Katharina Thiersch gestorben
Katharina Thiersch 1938 – 2021 |
Foto: Bildschirmfoto aus dem Film über Kratzputz
Katharina Thiersch – Eine Pionierin der Denkmalpflege in Hessen
So bezeichnet sie das Landesamt für Denkmalpflege in einem Beitrag zu ihrem 80. Geburtstag 2018.
Von 1973 bis 2003 war Frau Thiersch in der hessischen Denkmalverwaltung tätig.
Zusammen mit Gottfried Kiesow war sie eine engagierte und standfeste Anwältin des Kulturdenkmals, wie sie heute in Hessen nur noch selten zu finden sind.
Seitdem wir 1983 das alte Pfarrhaus in Wernswig erwarben, beriet sie uns bei der Sanierung. Wir fragten sie um die Farbgestaltung und um die Aufteilung des runden Fensters. Wir schätzten ihre ruhige, überlegte Beratung. Sie empfahl uns die Grade des Dachs mit Schiefer zu decken und das Landesamt für Denkmalpflege übernahm die Mehrkosten dafür. Als ich mit ihr einmal über die Sanierungskosten sprach, und mich fragte, ob es sich wirtschaftlich lohnt, antwortete sie: "Sie erwerben Lebensqualität" . Diese Aussage hat sich bewahrheitet, für diese Orientierung sind wir ihr dankbar.
Ich bin froh, dass ich von ihr lernen konnte, bei Vorträgen und in Exkursionen. Nach ihrem Ruhestand konnte wir sie noch in ihrer Wohnung in Marburg besuchen und an ihrem reichen Erfahrungsschatz und ihrem Wissen teilhaben.
„Jede Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahme
soll der Erhaltung der Originalsubstanz
aller Zeitschichten der Bauten und Bauteile
als Quellen und Zeugnisse der Geschichte dienen“
Frau Thiersch überzeugte durch ihre umfassenden Kenntnisse. Sie kannte sich in bautechnischen Details aus, bis hin zur Zusammensetzung von historischen Mörtel. Sie konnte Bauwerke und Details kunsthistorisch einordnen und zueinander in Beziehung setzen. Sie richtete dabei immer den Blick auf das Ganze, auf die Gestaltung der Dörfer und Städte. Trotz ihrer ruhigen Art wurde sie unerwartet kämpferisch, wenn es um den Erhalt von historischer Bausubstanz ging, so wie es von Mitarbeiter der Denkmalpflege erwartet werden sollte. Das brachte ihr aber auch Feinde. In der Nordhessen war sie für manche ein rotes Tuch, doch sie verschaffte sich Respekt und zeichnete sich durch Durchhaltewillen aus.
Insbesondere in Nordhessen gibt es bis heute zahlreiche historische Ortsbilder von Dörfern und Städten, die in weiten Bereichen eindrucksvoll in die historische Kulturlandschaft eingebettet sind. Mir war es immer wichtig, gegen den enormen Veränderungsdruck in den Stadtkernen und den Dörfern vorzugehen. Nur wenn die Denkmalpflege früh in die Planung einbezogen wird, können wir unsere Interessen einbringen und gemeinsam mit allen Partnern weiterentwickeln. Quelle
In den umliegenden Städte von Homberg konnte sie aktiv wirken. In Homberg trat sie für den Erhalt und die Sanierung der Stadthalle ein.
"Während ihrer Dienstzeit hat Katharina Thiersch die Stadtsanierungsmaßnahmen vor allem in Fritzlar, Melsungen, Spangenberg und Schwalmstadt aktiv begleitet und befördert."
Katharina Beck vom Landesamt für Denkmalpflege zum 80. Geburtstag von Frau Thiersch. Quelle
Auch in ihrem Ruhestand blieb sie weiter aktiv. Besonders lag ihr das Kloster Haydau in Morschen am Herzen, wo sie sich auf die Gartengestaltung nach dem historischen Vorbild konzentrierte. Dafür wurde sie auch vielfach geehrt. hier, hier, hier, hier
Jetzt, wo sie ihre Stimme für den Denkmalschutz nicht mehr erheben kann, müssen andere die Aufgabe übernehmen.
Im Films von Rainer Scherb und Gerwin Stein über den Kratzputz von (2015) ist Frau Thiersch in ihrer ruhigen Art zu sehen und ihre Stimme ist zu hören.