Messwerte und Demagogie
In drei Sitzungen des Bauaus- schusses wurde über das Gaswerk beraten. Dazu wurden mehrere Gutachten über mögliche Schadstoff Belastungen vorgelegt . Die umfangreichen Gutachten und Planungen wurden allen Stadtverordneten auf einer CD zur Verfügung gestellt, ebenso detaillierte Kostenbe- rechnungen und Kostenver- gleiche.
(Tabelle durch anklicken vergrößern)
Ausführliche Informationen
Eine solch ausführliche Vorabinformation hatte es bisher noch bei keiner Planung gegeben. Im Gegenteil. Erinnert sei nur an die Entscheidung über das Programm "Stadtumbau" am 16. Nov. 2006:. Anträge auf mehr Informationen wurden von der CDU/FDP-Mehrheit abgelehnt. Anhand einer einzigen Tabelle ohne jegliche Details wurde damals von dieser Mehrheit über 5.166.200 Euro abgestimmt.
Informationen werden ignoriert
Peter Dewald sprach als CDU-Fraktionsvorsitzender von gesundheitlichen Schäden, die möglicherweise bei Nutzung des Gaswerks als Jugendzentrum später entstehen können. Solche Spätfolgen wolle er ausschließen, die Jugend, die Zukunft des Landes dürfe nicht gefährdet werden.
Er unterstellt eine Belastung mit Schadstoffen, auch wenn zur Zeit keine gefunden wurden, die die Nutzung beeinträchtigen können. Warum noch Gutachten finanzieren, wenn selbst die fundierten Belege ignoriert werden? Der CDU reicht eine faktenfreie Behauptung aus. Das hat sie bereits bei der Idee des Einkaufszentrums bewiesen, wo sie alle Ergebnisse wie fehlenden Kaufkraft und Überangebot an Verkauffläche ignorierte.
Im Bauausschuss wurde differenzierter diskutiert. Das führte dazu, dass die Nutzung des ehemaligen Gaswerkes als Jugendzentrum auch von zwei CDU-Vertretern befürwortet wurde: Reinhard Fröde und Axel Becker. Zwei Tage später standen sie nicht mehr zu ihrer Auffassung und stimmten beide mit CDU, FDP und FWG geschlossen gegen die Beschlüsse des Bauausschusses.
Scheinheilig
Sowohl Peter Dewald wie Manfred Ripke (FDP) wollten nicht ausschließen, dass irgendwann einmal Schadstoffe austreten und die die Besucher des Jugendzentrum gefährden könnten. Sie, wie auch die FWG, sprachen sich stattdessen für eine gewerbliche Nutzung des Gebäudes aus. Erstaunlicher Weise hatten sie keine Bedenken, wenn in einem ganztägigen gewerblichen Betrieb in dem – aus ihrer Sicht – gefährdeten Gebäuden gearbeitet wird, auch durch junge Menschen.
Wenn sich die drei Parteien wirklich um die Gesundheit der Menschen sorgen wollen, dann müssten sie eine sofortige Schließung des Bauhofes in der ehemaligen Straßenmeisterei veranlassen, denn dort sind wesentlich höhere Schadstoffkonzentrationen in der Luft gemessen worden. Dies Vergleichmessung wurde parallel zu den Messungen im Gaswerk durchgeführt. (Tabelle anklicken zum Vergrößern)
Jetziger Bauhof vielfach höher belastet als das Gaswerk
Im Gaswerk am 23. 8. 2011 wurden im Ofenraum die höchsten PAK-Werte mit 0,6179 µg je Kubismeter Luft gemessen. Die parallele Messung des Werts in der Werkstatt des neuen Bauhofes ergab 4,7859 µg/m³. Der Arbeitsplatz im Bauhof ist acht-fach höher belastet.
Bei Naphtalin wurde im Gaswerk im ehemaligen Apparateraum der höchte Wert von 0,2919 µg/m³ gemessen. Im Bauhof lag der Wert bei 4,4851 µg/m³, 15-fach über dem gemessenen Wert im Gaswerk.
Noch großere Spannweiten finden sich bei Benzol und Toluol, wie in der Tabelle zu sehen ist.
In dem Prüfbericht heißt es zu den wesentlich höheren Werten im jetzigen Bauhof in der ehemaligen Straßenmeisterei: "PAK u. BTEX nutzungsbedingt erhöht, insgesamt Hintergrund für Werkstätten."
Obwohl die Werte im Bauhof um ein vielfaches über denen im ehemaligen Gaswerk liegen, liegen sie noch weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte. Die Werte im Gaswerk sind noch einmal sehr viel geringer.
Offensichtlich haben sowohl Dewald als auch Ripke die zur Verfügung gestellten Informationen nicht gelesen oder nicht verstanden. Sollten sie die Gutachten verstanden haben, dann ist ihre Argumentation nur als demagogisch zu bezeichnen.
Dokumentation
Auszüge aus dem Gutachten über die Messungen am 23. 8. 2011.
"Die Probenahme erfolgte während einer langen Phase warmen Wetters, in der sich das Gebäude gut aufgeheizen konnte. Die Kriterien für ein Worst-Case-Szenari sindd somit erfüllt.
Um einen Vergleich zu einem Raum mit äquivalenter Nutzung zu haben, wurde die Raumluft in einem Werkstattraum im neuen Bauhof der Stadt (ehemalige Straßenmeisterei) untersucht.
Auch unter Worst-Case-Bedingungen wurden in der lnnenraumluft des Gaswerkes signifikante Gehalte der leichtflüchtigen Verbindungen BTEX und Phenole nicht detektiert.
Innernaumquellen (Kontaminationen) für diese Verbindungen können somit definitiv ausgeschlossen werden. In der in der Werkstatt des neuen Bauhofs entnommenen Raumluftprobe sind die BTEX nutzungstypisch erhöht. Dies ist auf das Lagem bzw.Reparieren und Warten von Geräten und Maschinen mit Benzinmotoren zurückzuführen.
Die BTEX stellen typische Komponenten von Vergaserkraftstoffen dar. Die arbeitsrechtlich relevanten MAK-Werte werden jedoch für alle BTEX-Komponenten deutlich unterschritten.
Der MAK-Wert (maximale Arbeitsplatzkonzentration) ist die Konzentration, die ungefährlich für Menschen ist, wobei eine Aufnahme von 8 Std./Tag bei einer 40-Std.-Arbeitswoche zu Grunde gelegt wird."
"Die PAK sind schwerflüchtige Verbindungen, die mit Ausnahme von Naphthalin bei den üblichen Temperaturen in Innenräume nicht verdampfen. Sie sind fest an Partikel gebunden (Ruß, Staub, Rauch) und gelangen nur mit diesen Partikeln in die Raumluft. Wie die Messwerte zeigen, ist die Erhöhung auf eine stärkere Staubkonvektion zuriickzuführen. Ein verstärktes Ausgasen von Naphthalin konnte nicht nachgewiesen werden. Im Vergleich dazu werden in der nicht durch Gaswerkskontaminationen vorbelasteten Werkstatt des neuen Bauhofs sehr viel höhere Konzentrationen an PAK und insbesondere an Naphthalin gemessen (die arbeitsrechtlich relevante technische Richtkonzentration wird jedoch auch in der Werkstatt sehr deutlich unterschritten."
"Eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Gefährdung besteht auch für jugendliche Raumnutzer nicht. Aus fachtechnische Sicht können die Innenräume des Alten Gaswerks bereits jetzt, ohne weitere Maßnahmen uneingeschränkt genutzt w erden." (Fettdruck im Original)