Engelapotheke zum Tag des offenen Denkmals
Die Baustelle in der Engelapotheke war gut besucht. Viel konnte nicht angesehen werden, weil aus Sicherheitsgründen nur ein kleiner Teil der Räume betreten werden durfte.
Der Architekt Hess erläuterte den Abriss und die Sicherungsarbeiten im Gebäude. Ziel sei es, das Haus überall barrierefrei herzurichten. Alles wird von der Hessischen Landgesellschaft (HLG) bezahlt, hörten die Besucher.
Prof. Dr. Schulz-Grobert erzählte begeistert, was in dem Haus der Reformation im Erdgeschoss alles gezeigt werden soll, wenn es einmal fertig ist. Besonders erwähnte er den in Homberg geborenen Konrad Muth (Mutianus Rufus) der neben Erasmus von Rotterdam und Reuchling ebenbürtig zu den Humanisten gehörte.
Herr Uloth von dem Burgbergverein erläuterte, dass die vom Verein aufgebaute Sammlung jetzt im Kasernengelände eingelagert sei, nachdem sie das ehemalige Landratsamt in der Freiheiter Straße verlassen musste. Die Schautafeln und Objekte sollen im ersten Obergeschoss als Burgbergmuseum ausgestellt werden.
Was die Besucher nicht erfuhren
Finanzierung: Die HLG bezahlt nicht den Umbau, sie finanziert nur vor. Das volle finanzielle Risiko trägt allein die Stadt.
Wer die Betriebskosten der geplanten Ausstellungskosten übernimmt, wurde nicht gesagt, auch nicht wie hoch diese sein werden. Sicher kann man sein, dass mögliche Eintrittsgelder – sofern sie erhoben werden – nicht einmal die Betriebskosten decken.
Das heißt, aus dem Haushalt der Stadt müssen die laufenden Kosten und ein Teil der Baukosten getragen werden. Dabei handelt es sich nicht um eine Pflichtaufgabe der Stadt, sondern um eine freiwillige Leistung. Dafür hat die Stadt kein Geld, bzw. dafür darf sie bei ihrem hohen Schuldenstand keine Ausgaben tätigen.
Haus der Geschichte ohne Geschichte des Hauses
Die Anbauten an die Engelapotheke wurden abgerissen, sie seien ohne denkmalpflegerischen Wert. Das ist eine eingeschränkte Beurteilung. In der Denkmalpflege gibt es auch die vierte Dimension, die Zeit in der sich die Nutzung eines Gebäudes verändert hat und im Bauwerk selbst Spuren hinterlässt, die gelesen werden können. So wäre bei dem Anbau zu fragen, wann wurde er zu welchen Zweck errichtet und eventuell später umgenutzt. Gerade bei einem solchen herausragenden Gebäude wäre die Geschichte des gesamten Anwesens erhellend gewesen. Doch stattdessen wurden Zeitzeugnisse vernichtet, ohne sie vorher zu erforschen.
Haus der Reformation
Den einzigen Bezugspunkt zur Reformation leitet sich von der Synode in der Stadtkirche St. Marien ab. Es war ein Ereignis in der historischen Entwicklung der Reformation. Die Reformation ist nicht nicht nur ein religiöse Ereignis, viel mächtiger waren die politischen Bestrebungen, sich von der Bevormundung des Papstes zu befreien, was den Fürstenhäusern mehr Macht und Reichtum brachte, denn diese enteigneten die Kirchengüter und kassierten sie ein. Wenn Homberg aus dieser Zeit etwas Heraustellendes hat, dann ist es Konrad Muth (lateinisch: Mutianus Rufus), der zu den führenden Humanisten seiner Zeit gehörte. Konrad Muth distanziert sich ab 1516 von Luthers Reformationsgedanken.
"Prof. Dr. Schulz-Grobert erzählte begeistert, was in dem Haus der Reformation im Erdgeschoss alles gezeigt werden soll, wenn es einmal fertig ist"
Genauso begeisterte sich auch der Dr. Richhardt, den der Bürgermeister Dr. Ritz ebenfalls als hervorragend geeignet für das Haus der Reformation angesehen hatte.
Begeistert werden kaum die Massen sein, eher einige wenige an Kirchengeschichte interessierte.
Homberger Träumereien wohin man schaut.
Homberg – ich bin nicht allein.
Da hat man mühselig und in ehrenamtlicher Arbeit ein Lutherbild gehäkelt und dann geschieht folgendes:
Man hängt es am Burgturm auf. Für fast alle unsichtbar genau an dem Ort der mit der Reformation und Luther nichts zu tun hat.
An Stadtkirche dem Ort der damaligen Veranstaltung oder am Haus der ehemaligen Engelapotheke, dem "Haus der Reformetion" kann man es (angeblich) nicht aufhängen.
Wenn nicht an diesen beiden Orten, wo dann ?
Denkmalpflege am Beispiel des Landes Rheinland-Pfalz
Ich habe heute die Engelapotheke von der Rückseite besichtigt. Sehenswert, wie viele Balken ausgetauscht werden müssen, dabei habe ich nur die Äußeren gesehen. Welcher Privatmann kann solche Maßnahmen finanzieren?
Im Laufe der Woche lief in der Hessenschau ein Bericht mit Holger Weinert über den Rheingau. Dabei war er auch in Rheinland-Pfalz. Er berichtete von der Förderung des Landes für den Erhalt von privaten Denkmälern. Dies hat mich veranlasst etwas zu recherchieren.
Unter den folgenden Links kann man die entsprechenden Richtlinien und Förderhöhen einsehen.
http://gdke-rlp.de/index.php?id=zuwendungengdke
Hessen ist da weit abgeschlagen. Man schmückt sich zwar mit solchen Begriffen wie Grimmheimat. Fachwerkidylle und Fachwerkkleinod und wartet auf Touristen, aber die privaten sollen die gigantischen Unterhaltungs- und Sanierungskosten schultern, damit der Tourismus boomt. Unser kulturelles Erbe ist aber Dreh- und Angelpunkt für den Tourismus in der Region.
Hier ist unsere Politik gefordert, sonst bleibt bald nicht mehr viel von der Fachwerkidylle.
Ich bekenne mich klar zum Denkmalschutz, aber der muss im Einklang mit entsprechenden Fördermaßnahmen stehen. In Rheinland-Pfalz wurde dies erkannt, bis zu 80% Förderung für denkmalrelevante Maßnahmen werden gewährt.
Es ist auch überlegenswert, wenn die Stadt Homberg nicht nur kommunale Maßnahmen fördern lässt sondern sich auch für die privaten Denkmäler in unserer Stadt engagieren würde. Bedarf für Sanierung und vielleicht auch Schaffung von Wohnraum oder dessen Renovierung unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes gibt es in Homberg genug.
Im Nachgang zu meinem Kommentar noch ein Link zur Zumutbarkeit des Denkmalschutzes und der Einschränkung des Eigentums:
http://www.gerhard-bolten.de/pdf/INT1912_Unzumutbark_Denkm.pdf
M.E. lesenswert.
#2
Das liebevoll gehäkelte Lutherbild wird bei der "Baustelle der Reformation", wie man es ja schon nennen müsste, genauso wenig Interesse und Beachtung finden, wie die vielen Künstlerinnen und Künstler die, wie ich hörte, bei der diesjährigen Kunstausstellung in der Stadthalle Kunstwerke zu diesem Thema präsentieren. Mal abgesehen davon, das dieses Lutherjahr bald vorbei ist und danach interessiert es KEINEN Menschen mehr, ob es nun in Homberg ein, mit aufwändigen Mitteln restauriertes "Haus der Reformation" gibt oder nicht.
Da bedaure ich jeden Cent, den der Verein als Förderung bekommen hat, nur um im Licht der Öffentlichkeit gut dastehen zu können – ganz nach dem Motto: "Schaut her, was wir erreicht haben".
Dann bitte aber gestatt die Frage "FÜR WAS ODER FÜR WEN! Etwa für Hr. Richardts tausend Konfirmanden?