“Zukunftsideen” statt Gegenwartsaufgaben
Drei Akteure laden ein, über die Zukunftsideen einer kleinen Gruppe von Studierenden zu diskutieren: die Neunutzung des Feuerwehrstützpunktes an der Wallstraße.
Phantastische Zukunftsideen
Studierende haben nach einem kurzen Aufenthalt in der Stadt Zukunftsideen entworfen – ohne gründliche Auseinandersetzung mit Entwicklungen, Problemen und Widerständen, ohne Kenntnis der aktuellen Ressourcen und Herausforderungen durch die Auswirkungen der "Zeitenwende" .
Wie aus einem Helikopter warfen die Studierenden Ideen über der Stadt ab. Drei Akteure der Stadt greifen dieses Angebot auf und verkaufen es als Chance für die Bürger, darüber "rechtzeitig in den Dialog" zu gehen. Es sind diejenigen Akteure, die bisher ernsthafte Bürgerbeteiligung verhindert haben.
Gezielte Bürger-Manipulation
Der Blick wird von brennenden Themen abgelenkt, bei denen Verantwortliche Befürchtungen haben.
Den Bürgern wird ein Feuerwehrgebäude vorgesetzt, das vielleicht einmal in 10 Jahren spruchreif werden könnte, wenn überhaupt. Wobei heute noch niemand sagen kann welche Rahmenbedingungen in 10 Jahren in der Stadt vorliegen werden und welche Aufgaben dann dringend sein werden. Die "Zukunftsideen" sind vielleicht ein nettes Gedankenspiel, weiter nichts.
Angesichts der "Zeitenwende" mit immer schneller auftretenden Klimafolge-Katastrophen, wirtschaftlichem Niedergang, wachsender Armut und höheren Steuern ist eine solche Diskussion, auf die der Bürgermeister gespannt ist, inhaltsleer und folgenlos – aber gefährlich.
Gefährliches Weggucken
Gefährlich, weil sie ablenkt von den dringenden Aufgaben, um die die Politisch Verantwortlichen in Parteien und Ämtern einen Bogen machen; die sich lieber mit schön klingenden freiwilligen Aufgaben beschäftigen und ihre Pflichtaufgaben liegen lassen: Sei es die Verwahrlosung und Verschmutzung in der Stadt, die Straßenschäden, fehlende Fuß- und Radweg an gefährlicher Straße zu den Arbeitsplätzen im Gewerbegebiet, oder die noch immer fehlenden Kindergartenplätze.
Die Diskussion ist auch gefährlich, weil sie Aufmerksamkeit, Geld und Arbeitskraft verschwendet. Viele bunte Plakate, Flyer, Broschüren und viele Feste können über diesen elementaren Mängel nicht hinwegtäuschen.
"Grundhafte Sanierung der Wallgärten"
Da beschäftigen sich die Verantwortlichen mit einer "grundhaften Sanierung der Wallgärten" mit einem neuen Durchbruch durch die Stadtmauer – den seit Jahrhunderten niemand gebraucht hat. Sie wollen quasi mit den Kopf durch die Wand. Sie schauen auf das Feuerwehrgebäude, aber nicht auf den daneben liegenden Busbahnhof – das Eingangstor zur Stadt.
Statt handfeste Mängel rund um den Busbahnhof zu beseitigen, halten sie sich an ungelegten Eiern fest. Was wurde nicht alles in den letzten Jahren mit viel lauter medialer Unterstützung angekündigt, geplant, diskutiert und wortlos wieder versenkt: Familiencafé, barrierefrei Rampe zum Stadtpark, Umbau des Rathaussaales zu Büros und vieles mehr.
Am Busbahnhof stehen die Fahrgäste im Freien, schutzlos dem Regen und der Sonne ausgesetzt, nicht einmal eine Bank zum Sitzen ist vorhanden, Toiletten fehlen. So empfängt Homberg seine Besucher, das bietet Homberg seinen Bürgern, die die Verkehrswende ernst nehmen und das schon verbesserte Angebot des NVV nutzen. Wer so den öffentlichen Personennahverkehr behandelt, hat die Zeichen der Zeitenwende noch immer nicht verstanden.
Demokratieversagen
Die drei einladenden Akteure sind willige Helfer beim Vertuschen. Sie lenken ab, indem sie Scheinprobleme fabrizieren.
Die Parteien und ihre Stadtverordneten schweigen und lassen sich als willfährige Abnicker vorführen. So wird die Hoffnung auf Stärkung und Sicherung der Demokratie zerstört, die einmal mit der kommunalen Selbstverwaltung verbunden war. Wie jüngste Umfragen zeigen, geht das Vertrauen in die Demokratie zurück. Wenn sich rechtes Gedankengut immer mehr in der Gesellschaft verbreitet, dann ist das die Folge der Erfahrungen, die die Bürger mit ihren Repräsentanten machen. Diese schotten sich ab und sind nur darauf bedacht, miteinander ihr Machtkartell zu erhalten.