Ein “erschreckendes Desinteresse”?
Die HNA berichtete zutreffend über die Bürgerversammlung, indem sie von nur 35 Zuschauern schrieb. Eben nur die Bürger als Zuschauer.
Über die Fragen der Bürger, über das was die Bürger interessiert, berichtete die HNA nicht.
Die Hauptakteure der Versammlung waren der Stadtverordnetenvorsteher und der Bürgermeister.
Wenn die HNA das Desinteresse erschreckend findet, wäre das eine Gelegenheit für Nachforschung gewesen.
Woher kommt dieses Desinteresse? Gab es das schon immer, oder warum hat es sich verstärkt? Die HNA zeigt ein erschreckendes Desinteresse an den Ursachen der Reaktion der Homberger Bürger.
Anlieger Schmückebergsweg
Warum sollten Anlieger des Schmückebergwegs zur Bürgerversammlung kommen? Sie hatten zuvor erlebt, wie der Bürgermeister und der Magistrat mit den Bürgern umgingen.
Der Bürgermeister versprach den Anliegern, die Straße so auszubauen, wie es die Mehrheit der Anlieger wünschte. Die Mehrheit entschied sich am 6.6.2018 für einen geraden Verlauf der Straße. Der Magistrat setzte sich darüber hinweg und bestimmte, der Straßenverlauf wird verschwungen gebaut.
In einem Schreiben der Bürger heißt es:
Am 04.07.2019 schrieb der Magistrat, dass er sich gegen den demokratischen Mehrheitsbeschlusses der Anlieger entschieden hat und der Schmückebergsweg künftig einen geschwungenen Straßenverlauf erhalten soll.
Darf der Magistrat gegen den Mehrheitswillen der Anwohner handeln, wenn er zuvor die Anlieger ausdrücklich in zwei Anliegerversammlungen um Bürgerbeteiligung bat und die Planung nach demokratischen Prinzipien ausrichten wollte?
Informationen aus dem Rathaus werden ausgedünnt
Aus den Protokollen der Stadtverordnetenversammlung und aus den Ausschüssen ist kaum noch nachvollziehbar, welche unterschiedlichen Meinungen vertreten und wie sie begündet werden.
In den Protokollen ist immer wieder die Formulierung zu lesen: "Zur Sache sprachen". Was gesagt wurde, wird nicht genannt.
Auf diese Weise wird das Interesse an der kommunalen Selbstverwaltung zerstört, damit kommt der Magistrat auch nicht seiner Pflicht nach, genau dieses Interesse zu pflegen.
Aufklärung zum Ärztehaus
Der Bürgermeister rief auf, kommunale Themen in der Kommune zu klären und nicht die Justiz damit zu belasten.
Er sollte sich wohl noch einmal die Hessische Gemeindeordnung (HGO) ansehen. Darin sind die Aufgaben der Stadtverordneten In § 50 gesetzlich festgelegt. In Absatz 2 heißte es:.
(2) 1Die Gemeindevertretung überwacht die gesamte Verwaltung der Gemeinde, mit Ausnahme der Erfüllung der Auftragsangelegenheiten im Sinne des § 4 Abs. 2, und die Geschäftsführung des Gemeindevorstands, insbesondere die Verwendung der Gemeindeeinnahmen. 2Sie kann zu diesem Zweck in bestimmten Angelegenheiten vom Gemeindevorstand in dessen Amtsräumen Einsicht in die Akten durch einen von ihr gebildeten oder bestimmten Ausschuss fordern; der Ausschuss ist zu bilden oder zu bestimmen, wenn es ein Viertel der Gemeindevertreter oder eine Fraktion verlangt.
Stadtverordnete können die Verwaltung und die Verwendung der Gemeindeeinnahmen nur überwachen , wenn sie Informationen erhalten.
Die Ausgaben für den Umbau des ehemaligen Amtsgerichts zum Ärztehaus hat immer mehr gekostet, ohne dass die Zahlungsvorgänge und Abrechungen geklärt wurden.
Um das mangelhafte Brandschutzkonzept entsprechend dern Anforderungen anzupassen, wurden rund 800.000 Euro zuätzlich ausgegeben.
Um die danach noch weiter bestehenden schweren Mängel zu beheben, wäre eine weitere Million Euro notwendig, wie eine beauftragte Architektengruppe kürzlich ermittelte.
Seit Dr. Nico Ritz am 18. Juli 2014 das Amt des Bürgermeisters antrat, hatte er Zeit gehabt, die Vorgänge um das Ärztehaus aufzuklären und auch die Verantwortlichen zu benennen. Er tat dies nicht.
Die Bürgerliste beantragte deshalb die Einrichtung eines Akteneinsichtsausschusses. Die Mitglieder des Ausschusses hatten die Aufgabe die 56 Aktenordner zu prüfen. Von den ehrenamtlich tätigen Stadtverordneten haben nur wenige die fachlichen Kenntnisse die Vorgänge zu prüfen. Als Ehrenamtliche haben sie auch nicht die Zeit die 56 Akten vollständig durchzuarbeiten. Der Stadtverordnete Dirk Pfalz (Bürgerliste) hatte jedoch bald soviele Punkte gefunden, die es notwendig machten, die Staatsanwaltschaft zu informieren, damit diese die Prüfung weiter führen können. Pfalz informierte in der letzten Ausschusssitzung über diesen Schritt. Die Anzeige an die Staatsanwaltschaft wurde zeitnah hier im Hingucker veröffentlicht.
Das ist die im Rechtsstaat vorgesehene Reihenfolge.
Nachdem der Bürgermeister mehrere Jahre nichts zur Aufklärung unternommen hatte, war das der rechtlich gebotene richtige Schritt.
Das gefiel dem Bürgermeister nicht, denn es weist auch auf sein Untätigkeit hin.
Noch bevor die Staatsanwaltschaft eine Entscheidung getroffen hat, beauftragte der Bürgermeister eine Hamburger Kanzlei, die Akten zu prüfen. Der Bürgermeister begründete diesen Schritt damit, er müsse den Magistrat schützen und gegebenenfalls durch eingene Ermittlungen durch die Kanzlei verhindern, dass Ansprüche nicht verjähren. Eine wenig glaubwürdige Argumentation. Zumal die Hamburger Kanzlei damit wirbt, dass sie helfen könne "frühzeitige und geräuschlose Einstellung des Ermittlungsverfahrens [zu] bewirkender".
Roxin vertritt die Interessen von Unternehmen im gesamten Ermittlungsverfahren. Ziel ist neben der Vermeidung von Geldbußen und anderen Sanktionen vor allem auch die Verhinderung öffentlicher Aufmerksamkeit. Die geeignete Verteidigungsstrategie kann eine frühzeitige und geräuschlose Einstellung des Ermittlungsverfahrens bewirken. Quelle
Von Aufklärung des Falles und Ermittlung der Verantwortlichen steht darin nichts.
Die Kosten sollen sich auf 20.000 bis 30.000 Euro belaufen, vielleicht auch mehr, anwortete Ritz auf eine der Fragen.
Die Digitalisierung der 56 Aktenordner sei kostenlos gewesen sagt Ritz in der Bürgerversammlung. Vor 10 Monaten gab der Bürgermeister laut Protokoll dagegen einen exakten Betrag an.
Bislang wurden der Stadt Homberg (Efze) 12.287,65 € in Rechnung gestellt.
Gegenwärtig wird ein Rechtsgutachten erstellt.
Quelle Stadtverordnetenprotokoll vom 31. 01.2019
Die Anrufung der Justiz ist die Folge der Informationsverweigerung des Bürgermeisters. Wenn die Fälle in der Kommune geklärt werden sollen, muss er selbst die Informationen wahrheitsgemäß offen legen. Bisher hat er das nicht getan.
Bei diesem Politikstil ist verständlich, dass die Bürger wenig Interesse zeigen.
Das mit dem erschreckenden Desinteresse findet man auch in anderen Bereichen. Weder die Politiker noch die Medien nehmen das zum Anlaß nach den Ursachen zu forschen.
Arolsen Bürgermeisterwahl Wahlbeteiligung gerade mal 26,5 % – dann aber 93,3 % Zustimmung, was nur 24,7 % aller Wahlberechtigten sind.
SPD Vorsitz
Wahlberechtigte 100 %
Wahlbeteiligung 54,09 %
Ungültige Stimmen 1,61 %
Bleiben 52,48 %
Davon angeblich aber tatsächlich nur
Sieger 53.06 % 27,85 %
Zweite 45,33 % 23,79 %