Bildschirmfoto aus dem Ratsinformationssystem, Bereich Personen. Weder der Rücktritt noch eine Erklärung zu dem Rücktritt ist bisher veröffentlicht.
Der Fall Herbold [1] hat eine individuelle und eine gesellschaftliche Seite. Durch das individuelle Fehlverhalten ist eine Politikerkarriere in Homberg beendet worden. Die gesellschaftliche Seite des Falls ist gewichtiger, und offenbart eine gefährliche gesellschaftliche Entwicklung. Behörden und Politik haben versagt, sie haben das Fehlverhalten gedeckt und mit geschwiegen. Ein Schweigekartell in Homberg ist sichtbar geworden, so wie auch in der Mafia die Omerta – das Schweigegebot – herrscht.
Dr. Martin Herbold begann seine politische Laufbahn als Stadtverordneter in seiner Vaterstadt Homberg, wo sein Vater schon lange in der Kommunalpolitik aktiv war. Warum hat er sich nicht in Fritzlar, wo er mit seiner Familie lebt, um ein Stadtverordneten-Mandat beworben, warum in der Vaterstadt?
Behördenversagen
Wer sich um ein Stadtverordneten-Mandat bewirbt, muss seine Adresse angeben. Der Wahlleiter hat die Angaben der Person zu prüfen und die Richtigkeit zu bestätigen. Hätte der Jurist wirklich geprüft, und die Person von der Wahl in dieser Stadt ausgeschlossen, wäre dem Bewerber viel erspart worden.
Als vor einem Jahr bekannt wurde, dass die Wohnanschrift falsch war, hätte die Kommunalaufsicht prüfen und handeln müssen. Sie deckte es nicht auf. Der Wahlleiter in Homberg, ein Volljurist, war noch einmal eingebunden. Es folgte keine Korrektur.
In Homberg war es ein offenes Geheimnis, dass die Wohnanschrift falsch war. Alle schwiegen, auch der Stadtverordnetenvorsteher und Parteifreund, auch der Bürgermeister als Volljurist und Wahlbeamter.
Da Dr. Martin Herbold auch Kreistagsabgeordneter war, wurden seine Wege-Auslagen zu seinem richtigen Wohnort abgerechnet. Die Heimatanschrift war also in der Kreisverwaltung bekannt, in der auch die Kommunalaufsicht tätig ist. Alle schwiegen.
Politikversagen
Die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung sind als Vertreter der Bürger der Stadt gewählt. Sie haben nach dem Gesetz die Aufgabe, den Magistrat mit dem Bürgermeister zu kontrollieren.
Die Mehrheitsfraktionen decken die Stadtverordneten ihrer Parteien. das ist noch nachvollziehbar bei strittigen, politischen Themen. Allerdings sollte der Schutz dort enden, wo Recht gebrochen wird. Doch auch da ging der Schutz des Parteimitglieds über die Wahrung des Rechts. Ist das damit schon eine kriminelle Vereinigung?
Auch die Stadtverordneten der anderen Parteien schwiegen, obwohl es ihre Aufgabe wäre, genau das zu benennen, was die anderen versuchten zu vertuschen. Sie alle schwiegen.
Geschwiegen haben auch die Beamten und Juristen, die einmal darauf einen Eid abgelegt haben, die Gesetze zu achten. Auf das grundsätzliche Rechtsverständnis kann wohl nicht mehr sicher vertraut werden. Es gibt zwar immer wieder aufrechte Mitarbeiter, die Mehrheit scheint nur noch zu kuschen und sich lieber anzupassen, als den Rechtsstaat zu verteidigen.
Statt demokratischer – und das heißt kritischer – Haltung, herrscht in der Kommunalpolitik ein Korpsgeist. Das hat sich nicht nur in diesem Fall gezeigt, sondern schon vorher bei anderen Gelegenheiten, zum Beispiel bei der Änderung der eigenen Geschäftsordnung mit den Sonderrechten für den Ältestenrat [2].
In diesem Fall hatte wenigsten die Kommunalaufsicht reagiert. Sie machte das Fehlverhalten aber nicht öffentlich, sondern bewrikte stillschweigend eine erneute Änderung.
Eidesformel aus dem Hessischen Beamtengesetz [3]
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten mit der Ausgestaltung der kommunalen Selbstverwaltung die Hoffnung verbunden, damit eine Schule der Demokratie zu schaffen.
Wie dieser Fall zeigt, ist diese Hoffnung hier nicht erfüllt worden.