Entmachtung der Stadtverordneten
Auszug aus dem Entwurf einer neuen Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung. Die roten Textstellen sind im Orgiginal und heben die Änderungen hervor.
Quelle:
Entmachtung der Stadtverordneten
Der Magistrat hat Änderungen der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung zur Zustimmung vorgelegt. Sie sollen in der Sitzung am 7. 10. 2021 beschlossen werden. Brisant sind die Änderungen zum Ältestenrat. Die Neuregelungen stellen eine Verlagerung der Entscheidung in den Ältestenrat dar, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit hinter verschlossenen Türen entscheidet.
Die Aufgabe des Ältestenrats besteht darin, die Geschäftsordnung des parlamentarischen Gremiums festzulegen: Zum Beispiel: Wie oft und wann sollen Sitzungen stattfinden?. Der Ältestenrat hat keine Befügnis über die Sachthemen zu beraten und entscheiden.
Der Ältestenrat setzt sich aus den Fraktionsvorsitzenden zusammen. Zur Zeit aus sechs Mitgliedern.
In Homberg soll es geändert werden. Diese sechs Fraktionsvorsitzenden sollen zusammen mit dem Stadtverordnetenvorsteher auch über die Tagesordnungspunkte beraten und Empfehlungen zu den Tagesordnungspunkten abgeben dürfen. Es reicht aus, dass die Mehrheit der Mitglieder anwesend sind, also vier Personen.
Diese kleine Gruppe soll auch bindende Entscheidungen treffen können, wenn die Stadtverordnetenversammlung sie dazu beauftragt. Eine solche Beauttragung ist eine Selbstentmachtung des parlamentarischen Gremiums.
Entscheidungen finden dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, nur über die Entscheidung wird nachträglich informiert.
In der letzten Zeit war diese Praxis schon zu beobachten. Entscheidungen waren in irgendwelchen Hinterzimmern schon vorentschieden und wurden ohne Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung durchgewunken. Die Stadtverordneten haben vergessen, dass sie persönlich an keine Weisungen gebunden sind, trotzdem funktioniert der Fraktionszwang.
Die Stadtverordneten billigten in der letzten Zeit, dass öffentliche Grundstücke und Gebäude ohne Ausschreibung weit unter dem Marktwert zu Lasten der Stadt an Private verkauft wurden. Sie verzichteten sogar darauf, sich den Kaufvertrag vorlegen zu lassen. Eine leichtfertige Entscheidung. Gerade im Kaufvertrag können weitere Regelungen zu Lasten der Stadt formuliert sein. Doch die Stadtverordneten interessierte das nicht, sie gaben dem Magistrat mit dem Bürgermeister an der Spitze freie Hand, obwohl sie die gesetzliche Aufgabe haben, zu kontrollieren.
Wer über den Verfall der Demokratie klagt, sollte auch auf die Praxis auf der kommunalen Ebene schauen, gerade auch auf diese Änderung der Geschäftsordnung. Die kommunale Ebene wird gern als Schule der Demokratie bezeichnet. Diese geplante Änderung der Geschäftsordnung zeigt, wie demokratisch Kultur zerstört wird. Und alle machen mit in Homberg, oder? Morgen, am Donnerstag dem 7. Oktober 2021 werden wir es beobachten können.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Es bleibt die Frage, warum gerade jetzt diese einschneidende Veränderung erfolgt. Es könnte sein, dass die vielen in der Stadt angefangenen Projekte der Stadt über den Kopf wachsen. Die Aufklärung der Kostenentwicklung des Ärztehauses wurde vom Bürgermeister mit Hilfe einer Hamburger Kanzlei abgebogen. Allein für die Kanzlei wurden mehr als 30.000 Euro bezahlt. Diesen Betrag hatte der Bürgermeister auf Befragung bereits eingeräumt.
Von dem Millionenumbau des Ärztehauses ist nichts mehr zu hören. Auch das Rathaus sollte umgebaut werden, damit alles unter einem Dach zusammen kommt. Tatsächlich sind die städtischen Büros jetzt weit auseinander verteilt.
All die Entscheidungen haben die Stadtverordneten mitgetragen und sind mitverantwortlich. Sie haben also auch ein persönliches Eigeninteresse, dass nicht zu viel in die Öffentlichkeit gelangt. Eine Notgemeinschaft der Verantwortungslosen.
Vielleicht ist die Konzentration auf den nicht öffentlichen Ältestenrat eine Maßnahme, die helfen soll, die Misere der Stadt vor der Öffentlichkeit zu verbergen.