Aufsatz eines Architekten
Der städtische Mitarbeiter Jochen Gontermann arbeitet als Architekt im Bauamt. Er hat in der Stadt scheinbar eine Sonderstellung. Während andere Mitarbeiter einen Maulkorb erhalten, kann er unbehelligt für die Stadt sprechen.
Im Januar 2011 schrieb er einen Aufsatz zur Situation der Stadt. Darin machte er Aussagen, die im Gegensatz zu seinem jetzigen Tun stehen. Einige Zitate:
Aufsatz eines Architekten zum selbst gewählten Thema :
das GANZ – HEIT´s – MODELL
am Beispiel einer Provinz Kleinstadt, mit dem Stolz einer längst verblichenen Kreis- und Standortstadt, in einem strukturschwachen Raum, "im Überlebenskampf" – aus Städte planerischer Sicht.
Sie hat gelitten und zeigt offene Wunden :
|| Bürgerhäuser stehen leer, teilweise nagt der Zahn der Zeit, mehr als es für die Fachwerkschätze gut ist, und es stört niemand
|| Geschäfte werden nicht mehr im notwendigen Umfang frequentiert und schließen zwangsläufig
|| Ein Denkmalschutz wurde notwendig um Städte, wie auch unsere Stadt, vor noch größeren Wunden zu bewahren
|| Einheimische Gastronomie befindet sich mittlerweile fast ausschließlich in der Vodka, Pizza oder Ginseng Connection.
|| Verschiedene Altstadtquartiere sind überaltert, es fehlt der Zuzug junger Leute und man kann den Leerstand heute schon absehen, doch man verschließt die Augen, und unternimmt nichts.
Zu Nachbargemeinden
Teilweise wird ihr schon heute von ehemals bedeutungslosen Nachbargemeinden der Rang abgelaufen.
Zu Veranstaltungen
Der neu gegründete Marketingverein der Kleinstadt, wird nun aktiv, aber in den Spuren der Vorgänger. Man plant Veranstaltungen, ein organisch gewachsenes Weindorf ?, eine verkaufsoffene Schneenacht oder eine Automobile Innenstadt Show – man verkennt die Probleme.
Kurzfristig kann man vielleicht ein wenig helfen, aber das Stadtsterben schreitet derweil unaufhörlich voran, denn warum plant man all diese Festival ?
Man erhöht kurzfristig den Bevölkerungsstrom in der Innenstadt und schafft einmalige Erfolge. Dies funktioniert solange bis die angebotenen Festivitäten langweilig werden, oder von Nachbarstädten übertroffen werden. Auch führen diese Festivitäten nicht dazu, Leerstands Probleme bei den Geschäften zu lösen.
Gontermannsches Modell
An diesem Punkt möchte ich beginnen das von mir so genannte
GANZ – HEIT´s – MODELL
vorzustellen.
|| Man muss den Passanten-Strom in der Stadt ganztägig und ganzjährig vergrößern, nur diese Belebung lässt die Stadt dauerhaft existieren und sich gesund entwickeln, früher wie heute.
|| Man muss die Stadt liebenswert gestalten und vor allen Dingen den Altstadtkern lebenswert erhalten, auch unter Berücksichtigung des demografischen Wandel.
Zur Arbeit in der Bauverwaltung
Nun habe/hatte ich die Möglichkeit als Architekt ein Jahr lang auf der Bauverwaltung dieser Stadt zu arbeiten, einiges kennen zu lernen und auch einiges, wenn auch weniges auf der Zeitschiene der Stadt, mit zu gestalten.
Zum Kasernenkauf
Es zeigt sich, daß das ehemalige Bundeswehrgelände nicht sinnvoll genutzt werden kann. Sinnvoll wären nur Industrieansiedlungen. Deshalb darf es auch nicht gekauft werden. Die Bima sollte das Gelände renaturieren, und dann wird man die Flächen der Bima zum Einstandspreis zurücknehmen. Eine Belastung sollte hieraus für die Stadt nicht entstehen.
Zum Leerstandskataster Zur Zeit laufen noch Maßnahmen im Stadtumbau West welche im Quartier Management konsequent genutzt werden müssen. Dazu gehört, eine ehrliche Bestandsaufnahme des Leerstandes mit den notwendigen Nutzungs- und Kostenanalysen.
Zu Hessischer Landgesellschaft (HLG)
Des weiteren sollte eine städtische Internetseite angelegt werden, um den Leerstand sinnvoll zu vermarkten. Man sollte sich hierbei nicht nur auf die Hessische Landgesellschaft verlassen.
Zu Fachwerksatzung
Die Stadt hat eine Fachwerksatzung eingeführt – aber diese Fachwerksatzung, auch wenn sie noch jung ist, hat noch nichts und wird auch nichts bewirken.
Lokale Ökonomie
Zur Zeit wurde das Programm lokale Ökonomie eingeführt, völlig an der Stadtplanung vorbei. Es gibt Städte innerhalb des Programmes welche einen Teil der lokalen Ökonomie zur Förderung eigener Stadtimage prägender Gebäude und Kulturstätten verwenden, und nur einen Teil wenn auch den größeren für Quartier Verbesserungen in der Geschäftswelt oder in der Gastronomie einsetzen. Dies muss unbedingt diskutiert werden.
Zu Marktplatz Ost
Hierfür ist eine "langfristige Stadtplanung" notwendig, dazu gehören auch statistische Untersuchungen, wie das kürzlich in Auftrag gegebene Einzelhandelsgutachten. (Ich bin übrigens ziemlich sicher, daß das Einzelhandelsgutachten den Marktplatz Ost sterben lässt).
Zu fehlender Kaufkraft
Klar ist, daß man kurzfristig den Einzelhandel mit Kaufkraft aus der Bevölkerung voraussichtlich nicht mehr stärken kann. Dafür spricht eine hohe Mobilität in der Bevölkerung und ein großes Angebot in der benachbarten Großstadt.
Zu Krankenhaus und PV-Anlage
Auch würde das alte Krankenhaus eine Chance bieten – Verhandlungen über eine neue Nutzung als Privatklinik, Sanatorium etc. eventuell auch Verhandlungen mit der Diakonie oder eine Nutzung als Spezialklinik müsste schon längst versucht werden. Ein 1,- € Angebot in entsprechenden Fachzeitschriften, Verhandlungen mit Asklepios diesbezüglich, wären für die Stadt wesentlich lohnenswerter als 10 ha PV Anlagen auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände. Man darf so Chancen in der Stadtentwicklung nicht auslassen.
Zu Events und Einzelhandel
Noch eine Anmerkung zum Schluss:
Sollte man nun annehmen, daß ich gegen die Veranstaltungen des Marketingvereines in der Stadt bin, ist dies falsch, allerdings darf man diese Events nicht als das Heilmittel für den Einzelhandel betrachten. Dies sind alles nur Moment-Aufnahmen. Helfen kann nur das :
GANZ – HEIT´s – MODELL
und ich hoffe, daß es deutlich wurde, was ich damit meine.
Jochen Gontermann dipl.ing.arch.
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prima ansätze die es umzusetzen gilt, packen wir es an !
zu 1. Ist das nicht zu viel erwartet? Wenn man dann noch den Kommentar des skadacitymob bei
Licht soll nicht ausgehen
liest. Eine passende Antwort liefert Qui_tacet_consentire_videtur.
P. S. Ich bin keine der dort kommentierenden Personen.