Niedergang der politischen Kultur: Zwei Beispiele
Die Stadtverordnetenversammlung am 12. Oktober 2023
zeigte wieder den Niedergang
der politischen Kultur in Homberg.
1. HLG soll aus "laufender Liquidität" bezahlt werden
Es fängt an mit der Rückübernahme eines Grundstücks von der Hessischen Landgesellschaft (HLG) in das Eigentum der Stadt. Die HLG hat es von der Stadt treuhänderisch erhalten, um es zu vermarkten. Die HLG erhält dafür jährlich eine Gebühr und ist beim Verkauf auch mit einem Prozentanteil am Gewinn beteiligt. Es ist gut, die HLG aus dem Geschäft zu entlassen, es spart der Stadt Kosten. Nicht umsonst wird die HLG in Hessen auch als "Hessens liebe Gauner" bezeichnet. Die verheerende Spur der HLG in Homberg ist schon in zahlreichen früheren Beiträgen thematisiert worden.
Die Finanzierung dafür ist jedoch nicht gesichert.
Die Rücknahme des Grundstücks führt dazu, dass der HLG der Grundstückpreis gezahlt werden muss. In der Beschlussvorlage des Magistrats wird keine Haushaltsstelle genannt, aus der der Betrag gezahlt werden soll. Es heißt nur "aus laufender Liquidität". Also aus dem, was gerade in der Kasse ist? Der Magistrat darf sich im Rahmen der im Haushaltsplan genehmigten Ansätze bewegen. Außerplanmäßige Ausgaben dürfen nur dann getätigt werden, wenn sie unabweisbar sind, also es sich zum Beispiel um Notfälle zu beheben. Das ist bei der Grundstückübertragung nicht der Fall, sie war auch nicht im Haushalt für 2023 eingeplant. Eine ordentliche Haushaltsführung und Entscheidungen der Stadtverordneten sollten auf Sachinformation beruhen.
2. Umbaubeschluss des Ärztehauses
Zweiter Tagesordnungspunkt war der geplante Umbau des Ärztehauses, das zur Hälfte leer steht. Für den Umbau waren vor einigen Jahren 1,1 Mio. Euro geschätzt worden, es dürften jetzt schon erheblich mehr geworden sein.
Nachdem die Sprecher des Bau- und des Haupt- und Finanzausschusses die Empfehlung zum Umbau gegeben haben, spricht der Stadtverordnete Prof. Herbert Wasmann (SPD). Er erzählt von der Schließung des Krankenhauses vor 10 Jahren und der Entscheidung, die medizinische Versorgung mit dem Umbau des ehemaligen Amtsgerichts in ein Ärztehaus in Homberg zu sichern. Er schlägt vor, das Ärztehaus müsse besser in der Stadt sichtbar werden. Die Namen an den Briefkästen wäre nicht ausreichend. Hat er das große Schild am Eingang nicht wahrgenommen?
Geschichte des ehemaligen Amtsgerichtsgebäudes
Nachdem der hessische Wirtschaftsminister Riehl die Schließung des Gerichtsstandorts in Homberg beschlossen hat, wurde das Fritzlarer Amtsgericht aufgewertet. Dort war sein Bruder Leiter des Amtsgerichts, wurde berichtet.
Das Gebäude wurde 2008 als Bürogebäude für die Organisation des Hessentags benutzt. Danach gab es die Idee, darin die Karikaturensammlung von Prof. Keim aus Relbehausen auszustellen und damit ein Museum für Porträt-Karikaturen in Homberg zu etablieren. Prof. Keim war lange im Bundespresseamt, in der Zeit hatte er eine umfangreiche Sammlung angelegt. Die Befürworter waren enttäuscht, dass diese "Chance" in Homberg nicht genutzt wurde. Die Sammlung wurde in Rotenburg an der Fulda etabliert und nach kurzer Zeit war das Projekt beendet. Das ist Homberg erspart geblieben.
Das Kirchenkreisamt hatte sich für das Gebäude interessiert, der Kaufvertrag war bereits ausgehandelt. Das Gerichtsgebäude war ein Bürobau und sollte weiter für Büros genutzt werden. Eine sinnvolle Lösung.
Nach der Schließung des Kreiskrankenhauses blieb die Dialyse noch mehrere Jahre in dem Teilgebäude an der Melsunger Straße, wie auch die Arbeitsagentur.
Die Praxis Dr. Weber hatte sich damals für die Verlegung in das Gebäude der ehemaligen Post entschieden, dort lag seine Praxis gut erreichbar an der Ziegenhainer Straße und auf dem dahinterliegenden ehemaligen Posthof gab es ausreichend Parkplätze für Mitarbeiter und Patienten. Der Vertrag war auch hier bereits ausgehandelt.
Dazu sollte es nicht kommen.
Der bei der Stadt angestellte Architekt bestimmte schon davor die Politik mit immer neuen Ideen, die sich als sehr zweifelhaft erwiesen haben. Der Magistrat, damals unter Bürgermeister Martin Wagner, ging begeistert mit. Bei dem Projekt Altreifen-Pyrolyse, ein kriminelles Projekt zum Fördermittelmissbrauch, Projekt Algenzucht zum kriminellen Betrug von Kleinanlegern und schließlich die geplante Panzerverschrottung, die bis in die internationale Sphäre reichte. Alle drei Projekte sind hier ausführlich in früheren Beiträgen recherchiert und dokumentiert.
Der städtische Architekt hat Dr. Weber überredet, seine Praxis in das noch umzubauende Amtsgericht zu verlegen. Er hat versprochen dafür zu sorgen, dass alles fristgerecht bis Mitte 2012 realisiert werde. Es wurde auch eingehalten, allerdings hat dieser Schnellschuss erheblich Folgen. Vieles wurde nicht bedacht und eingeplant. Angefangen vom fehlenden Brandschutz, der Müllentsorgung, der Anfahrt der liegend transportierten Patienten, die in die Praxis für die Dialyse kamen. Es reihte sich dann ein Provisorium ans andere, die Kosten stiegen und stiegen.
Es gab keinen Zwang, das Amtsgerichtsgebäude schnell zu einem Ärztehaus umzubauen. In diesem Zeitraum sind in Homberg mehrere Ärztehäuser von privat gebaut und betrieben worden. Es gibt keine Notwendigkeit, dass die Stadt in dieses Geschäft eingreift und dann noch hohe Kosten produziert, die durch die Steuerzahler aufgebracht werden müssen.
Vorschläge des Stadtverordneten Günter Koch: "Kein gutes Geld dem schlechtem hinterherwerfen"
Der Stadtverordnete Günter Koch (FWG) kritisierte die gesamte Entwicklung des Ärztehauses und wies vor allem auf die Mängel hin, die sich aus der Lage in der Stadt ergeben, auf die fehlenden Parkplätze für Patienten und die viel zu kleinen, engen Räume. Er erinnerte daran, dass er vorgeschlagen hat, sich einmal in Treysa das großzügig gebaute Ärztehaus anzusehen. Das ist heute Standard, der in dem ehemaligen und jetzt verbauten Amtsgerichtsgebäude nicht herstellbar ist.. Koch sieht die Gefahr, dass wieder viel Geld investiert wird, aber am Ende doch keine Ärzte einziehen werden. Ein Neubau auf dem Gelände neben dem Reithausplatz könnte viel preiswerter und zweckmäßiger sein. Er wollte deshalb auch wissen, wie lange die bestehenden Mietverträge im Ärztehaus laufen. Er könne aus diesen Gründen dem Umbau nicht zustimmen.
Hierauf reagiert der Bürgermeister mit einem Populismusvorwurf: "Populismus ist ja populär" da kann man sich leicht hinzustellen und erzählen, keinem schlechten Geld gutes hinterher zu werfen. Das seien Sprüche ohne Substanz, bewertet Dr. Nico Ritz in abfälliger Weise die Vorschläge des Stadtverordneten. Auf die sachlich begründete Vorschläge und Hinweise auf Gefahren geht der Bürgermeister nicht ein.
Es zeigt, dass der Bürgermeister die sachliche Auseinandersetzung scheut . Kein Wort zu den bisherigen Kosten des Umbaus von 2011 bis heute. Keine Angaben zu den Mieteinnahme und ob überhaupt eine Kostendeckung bei den Betriebskosten erreicht wird.
Investitionen müssen wirtschaftlich geprüft und abgewogen werden, dazu müssen Zahlen vorgelegt werden. Das wird nicht vorgelegt, Polemik statt Rechenschaft, ein Zeichen des Niedergangs der demokratischen Kultur in Homberg.
Sachinformationen müssen vorgelegt werden
Angesichts des Zustandes des Gebäudes ist es ein berechtigte Überlegung, einen weiteren Umbau zu stoppen und das Gebäude als das zu benutzen, als das es einmal gebaut wurde, als Bürogebäude.
Günter Koch hatte sich im Vorfeld mit der gesamten Situation beschäftigt und auch weitergehende Lösungen aufgezeigt. Neben dem Reithausplatz, wo vor Jahren das Haus Cramer abgerissen worden ist, wäre Platz für einen Neubau eine Ärztehauses mit eine Parkpalette auf dem Reithausplatz.
Wozu braucht das Ärztehaus noch eine neue Liegendanfahrt, nachdem keine Patienten mehr liegend zur Dialyse kommen? Seit Jahren ist die Dialysepraxis geschlossen und steht leer. Auch solchen Fragen weicht der Bürgermeister aus.
Muss die Stadt ein Gebäude für Arztpraxen betreiben, wenn sie sonst von privat gebaut und betrieben werden?
Das Gebäude könnte auch verkauft werden. Die Stadt hat in den letzten Jahren eigene Immobilien billigst verschleudert. Stadtverordnete als Vertreter der Homberger Bürgerschaft nehmen das fraglos hin, eine institutionalisierte Verantwortungslosigkeit.