Lutherausstellung im Rathaus: Verklärung statt Aufklärung
Im Obergeschoss des Rathauses sind die Transparente der Ausstellung "Luther und Europa" rund um die Wände des Sitzungsaals aufgestellt. Die 26 Thementafeln passen gerade in den Raum.
Die Ausstellung schwer zu finden
Ortsfremde Besucher können die Ausstellung kaum finden. Weder vor dem Rathaus, noch in der Eingangshalle, ja nicht einmal an der Tür des Sitzungssaales gibt Hinweise auf die Ausstellung.
Trennung von Kirche und Stadt?
In der Reformationsbroschüre der Stadt wurde die Ausstellung in der Stadtkirche St. Marien angekündigt. Dort wäre mehr Platz und dort wäre auch der richtige Bezug, denn es geht um den neuen Glauben und dessen Ausbreitung in Europa. Wie zu hören ist, wollte die Kirche diese Ausstellung nicht in der Kirche haben. Zu einem früheren Zeitpunkt zeigte sie eine ähnlich aufgemachte Ausstellung im südlichen Seitenschiff der Kirche.
Der Inhalt der Ausstellung
Die Ausstellung ist in 8 Kapitel aufgeteilt
# Europa um 1500: Die Welt im Umbruch
# Ereignis Luther
# Luther und die Anderen – Brüche
# Der fürstliche Reformator: Philipp von Hessen
# Die gespaltene Reformation
# Ausbreitung der Reformation in Europa
# Ausblick: Europa nach der Reformation
Grundlagen von Luthers Theologie
In den ersten Jahrhunderten nach Christi waren Bischöfe noch verheiratet und hatten Familie. Die Religionsauffassung war damals:
"Der Mensch ist das vernunftbegabte und sterbliche Lebewesen, das der Tugend fähig ist wie des Lasters: Gott hat ihm die Fähigkeit gegeben, seine Gebote entweder einzuhalten oder zu übertreten. Er kann, belehrt von der Natur, das Recht der menschlichen Gesellschaft einhalten oder es verletzen. Er kann eine der beiden Seiten frei wählen."
Im Jahr 397 erfand Augustinus von Hippo die Gnaden- und Rechtfertigungslehre. Er verfasste viele Schriften gegen eine Auslegung desjenigen Christentums, das ein humanes Menschenbild vertrat.
Mit der Erfindung der Gnadenlehre stand für Augustinus fest:
"Der Mensch ist ein Sündenklumpen. Der Mensch wird als Sünder geboren. Er ist zur Strafe sterblich geworden. Die Begierde herrscht im Menschen, das macht ihn zum Sünder, daran kann der Mensch nichts ändern, nicht durch gute Werke, barmherziges Verhalten, Almosen oder Ablassbriefe.
Nur Gott kann einige wenige Menschen in seiner Gnade aus der Hand des Teufels befreien, das sind die Begnadeten. Die meisten sind verdammt."
Augustinus gelang es, sein Menschen- und Gottesbild zur wichtigsten Lehrmeinung, zum Glaubensbekenntnis der westlichen Kirche zu machen, das noch heute im Kern gilt. Um sein Ziel zu erreichen schenkte er dem Kaiser des römischen Reiches 80 Araberpferde, die er ihm aus seiner Heimat in Nordafrika zukommen ließ. Der Kaiser veranlasste den Papst die Lehre des Augustinus zur offiziellen Lehrmeinung zu erheben. Später wurde diese Entscheidung des Papstes durch ein Konzil bestätigt. Der Kern der Theologie Luthers ist genau durch Entscheidungen des Papstes und des Konzils entstanden, verstärkt durch Bestechung.
Gegen abweichende Meinungen ließ Augustinus auch Militär einsetzen. (Donatisten in Nordafrika)
Welch ein Menschen- und Gottesbild: Gott schuf den Menschen, um die meisten von seinen Geschöpfen bis in alle Ewigkeit zu bestrafen und mit seinem Zorn zu verfolgen.
Dieses kirchenamtliche Menschen- und Gottesbild hielt die Menschen über ein Jahrtausend in Angst und Schrecken.
Luthers Theologie
Sola fide, allein durch den Glauben
Der ehemalige Augustinermönch Martin Luther bezog sich auf die Lehren von Augustinus. "Allein durch den Glauben" reichte weder bei der Papstkirche noch bei Luther, es musste genau diejenige Glaubensauslegung sein, der die Herrschenden gerade anhingen.
Wer nicht das lutherische Verständnis hatte, war ein Ketzer oder gar ein Antichrist. Selbst andere Papstgegner, wie die Täufer, erkannte Luther nicht an und verfolgte sie.
Sola scriptura – allein die Heilige Schrift
Nur was in der Bibel steht, sollte gelten. Nur der Glaube an diese Texte führe zu Gott.
Die Texte wurden sehr unterschiedlich verstanden und interpretiert. Es gab Aussagen, die standen gar nicht in der Bibel, wie zum Beispiel die Erbsünde die Augustinus postulierte, oder die Dreifaltigkeit Gottes. Was in der Bibel stehen durfte und was verworfen wurde, entschieden die Bischöfe in den verschiedenen Konzilien.
Auch nach der Reformation wurden Abweichungen brutal bestraft.
Der Reformator Calvin ließ in Genf den Theologen Michael Servet auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Seine Bitte, ihn wenigsten mit dem Schwert zu töten, lehnte Calvin ab. Nicht einmal dieses Gnadengesuch billigte er. Das Vergehen des Michael Servet: Er hatte nachgewiesen, dass die Dreifaltigkeit Gottes sich nicht aus der Bibel ergibt.
Von der Freiheit eines Christenmenschen
So lautete eine Schrift Luthers von 1520. Die geknechteten und notleidenden Bauern im Lande hatten klare Vorstellungen von Freiheit. So zum Beispiel Freiheit von Knechtschaft, Frondienst und Leibeigenschaft. Doch so war Freiheit bei Luther nicht gemeint. Melanchton, der an Luthers Seite für die Reformation eintrat, erklärte:
"Es sei ein Frevel und Gewalt, dass die Bauern nicht wollten leibeigen sein. Das wehre dem Glauben nicht, Christus rede blos von geistiger Freiheit, so dass ein Christ die Leibeigenschaft fröhlich tragen könne."
Auch die Lutherbotschafterin Margot Käsmann spricht von Gewissens- und Glaubensfreiheit.
Warum die Ausstellung im Rathaus gezeigt wird? Es mag daran liegen, dass Luther den unbedingten Gehorsam gegen die Obrigkeit verlangte. Welche Obrigkeit erfreut sich nicht auch noch nach 500 Jahren an solchem Zuspruch?
Ich freue mich auf eine ehrliche Bestandsaufnahme, was die Vermarktung des Lutherjahres für unsere Stadt unter dem Strich gebracht hat.
Ist das Interesse in der breiten Bevölkerung heute wirklich noch so groß an Luthers`s damaligem Wirken oder bezieht sich das Interesse nicht primär auf die Menschen, die an der Kirchengeschichte interessiert sind.
Einer demoskopischen Umfrage sehe ich gelassen entgegen.
@1, Opa
Genau das Problem haben auch Standorte an denen Luther tatsächlich längere Zeit aktiv war. Der touristische Hype ist ausgeblieben, so wie man hört an allen Standorten Ernüchterung bezüglich der hoch gesteckten Erwartungen.
In diesem Sinne
Also ich persönlich habe kaum mehr Menshcen/Gäste in unserer Stadt gesehen wie in einem "normalen" Jahr. Warum bzw für was sollten Sie auch nach Homberg kommen ?
Für eine lieblos aufgebaute "Ausstellung" über Luther ? Um sich an einem einmalig schönen Luther Blumenbeet zu erfreuen ? Sorry, aber all das Theater um Luther war völlig überzogen bzw anders gesagt wurde das ganze ZUGPFERD Luther völlig falsch vor den Karren gespannt. Ein EX Stadtmarketing Manager der sich Luther verschrieben hat und wohl glaubte allein der Titel Reformationsstadt würde die Massen nach homberg bringen….. falsch gedacht. Man muss sich auch mal ein bisschen den Ar… aufreissen und sich bemühen, planen, organisieren etc um etwas zu bewegen. Aber da ist es bei Luther so wie in vielen Teilen Hombergs die von einer gewählten Führung bestimmt/beschlossen werden.
Da zeigt der Bürger der etwas auf die Beine stellt mehr Angagement mehr Herzblut und mehr Liebe zu seinem Homberg wie die Herrn POLITIKER. Auch wenn es hier "nur " ums Feiern oder Laufen oder etc geht. Aber das sind alles nur Bürger die mit geringen Mitteln etwas für Homberg, für Homberger Bürger machen. UND, das alles kann sich sehen lassen.
Bretter in die Erde kloppen und Blumensamen reinstreuen ist eben nicht alles. Und nur Großspurig daher reden ist noch viel weniger…..
@ Bürger
Aber mal langsam. Es ist ein Beitrag zur Diversität. Ob der weiß, was Diversität ist, wage ich zu bezweifeln. In Homberg wird aus Darmluft ein Donnerschlag gemacht. Die merken nur garnicht, wie erbärmlich und peinlich so etwas ist.
Die Präsentation halte ich für peinlich. Die Ausstellung hat einen würdigeren Patz verdient. Warum ist man nicht ins Heimatmuseum gegangen und hätte den Öffnungsdienst ehrenamtlich organisiert?
Man hätte auch z.B. beim Kürzung Mal anfragen können. Die kennen sich mit Ausstellungen auch auf. Aber es wird bei so vielen NICHT gefragt, den dann hatten einige Dinge besser ausgesehen.