KrankenhausgelÀnde: Wieder der krumme Weg?
Das Einkaufszentrum auf dem Ulrich-Areal, der Baumarkt an der Kasseler Straße, das von der Stadt gekaufte Erdgeschoss von Marktplatz 15, der Altstadtkindergarten und der Umbau der ehemaligen Engelapotheke waren die großen Themen im letzten Jahr.
Die ersten drei Projekte stocken. Ob sie realisiert werden, ist nicht sicher.
Jetzt kommt ein neues Projekt auf den Tisch.
Am 8. September 2016 gab es in der Stadtverordnetenversammlung Informationen zu Planungen für das Gelände des ehemaligen Krankenhauses, das jetzt dem Asklepios-Konzern gehört. Eine Diskussion zu dieser Vorstellung gibt es nicht. Im Protokoll heißt es:
"Der Herr Stadtverordnetenvorsteher dankt den beiden Herren für ihre Beiträge und betont, dass das eine erste Information für die Stadtverordneten war. Fragen lässt er keine zu."
Die Stadtverordneten haben weder diskutiert noch einen Beschluss über die weitere Behandlung des Themas gefasst.
Sondersitzung wofür?
Vierzehn Tage später luden die Vorsitzenden des Haupt- und Finanzausschusses und des Ausschusses für Bau, Planung, Umwelt und Stadtentwicklung zu einer gemeinsamen Sondersitzung ein – ohne einen Auftrag von der Stadtverordnetenversammlung.
Die Ausschüsse sind ein Unterorgan der Stadtverordnetenversammlung und können von dieser beauftragt werden. Doch die Stadtverordnetenversammlung hat das Thema nicht behandelt und auch nicht die Ausschüsse beauftragt. Der Bürgermeister kann Themen in die Stadtverordnetenversammlung einbringen, aber nicht über die Ausschüsse bestimmen.
Alternativlos?
Über die gemeinsame Ausschusssitzung konnte man in der HNA lesen, Wohnbebauung sei die einzige Alternative, die auf dem Asklepios-Gelände möglich sei. Das Wort "einzig" lässt aufhorchen, es ist eine Variante des beliebten politischen Credos der letzten Jahrzehnte: "Es gibt keine Alternative". Es gibt immer mindestens zwei Alternativen. Neben der Wohnbebauung gibt es die Alternative, das Gelände wieder zu rekultivieren. Diese Möglichkeit wird durch das Wort "einzig" ausgeblendet, "einzig" soll als Denkverbot wirken. Der Asklepios-Vertreter bezeichnete dagegen die Wohnbebauung nur als eine Möglichkeit.
Falschinformation
Neben dem bisherigen Sondergebiet Krankenhaus sollen auch Flächen der Stadt in die Wohnbebauung einbezogen werden. Im Flächennutzungsplan sind diese städtischen Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung vorbehalten. Das erkennt nur, wer im Flächennutzungsplan nachschaut. Dr. Ritz dagegen gab an, das seien integrierte Flächen, die man für die Wohnbebauung ausweisen müsse, weil bald keine Neubau-Grundstücke mehr vorhanden seien. Dass gerade 40 Baugrundstücke im Holzhäuser Feld geschaffen und finanziert wurden, wird nicht beachtet. Neue Baugrundstücke oben am Südhang werden sicherlich eher nachgefragt als die im Holzhäuser Feld. Die Stadt macht sich selbst Konkurrenz.
Schutz des Ackerlandes
Gerade hat Helmut Koch in einem HNA-Leserbrief (30.9.2016) auf den fortschreitenden Verlust von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen hingewiesen und damit auf die Gefährdung der Lebensmittel-Produktion. Das UN-Jahr des Bodens 2015 ist gerade vorbei – in Homberg sind die Mahnungen schon vergessen.
Stadtentwicklungskonzept fehlt
In Homberg gibt es seit über einem Jahrzehnt keine Gesamtplanung der Stadtentwicklung. Es musste sich nur jemand als Investor oder Projektentwickler vorstellen, schon wurde alles auf seine Wünsche zugeschnitten. Ob der sogenannte Investor überhaupt seriös war, ob die Projekte wirtschaftlich tragfähig waren, wurde nicht beachtet. Erinnert sei: Für Algenzucht wurde die Standortschießanlage auf Antrag der Stadt nachträglich als Gewerbegebiet ausgewiesen – für ein Netzwerk von Kapitalanlage-Betrügern.
Eine rechtswidrige Veränderungssperre wurde nicht aufgehoben, weil der Projektentwickler für das Ulrich-Areal es so wünschte.
Genügend schlechte Erfahrungen
Dieses Vorgehen erinnert daran, wie der 1-Euro-Verkauf des ehemaligen Landratsamtes gehandhabt wurde. Im August wurden schon Pläne für Büroräume in der Freiheiter Straße gezeichnet, das gesamte weitere Vorgehen musste da bereits geplant gewesen sein. Dann tauchte in einer Anzeige die Ausschreibung der Arbeitsagentur für Büroräume in Homberg auf. Die Kraftstrom-Bezugsgenossenschaft (KBG) sollte sich an der Ausschreibung beteiligen können, dazu sollten die Stadtverordneten einer Nutzungsänderung für das ehemalige Landratsamt in der Freiheiter Straße zustimmen. Aus der geplanten Zustimmung zur Nutzungsänderung wurde der 1-Euro-Verkauf an die KBG, also ein Geschenk an das private Unternehmen.
Bei der Kindergartenplanung ging es erst um den Bedarf an weiteren Kindergartenplätzen. Ausschüsse und Magistrat entschieden sich für einen Kita-Standort neben der Schule am Stellberg. Doch daraus machte der Bürgermeister den Altstadtkindergarten, der Freiraum an der Stadtmauer brauchte. Auf diesen Gelände wurde dann ein Gebäude für eine Waldkindergarten gebaut.
Angesichts solcher Erfahrungen müssen die Stadtverordneten aufpassen, denn die Vorgehensweise trägt wieder diese Handschrift: Vortäuschen, ablenken und eigene Pläne durchdrücken.
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