Manipulation statt Information aus Rathaus und Presse
Kernprinzip der Demokratie ist die Debatte, die zu Entscheidungen führt. Alle Menschen sollen an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken können. Die Kommunalpolitik wird oft als Schule der Demokratie bezeichnet, weil die Themen vor Ort überschaubar sind und die Menschen unmittelbar von den Auswirkungen der Entscheidung betroffen seien.
Vom Nutzen der Debatte
Um debattieren zu können, müssen die Menschen Informationen erhalten können. Sie benötigen Informationen, welche Themen in der Kommune anstehen, wie die Zusammenhänge und die Interessen liegen, welche Alternativen es gibt, und welche positiven und negativen Folgen damit verbunden sind. In einer Debatte kommen neue Gesichtspunkte hinzu, die bei dem ersten Entwurf nicht enthalten sind. Wer je Bauten oder Projekte entworfen hat, weiß, dass ein Entwurf erst in einem langen Prozess reift. Der erste Entwurf wurde längst zerrissen und durch einen ausgereiften ersetzt.
Am unmittelbarsten waren ursprünglich Informationen in den öffentlichen Sitzungsunterlagen und den Sitzungsprotokollen zu finden. Nachdem die Bürgerliste erfolgreich die Einführung eines Ratsinformationssystems beantragte, waren die Unterlagen und die Sitzungsverläufe gut zu erkennen. Dann aber wurden die Unterlagen und die Protokolle immer inhaltsleerer. In den Protokollen heißt es jetzt nur "zur Sache sprachen". Mit dieser Strategie des Magistrats wird die öffentliche Debatte verhindert und die parlamentarische Kontrolle unmöglich gemacht. Das hat System und ist so gewollt. Auch der Stadtverordnetenvorsteher macht da mit. Er hätte es in der Hand, für inhaltsvolle und wahrheitsgemäße Sitzungsunterlagen einzutreten und mangelhafte Vorlagen nicht auf die Tagesordnung zu setzen.
Teure Folgen unreifer Beschlüsse und Baumaßnahmen
Wo die Informationen fehlen, wird die öffentliche Debatte verhindert, wird der erste Schnellschuss ausgeführt und die Mängel gebaut, die bei einer Debatte zu einem großen Teil vermieden gewesen wären.
Wie können sich die Bürger sonst noch informieren?
Bürgermeister Dr. Nico Ritz erklärte kurz nach dem Amtsantritt im neu eingerichteten und längst wieder verschwundenen Forum auf der Homepage der Stadt: Für die Information der Bürger reichen das Gemeindeblättchen und die HNA.
Das Gemeindeblättchen ist das offizielle Bekanntmachungsorgan der Stadtverwaltung und somit des Bürgermeisters. Die HNA gibt vor, als Presse neutral zu berichten, doch sie hat sich in einem schleichenden Prozess zu einem weiteren Sprachrohr des Rathauses entwickelt. Diese Tendenz ist nicht neu und trifft auf den Lokaljournalismus generell zu.
Zwei Fälle geben einen erschreckenden Einblick
1. Schützenhilfe aus der rechten Ecke
Als die Bürgerliste vor einem Jahr vor der Bürgermeisterwahl dazu aufrief, von beiden Wahlmöglichkeiten bei einem Kandidaten die Möglichkeit Nein zu wählen, löste das eine heftige Reaktion bei der HNA in Homberg aus. Die HNA suchte sich einen Politikwissenschaftler mit zweifelhaften Ruf, um seine Stellungnahme zu veröffentlichen. In Dresden fand sie Prof. Werner Patzelt, der die AFD beriet. Die Uni Dresden hatte sich von ihm getrennt, berichteten die Medien:
Der Leopoldina-Referent Patzelt tritt dort auf und macht dort mit, wo Fake News, Antisemitismus, Rassismus und Sexismus sich die Klinke in die Hand geben. Egal ob es um Rassismus, Nationalismus, Antifaschismus oder Corona geht – Patzelt sympathisiert offensichtlich immer mit denjenigen, die sich für die autoritärste und reaktionärste „Lösung“ einsetzen.
Kurzum gibt es an sich wohl kaum eine antidemokratische und menschenfeindliche Struktur, der Patzelt noch keinen Besuch abgestattet hat. Quelle
Und hier noch die Einleitung zu einem Gastbeitrag für die rechte Wochenzeitung "Junge Freiheit"
Werner Patzelt analysiert in einem Gastbeitrag für die Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“ die Thüringenwahl. Darin zeichnet er ein düsteres Bild der Folgen von Erfurt: „Also verheißt das Erfurter Lehrstück Linke, Sozialdemokraten und Grüne werden fortan Deutschland wohl immer regieren oder mitregieren, während eine klare Politik rechts der Mitte auf absehbare Zeit ausgeschlossen ist. Quelle
2. Mehr Bauland für Homberg
Die HNA erweckte in einem Beitrag den Eindruck, es müsse mehr Bauland in Homberg ausgewiesen werden. Dieser Ansicht ist jedenfalls der Bürgermeister. Dass neues Bauland Verlust von landwirtschaftlichen Flächen bedeutet, der gerade angesichts der Klimaverschlechterung vermieden werden muss, stört dabei nicht.
Zur Bekräftigung suchte die HNA das Gespräch mit Professor Stefan Rettich für Stadtplanung an der Uni Kassel. Sie befragte ihn nach dem Trend, dass Bürger den Wunsch haben aus den Ballungsräumen in das Umland auszuweichen, gerade jetzt unter den Einschränkungen der Pandemie.
Gibt es heute noch Stadtplaner, noch dazu in der Uni, die für die Ausweitung von Baulandflächen eintreten? Eine Anfrage bei Professor Stefan Rettich brachte die folgende Antwort vom 11.02.2021:
Ich hatte Frau Müller die "Push- und Pull-Faktoren" erläutert, die zur Stadtflucht führen, also Gründe, die Familien aus den Städten hinaus drängen, wie etwa die stark steigenden Bodenpreise, und jetzt auch die Pandemie. Und Gründe die Menschen aus den Städten herausziehen. Diese sind leider meist politisch motiviert, Baukindergeld, hohe Baulandausweisungen, die mit einem gerade neu bestätigten Gesetz (§13b BauGB) erleichtert werden.
Wie Sie bei Ihrer Recherche schon bemerkt haben, stehe ich dem kritisch gegenüber. Das steht zwar so nicht im Artikel, dafür sind zumindest die Zusammenhänge und Wirkweisen richtig wiedergegeben. Insofern fühle ich mich nicht instrumentalisiert, da habe ich schon weit Schlimmeres erlebt. Gleichwohl hoffe ich, dass auf Grund der Darstellung in der HNA keine lokalen Initiativen ergriffen werden, um noch mehr Bauland auszuweisen. Wenn dem so ist, dann melden Sie sich gern nochmals bei mir, dann würde ich versuchen, die Sachverhalte in einem kritischen Licht zu erläutern.