Ehrlichkeit in die Politik
Ob im Bundestag oder in der Stadtverordneten-Versammlung, mit Ehrlichkeit in der Politik gibt es die gleiche Erfahrung.
In Berlin hat der Bundestags-Abgeordnete Christian Ströbele angekündigt, nicht mehr zu kandidieren. Aus diesem Anlass beklagte er in einem Interview die fehlende Ehrlichkeit in der Politik: Fragen werden nicht beantwortet, oder die Antworten sind falsch.
"Das muss anders werden.", fordert er. Diese Forderung kann auch für Homberg übernommen werden.
Im Homberger Hingucker ist immer wieder auf falsche oder verweigerte Informationen hingewiesen worden.
Ohne Informationen gibt es keine demokratische Kultur der Beteiligung und Mitverantwortung.
Homberger Beispiele
Auf die Frage nach fehlendem Rauchabzug im Treppenhaus des Ärztehauses antwortete der Magistrat, der wäre Brandbeschleunigung. Aber Rauchabzug ist ein wesentliches Element von vorbeugendem Brandschutz und von Personenschutz.
Nachträglich sind dann zahlreiche Brandschutzmaßnahmen im Ärztehaus eingebaut worden.
Ein Bauherr spendete der Stadt 5.000 Euro. Die Stadt entfernte ihm daraufhin die im Bestand geschützten Bäume an seinem Grundstück – auf Kosten der Stadt. Auf die Frage, wer Eigentümer der Grundstücksteile sei, auf dem die Bäume standen, nannte der Bürgermeister für den schmalen Grundstücksstreifen drei verschiedene Eigentümer, was sehr unwahrscheinlich ist. Auf die Nachfrage, wer im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, verweigerte der Bürgermeister die Auskunft. Warum?
Der Bürgermeister argumentierte für den Ankauf des Erdgeschosses von Marktplatz 15, die Stadt müsse den Zugriff auf die Grundstücke in dem Gebiet Marktplatz Ost erhalten, um das Gebiet einmal als Gesamtes entwickeln zu können. Das ist richtig. Doch er setzte sich für den Kauf eines überteuerten Teileigentums ein, das jedoch keinen Zugriff auf die Grundstücke bietet. Als Jurist hätte er die rechtliche Situation darstellen und den Ankauf verhindern müssen, um die Stadt vor Schaden zu schützen. Er tat es nicht. Warum?
Wieviel Ehrlichkeit braucht die Politik?
Oft hatte ich in den vergangenen Jahren als Stadtverordneter in Diskussionen unter Kommunalpolitikern gehört: Das ist zwar richtig, das können wir aber so nicht sagen, das versteht der Bürger nicht. Mit Rücksicht auf Wählerstimmen wird entgegen der eigenen Einsicht gehandelt.
Sicherlich gibt es schwierige Sachzusammenhänge, zum Beispiel bei der Ermittlung der Abwassergebühren, den Kosten für das Ärztehauses oder dem Verkaufspreis von öffentlichen Grundstücken. Es macht schon Mühe, die Zusammenhänge zu verstehen und an die Bürger zu vermitteln. Warum soll das ein Bürger aber nicht verstehen können? Was unterscheidet die als Stadtverordneten tätigen Hobby-Politiker von den Bürgern der Stadt? Wie oft haben die Stadtverordneten zugestimmt, ohne verstanden zu haben, was sie da beschlossen haben.
Unter den Bürgern der Stadt gibt es mehr Fachleute für verschiedenste Gebiete als im Rathaus. Es gibt Bürger, die sehr viel besser Sachverhalte verstehen, als die, die darüber abstimmen. Dieses Potential der Bürger, diese Erfahrungen könnten genutzt werden. Es wird aber nicht gewollt. Selbst Hinweise auf einfachste Tatsachen werden abgewehrt, häufig auch noch diffamierend, wie zum Beispiel beim Hinweis auf schwere Fehler in einer Statik eines Bauvorhabens.
In einem solchen Klima ziehen sich auch die gutwilligsten Bürger zurück und sehen sich in der langsam gewachsenen Politikerverachtung bestärkt.
In der Folge können die, die am wenigsten davon verstehen, unbedarft Entscheidungen treffen. Eigentlich treffen sie persönlich keine Entscheidungen, sondern sie folgen nur den Vorgaben des Fraktionsvorsitzenden, der Gefolgschaft einfordert. Die Handhabe dazu ist der sogenannte Fraktionszwang. Das ist ein Konstrukt der Machtausübung und des Machterhaltes. Abgeordnete haben aber nur ihrem Gewissen zu folgen, aber keinen Aufträgen und keinen Weisungen. Das gilt auf Bundesebene wie in einer Stadt.
Zu dem Fraktionszwang hat Christian Ströbele sich einmal sehr differenziert geäußert. Hier kann es gehört werden.
Druckansicht
Hilfreich wäre ggf., wenn gesetzlich geregelt wäre, dass Abstimmungen ( incl. Probeabstimmungen in den Fraktionen ) generell geheim erfolgen müssen.
Dann hätten die Mitläufer in den Parlamenten die Macht der Fraktionsvorsitzenden nicht zu fürchten und könnten ausschließlich ihrem Gewissen folgen.
In einer kleinen Kommune wie Homberg wäre es einen Versuch wert.
Schlimmstenfalls könnten Fraktionsvorsitzende scheitern, was auch nützlich sein könnte. đ