wird als einen weiteren Beleg dafür genommen, dass wir in einer "Postdemokratie" leben, in der nach außen demokratische Rituale hochgehalten werden, dahinter aber "Eliten" selbstherrlich regieren, wie sie der britische Politikwissenschaftler Colin Crouch beschrieb.
Druckansicht