Kasernenkauf: Von Rosinenpickern und Strohmänner
Seit 2004 stehen die Ostpreußen- und Dörnbergkaserne leer und warten auf eine neue Nutzung.
Erste Studie zur Kasernennutzung
2006 legten Studenten aus Kassel eine Studie zur Nachnutzung des Kasernengeländes vor. Für die Hallen im technischen Bereich der Ostpreußenkaserne sahen sie gute Chancen für eine Nutzung durch Firmen. Schwieriger dürfte es für die anderen Gebäude werden. Das hat sich bestätigt. Einige der Hallen hat die Hessische Landgesellschaft (HLG) Ende 2012 verkauft.
Interessenten wurden abgewiesen
Die bisherige Eigentümerin der Kasernen, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) hatte in der Vergangenheit alle Interessenten für Grundstücke abweisen müssen, da ihnen der Bürgermeister erklärte, die Stadt wolle das gesamte Gelände kaufen. Diese Politik des Bürgermeisters war nicht durch Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung gedeckt.
Keine Rosinenpickerei
Die BImA hätte schon mehrere Teile des Kasernengeländes verkaufen können, doch der Bürgermeister weigerte sich gegen den Einzelverkauf. Er sagte, die Stadt wolle erst alles kaufen. Seine Begründung: Es dürfe keine Rosinenpickerei geben. Alles kaufen heißt auch alle Verpflichtungen und damit erhebliche Kosten für die Infrastruktur übernehmen. Die BImA klagte selbst über die hohen laufenden Kosten: "Es fallen riesige Kosten an und wir wollen es los sein." (HNA, 21.7.2012)
"Da die Entwicklung der Kasernenflächen für eine gewerbliche Nutzung mit erheblichen Kosten verbunden ist (Abbruchkosten, Planungskosten, Erschließungskosten usw.), müssen Refinanzierungsmöglichkeiten gefunden werden.
Eine kurzfristig realisierbare Möglichkeit der Refinanzierung ist die Ausweisung von Sonderbauflächen für Photovoltaikanlagen." siehe hier
1,75 Mio. Euro Fördermittel verloren
Wie erheblich die Kosten sein werden, ist vorerst von den Unger-Ingenieuren mit 1,8 Mio. Euro für die Leitungsinfrastruktur beziffert worden.
Das Land Hessen hat für die Kosten der Umnutzung von Kasernen europäische Fördermittel erhalten. Das Förderprogramm läuft von 2007 bis 2013, zu Programmanfang hätte Homberg bis zu 3,5 Mio. Euro Fördermittel erhalten können. Im letzten Jahr, fünf Jahre nach Programmstart erhielt Homberg nur noch 1,75 Mio. Euro aus diesem Fördertopf. Die anderen Standorte waren schneller. Durch die lange Untätigkeit des Bürgermeisters hat Homber jetzt 1,75 Mio. Euro aus eigener Tasche zu finanzieren. Die Fördermittel dürfen nicht für den Grundstückskauf verwendet werden, den hat die Hessische Landgesellschaft (HLG) vorfinanziert.
Angesichts der hohen, unabsehbaren Schuldenlast, die der Kasernenkauf für Homberg bedeutet, habe 2000 Homberger Bürger einen Antrag auf einen Bürgerentscheid gestellt, über dessen Durchführung noch das Verwaltungsgericht beschließen muss.
Überstürzter Kasernenkauf mit falschen Angaben
Nachdem die BImA nicht bereit war, die Fläche für den Solarpark allein zu verkaufen oder wenn nur zu einem wesentlich höheren Preis, kam plötzlich im Frühjahr 2012 Fahrt in den Kasernenkauf. Jetzt sollte das gesamte Gelände gekauft werden. Plötzlich gab es Kaufinteressenten für den technischen Bereich der Kasernen. Es lägen verbindliche Kaufangebote für Hallen und Grundstücke vor, wurde den Stadtverordneten gesagt. Die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung stimmte deshalb auch dem Kauf zu.
Rosinenpickerei und Strohmänner
Ein Teil der "verbindlichen Kaufangebote" wurde inzwischen abgewickelt, die Grundstücke an Unternehmen verkauft. Ein Gewerbekonzept für die Unternehmensansiedlung gab es nicht. Wer schnell genug war, konnte sich seine Rosinen herauspicken. Auch ein Stadtverordneter der CDU wollte ein Teil davon haben, ein "Filetstück" nannte es der Bürgermeister. Dieses und zwei weitere "verbindliche Kaufangebote" wurden zurückgezogen. Es ist nicht bekannt, ob die Stadt auf die Einhaltung der Kaufverpflichtung gepocht hat. Rechtlich hat sie keine Chance, denn bei Grundstückskäufen zählt nur ein notarieller Vertrag. Es bleibt aber die moralische Verpflichtung dieser Unternehmen – oder sind sie von Anfang an nur als Strohmänner aufgetreten?
Ende November verkündete der Bürgermeister, dass anstelle von zwei "verbindlichen Kaufinteressenten", ein neuer Interessent aufgetaucht sei. Über den Unbekannten wollte weder der Bürgermeister noch Herr Kothe von der HLG etwas sagen und verwiesen auf einen Dezembertermin, an dem sich der Unbekannte vorstellen und sein Unternehmenskonzept erläutern sollte. Zu dem Dezembertermin kam es nicht, unfallbedingt müsse er verschoben werden, hieß es aus dem Rathaus. Bis jetzt, Ende Januar ist unbekannt, um welches Gewerbe es sich dabei handeln soll, noch wer der neue Investor sei.
Konzeptlos
Ein Entwicklungskonzept für das Kasernengelände gab und gibt es nicht. Es gab nur Rosinenpickerei. An Arbeitsplätzen ist auch nicht viel zu erwarten. Die Hallen dienen vor allem als Lager- und Abstellhallen für Autos, Baumaterial und Altöl.
Was mit den vielen anderen Gebäuden und den großen Flächen auf dem Kasernengelände werden soll, ist weiterhin unbekannt, ebenso welche Kosten da noch für die Stadt Homberg versteckt sind.