Kulturdenkmal vernichtet
Die Stadt rechtfertigt den 1-Euro-Verkauf mit dem baulichen Zustand des ehemaligen Landratsamtes, doch eine bauliche Bestandsaufnahme fehlt . Der bauliche Zustand ist vorab nicht erfasst und bewertet worden. Erst jetzt, da die Beweise vernichtet sind, werden Behauptungen aufgestellt, die nicht belegt werden.
Wo war der Denkmalschutz?
Ein Bericht einer restauratorische Voruntersuchung liegt nicht vor, wie sie bei einem Kulturdenkmal von dieser historischen Gebäude als ehemalige Menagerie des Lehrerbildungsseminars und danach als Landratsamt unerlässlich ist.
Hat der Denkmalschutz im Baugenehmigungsverfahren überhaupt Auflagen gemacht, um die Verstümmelung zu verhindern?
Bauzustand schlecht geredet, nichs belegt
Eine Schadenskartierung über behauptete Mängel und Schäden ist vorab nicht erstellt worden.
Trotz dieser fehlender Bestandsaufnahme werden in der Präambel des notariellen Kaufvertrages Mängel beschrieben (sehr unüblich)
Verkehrswertgutachten von Dressler
HNA-Bericht mit Aussagen des Architekten Gerlach
Durchweg wird in den Beschreibungen nicht berücksichtigt, dass es sich bei dem Gebäude um ein geschütztes Kulturdenkmal handelt, für das andere Bedingungen gelten. Für ein bauliches Kulturdenkmal gilt Bestandsschutz, neuer Anforderungen wie zum Beispiel an den Wärmeschutz unterliegen solche Gebäude nicht.
Der Verfasser des städtischen Gutachtens beschreibt die Gebäudeteile, daran wird erkennbar, dass er die Besonderheit eines Kulturdenkmales nicht versteht und somit das Gebäude nicht sachgerecht bewerten kann. Er schreibt zum Beispiel:
Die Gebäudestruktur, Grundriss- und Raumaufteilung […] sind völlig überaltert, also unzeitgemäß und in dieser Form nicht mehr geeignet, rentabel betrieben zu werden."
Der Grundriss ist gekennzeichnet durch einen langen Innenflur von dem die Räume zu erreichen sind.
Nach diesem Prinzip werden auch heute Büroräume erschlossen. Bei einem Kulturdenkmal wäre das als Bestand zu erhalten gewesen.
Er schreibt über die Türen:
"ein Sammelsurium bzw. eine Mixtur verschiedenster Stile, Konstruktionen und Altersklassen. Das reicht von "altertümlichen" Holzfüllungtüren in Holzzargen mit noch historischen Beschlägen…"
zu den Raumdecken:
"Die Deckenuntersichten sind augenscheinlich Putz/Lehmputz mit Dekorationen, …"
Was hat der Architekt und die Denkmalpflege zur Sicherung solcher Befunde in einem Kulturdenkmal unternommen?
Vermutlich vernichtet, wie es an anderer Stelle zu erkennen war.
Schokoladenseite
Die nördliche Gebäudeseite zum Busbahnhof hin bezeichnet der Gutacher als "Schokoladenseite", dort sähe "das Fachwerk altersentsprechend gut aus, ist aber dick mit Farbe beschichtet."
Das Fachwerk ist nicht als Sichtfachwerk gebaut worden. Was er sah, war eine nachträglich "Verschönerung", einschließlich aufgesetzter Balkenköpfe.
Wie die historischen Fotos zeigen, waren die Gebäude in der Freiheiter Straße verputzt, das diente dem Wetterschutz und war eine sinnvolle Bauausführung. Wenn man diesem historischen Vorbild gefolgt wäre, hätte man auch einen verbesserten Wärmeschutz realisieren können. Das zeigt, auch der Architekt hat sich nicht mit dem Kulturdenkmal auseinander gesetzt.
Abbruch im Gebäude
Welche historischen Werte sind bei dem Abbruch vernichtet worden? Es soll im Kreis eine Abmachung gelten, dass historisches Baumaterial den Unternehmen anzubieten ist, die im Bereich der Fachwerksanierung tätig sind, wie die langjährig aktive Schwälmer Bauhütte.
Zu sehen war stattdessen, dass die Dacheindeckung mit Biberschwänzen vernichtet wurde – andere suchen es dringend.
Auch altes Eichenholz ist für die Fachwerksanierung immer wieder gesucht und wird mit 4.000 Euro/m³ bezahlt.
Architektonische Gestaltung
Der Zwerchgiebel an der Südseite ist abgebrochen und nicht wieder im neuen Dach errichtet worden.
Damit hat das Gebäude ein markantes Gestaltungsmerkmal verloren, das für die Bauzeit und für viele Fachwerkhäuser in Nordhessen charakteristisch ist. Aus dem fein proportionierten Gebäude hat der Architekt einen Kasten gemacht.
Der Fluchtweg über eine Außentreppe wurde genau in die historische Sichtachse zwischen Damenstift und ehemaliges Landratsamt geplant, statt auf die Ostseite, wo es weniger störend gewirkt hätte.
Die Stadt und die Kraftstrom Bezugsgenossenschaft (KBG) haben mit diesem Bau dokumentiert, dass ihnen an dem Erhalt eines Kulturdenkmals nichts liegt. Mit schlechtem Beispiel gehen sie voran. So ist kein Interesse am Erhalt der historischen Bausubstanz zu schaffen.
Druckansicht