„Zentraler Versorgungsbereich“ – wie die GMA den Begriff benutzt
Die GMA (Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung), das Planungsbüro ANP und der Magistrat der Stadt Homberg benutzen den Begriff "zentraler Versorgungsbereich" als Begründung, um auf dem Ulrich-Areal ein Einkaufszentrum zu planen.
Dabei verkehren sie die Absicht dieses Planungsinstrumentes in sein Gegenteil.
Es geht nicht darum, einen neuen zentralen Versorgungsbereich zu schaffen, sondern bestehende zentrale Versorgungsbereiche zu schützen.
Definition durch das Bundesverwaltungsgericht
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Leitsätzen die Kriterien benannt, die zur Definition eines zentralen Versorgungsbereichs gehören. Die GMA bezieht sich darauf ohne sie zu nennen und definiert sie in ihr Gegenteil um.
"Vorhandene Einzelhandelsnutzung"
Der schon bestehende Einzelhandel soll geschützt werden, damit er nicht durch Discounter verdrängt wird. Dafür wurde der Begriff "Zentraler Versorgungsbereich" geschaffen.
Wo kein Einzelhandel vorhanden ist, kann aber nicht von einem "zentralen Versorgungsbereich" gesprochen werden, der zu schützen ist.
Homberg: Auf dem Ulrich-Areal gibt es bisher keinen Einzelhandel, somit kann kein Einzelhandel geschützt werden. Das Areal ist somit auch kein zentraler Versorgungsbereich.
Der Rewe-Supermarkt am Stellbergsweg liegt in einem bereits planerisch ausgewiesenen "Sondergebiet Lebensmittel". Er ist nicht Teil des Ulrich-Areals.
Mit dem Einkaufszentrum auf dem Ulrich-Areal soll die Altstadt belebt werden. Tatsächlich schreibt die GMA über diese Geschäfte, sie müssten mit "Marktaustritt" und "Betriebsschwächung" rechnen. Außerdem sind die kleinen Geschäfte "keine wesentlichen Frequenzbringer".
"über den unmittelbaren Nahbereich hinaus"
Der "zentrale Versorgungsbereich" mit der höchsten Versorgungskapazität liegt im Osterbach-Bereich.
Dort sind mehrere Sondergebiete für den Einkauf ausgewiesen, dorthin gehen oder fahren die Homberger sowohl aus dem Rinnebachtal als auch an den benachbarten Wohnsiedlungen, sowie aus dem Efzetal mit den Orten Remsfeld und weiteren Orten im Efzetal.
Ein solcher planerisch ausgewiesener zentraler Versorgungsbereich soll vom Gesetzgeber geschützt werden.
Homberg: Die GMA bezeichnet diesen Versorgungsbereich als dezentral, als Versorgungsbereich, der nicht geschützt werden soll. Im Gegenteil – er soll durch den Abzug von Kaufkraft geschwächt werden. Das läuft der Intention des Planungsinstruments "zentraler Versorgungsbereich" zuwider.
"Planerische Festlegung" oder "tatsächliche Verhältnisse"
Ein zentraler Versorgungsbereich ist daran zu erkennen, dass er im Rahmen der Planung als Sondergebiet für den Handel ausgewiesen ist. Wenn keine förmliche Planung vorliegt, ist der zentrale Versorgungsbereich daran zu erkennen, dass dort die Menschen in den vorhandenen Geschäften einkaufen. Das ist mit "tatsächlichen Verhältnissen" gemeint.
Homberg: In Homberg wurden mehrere Sondergebiete für den Handel in ordentlichen Planverfahren festgelegt. Die Stadtverordneten haben diese Versorgungsbereiche in der Vergangenheit planerisch festgelegt.
Westlich der Altstadt sind 5 Sondergebiete ausgewiesen.
Kasseler Straße: 2 SO FM = Fachmarkt,
Stellbergsweg: 2 SO LM = Lebensmittel (Rewe)
Ziegenhainer Str.: 1 SO FM = Fachmarkt
Im Osterbach sind ebenfalls 5 Sondergebiete ausgewiesen:
Hersfelder Straße: 1 SO LE = Lebensmittel (Lidl)
August-Vilmar-Str.: 1 SO FM = Fachmarkt
1 SO EZ = Einkaufszentrum (Herkules, Edeka)
1 SO BG = Bau- und Gartenmarkt
1 So FM = Fachmarkt (Aldi)
"Schädliche Auswirkung auf eine zentralen Versorgungsbereich"
Schädliche Auswirkungen sind dann zu erwarten, wenn die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Versorgungsgebiete nachhaltig gestört wird.
Das ist erklärtes Ziel der Planung für das Einkaufszentrum. Mit dem Planungsvorhaben soll Umsatz aus dem bestehenden zentralen Versorgungsgebiet – dem Gebiet Osterbach – in ein bisher erst zu errichtendes Einkaufszentrum verlagert werden. Statt zu schützen wird geschädigt.
Homberg: Die größten Kaufkraftabflüsse prognostiziert die GMA für die Geschäfte in der Innenstadtlage.
bis 43 % bei Drogeriewaren, Pharmazeutika und Sanitätsware
bis 13 % bei Bekleidung, Schuhe, Sport
bis 20 % bei Blumen
für den Osterbachbereich erwartet die GMA Abflüsse
bis 27 % bei Nahrung- und Genussmitteln
bis 33 % bei Drogeriewaren
"Erwarteter Kaufkraftabfluss" ein Maß für die "schädliche Auswirkung"
Der Abfluss von Kaufkraft zu einer anderen Lage ist eine Schädigung der vorhanden Versorgungsstruktur. Die GMA schätzt diese Umsatzverlagerung auch ab, und kommt je nach Sortimentsbereich zu unterschiedlichen Prozentsätzen. Siehe oben. Mit dem erwarteten Kaufkraftabfluss ist das Kriterium eines "zentralen Versorgungsbereiches" erfüllt. Die GMA nennt ihn dennoch "dezentraler Standort".
Falschinformation
Die GMA verweist in ihrem Papier: "Überprüfung der Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs Homberg (Efze) Innenstadt" auf die vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Kriterien, wendet sie aber widersinnig an. Das ist wohl dem Wunsch des Auftraggebers geschuldet, der diese Auslegung als Rechtfertigung braucht.
Auch das Büro ANP von Herrn Bergholter und Frau Ettinger-Brinkmann folgt dieser Verdrehung. Bergholter ist selbst 20 Jahre als Leiter des Stadtplanungsamtes Kassel tätig gewesen. Frau Ettinger-Brinkmann ist auch Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. Beide dürften wissen wie ein zentrales Versorgungsbereich definiert ist.
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