Vier Jahre im BĂŒrgermeisteramt – eine Bilanz Teil 1
Vor vier Jahren, am 18. Juli 2014 trat der Jurist Dr. Nico Ritz das Amt als Bürgermeister in Homberg an.
Im ersten Wahlgang erhielt Dr. Ritz 24 Prozent und Opitz 17 Prozent der Stimmen der Wahlberechtigten. Es kam zur Stichwahl, bei der Dr. Ritz die Stimmen von 3595 Hombergern erhielt.
Die Zahl der Nichtwähler stieg auf 5534.
In seiner Antrittsrede benannte Dr. Ritz offen die Probleme der Stadt, dafür erhielt einen hohen Vertrauensvorschuss.
Versprochen und gebrochen
Vor der Wahl äußerte sich Dr. Ritz hinsichtlich der aktuellen Themen in Homberg so:
– Gasthof Krone nicht kaufen, es gibt kein Betriebskonzept und keinen Betreiber.
– Den Ankauf der Schirnen durch die Stadt ist sinnvoll.
– Bei der Engelapotheke fehlt das Nutzungskonzept, Sanierung dürfte sehr teuer werden. Den anfänglichen Gedanken an ein "Haus der Reformation" hat er wegen der zu erwartenden hohen Kosten verworfen. Der Fokus sollte auf einer privatwirtschaftliche Lösung liegen.
– Für die ersten 100 Tage hatte sich Dr. Ritz vorgenommen alle Steine aufzuheben und zu sehen ob Handlungsbedarf besteht.
Ergebnis nach vier Jahren:
– Die Krone wurde gekauft, die Handwerker-Kooperation zur Mitfinanzierung ist längst wieder vom Tisch.
– Die Schirnen wurden von der Stadt gekauft und mit Verlust wieder verkauft.
– Die Engelapotheke wurde nicht von Privat entwickelt sondern von der Stadt. Zum Reformationsjahr war auch das Erdgeschoss als "Haus der Reformation" nicht nutzbar, wie vorher angekündigt.
– Die vom Vorgänger übernommenen Fällen wurden zwar kurz thematisiert und letztlich vertuscht: Bürgerbegehren, Grundstücksverkauf im Kasernengelände an Althaus, Pachteinnahmen aus Solarpark, Kostenexplosion Ärztehaus usw.
Projekte und Arbeitsweise von Dr. Ritz
1) Ein abgekartetes Spiel
Am 18. Juli 2014 trat der neue Bürgermeister sein Amt an. Bereits im August ließ er im Rathaus Pläne zeichnen, wie das ehemalige Landratsamt für die Arbeitsagentur umgebaut werden könnte.
Der Öffentlichkeit präsentierte er die Geschichte von einer Ausschreibung der Arbeitsagentur, die Büroräume sucht.
Die Stadtverordneten bat er, sie mögen einer Umnutzung des Gebäudes für Büros zustimmen.
Am 9. Oktober 2014 legte der städtische Architekt im Bauausschuss die Umbaupläne für das Gebäude und das benachbarte Wallensteinsche Stift vor.
Textauszug aus Lokalo24
In der Sitzung zog anschließend der Architekt Gerlach aus Fritzlar im Auftrag der Kraftstrom-Bezugsgenossenschaft (KBG) seine Pläne aus der Tasche und stellte sie vor. Er bezog sich nur auf das ehemalige Landratsamt.
Der Bürgermeister dazu: Man könne doch auch von der KBG bauen lassen.
Aus Umnutzung wurde ein Verkauf unter Wert
In der folgenden Stadtverordnetenversammlung sollte laut Tagesordnung über die Umnutzung für Büros entschieden werden. Entschieden wurde aber über den Verkauf des Gebäudes an die KBG zum symbolischen Preis von einen Euro. Die Entscheidung war rechtswidrig.
– Ersten stand der Verkauf nicht auf der Tagesordnung.
– Zweitens entsprach der Preis nicht dem Wert des Grundstücks und Gebäudes.
– Drittens war kein Wertgutachten vorgelegt worden.
Gegen diese Entscheidung hätte der Bürgermeister Einspruch erheben müssen. Er tat es nicht, denn es war sein Plan, nach dem das ablief.
Bei der Einweihung des Gebäudes sagte der Leiter der Arbeitsagentur Reiner Weppler, dass Dr. Ritz das Gebäude ins Gespräch gebracht hat. Damit wurde deutlich, dass die Geschichte von der Ausschreibung der Bundesagentur nur ein fingierter Teil der Strategie war.
Täuschen wurde zum Markenzeichen des neuen Bürgermeisters. Die Einhaltung von Recht und Gesetz war nicht gewährleistet.
– Öffentliches Vermögen darf nicht unter Wert verkauft werden.
– Beschlüsse dürfen nur gefasst werden, die vorher auf der Tagesordnung stehen.
– Bei Beschlüsse zum Schaden der Stadt muss der Bürgermeister Einspruch erheben.
– Förderung von Privatunternehmer verstößt gegen den Wettbewerb.
Die Kritik an dem Ein-Euro-Verkauf des städtischen Eigentums nannte der neue Bürgermeister eine schmutzige Diskussion.
Es war die Kritik an einem schmutzigen Geschäft.
2) Einkaufszentrum mit 7.000 qm neuen Verkaufsflächen geplant
Im Sommer 2015 wurde der vierte Anlauf für ein Einkaufszentrum in der Stadt genommen. Diesmal unmittelbar vor der historischen Altstadt auf dem Gelände des ehemaligen Autohauses Ulrich.
Die GMA hatte bereits in einem Einzelhandelsgutachten festgestellt, dass in Homberg mehr Verkaufsflächen als in vergleichbaren Städten vorhanden sind. Trotz des Überangebotes sollen 7.000 Quadratmeter neue Verkaufsflächen gebaut werden. Die dafür notwendige Kaufkraft ist nicht vorhanden.
Alle anderen Nutzungen oder Mischnutzungen werden abgelehnt, weil der Projektentwickler das nicht wollte. Er wirbt mit dem Slogan "Wir bauen Märkte".
Das Geschäftsinteresse dieses Projektentwicklers wurde vom Bürgermeister als Ziel für die Stadtentwicklung beschworen. Alternativen wurden gar nicht erst gesucht. Der Projektentwickler lockte mit "Belohnung", so steht es auf der Rückseite der Visitenkarte von Herrn Ommen. Ob es daran liegt, dass nicht weiter gedacht und Alternativen gesucht wurden?
Die Bürger forderten in der Bürgerversammlung, den wertvollen alten Baumbestand zu erhalten, der auf einem Teil des Grundstücks stand. Dieser Wunsch wurde gar nicht diskutiert, er wurde abgelehnt. Begründung: das passt nicht zu der Planung des Projektentwicklers. Die Ziele des Projektentwicklers sind wichtiger als die Wünsche der Bürger, die dem Bürgermeister sein Gehalt zahlen.
Wettbewerb verhindern
Dr. Ritz schlug für das Gelände des ehemaligen Autohauses Weckesser eine Veränderungssperre vor, um so zu verhindern, dass dort ein 800 qm großer Nahversorger-Markt entstehen kann, wie es das Baurecht für das Mischgebiet zulässt. Der Bürgermeister begründete die Veränderungssperre damit, dass sonst Kaufkraft abfließen würde und das Einkaufszentrum gefährden könnte. Später erst merkte der Jurist Dr. Ritz, dass die Veränderungssperre rechtlich nicht haltbar war und hohe Schadenersatzforderungen an die Stadt auslösen konnte.
Der Magistrat, sprich der Bürgermeister, setzte die Aufhebung der Veränderungssperre auf die Tagesordnung der nächsten Stadtverordnetenversammlung. Vor der Sitzung gestand das Planungsbüro ein, dass die Veränderungssperre nicht haltbar war, bat aber darum, die Entscheidung doch zu vertagen.
Dr. Ritz setzte den Tagesordnungspunkt nicht selbst ab, wozu er berechtigt war, sondern überredete die Fraktionsvorsitzenden dazu, den Tagesordnungspunkt zu streichen und somit die Veränderungssperre bestehen zu lassen, obwohl sie nicht rechtmäßig ist. Bürgermeister Dr. Ritz hat sich qua Amt einseitig für die Interessen des Projektentwicklers eingesetzt.
Bebauungsplan seit 2016
2016 wurde ein Bebauungsplan entsprechend der Wünsche des Projektentwicklers für dieses Vorhaben beschlossen. Der Projektentwickler schloss mit der Stadt einen Durchführungsvertrag mit einer Fertigstellungsfrist Ende 2018 ab. Für die Erfüllung des Vertrages fehlten bei Vertragsabschluss wesentliche Voraussetzungen.
Der Projektentwickler hatte keine langfristigen Mietverträge, damit hatte er keine Sicherheit vorzuweisen, um eine Finanzierung zu erhalten. Der Projektentwickler war deshalb auch noch nicht Eigentümer der Grundstücke. Trotz dieser erheblichen Mängel schloss die Stadt den Durchführungsvertrag ab, der von dem Projektentwickler nicht eingehalten werden konnte, aber trotzdem 2018 noch für weitere zwei Jahre verlängert wurde, obwohl noch immer keine verbindlichen Mietverträge, Finanzierung und Grundstücknachweise vorliegen.
Statt den Interessen der Stadt zu dienen, förderte Dr. Ritz das erhoffte Geschäft des Projektentwicklers.
3) Die Spende des Bauherrn Schneider
Der Bauherr Schneider hat seit 2012 das Baurecht für ein Fachmarktcenter an der Kasseler Straße. Er wollte mehr Baurechte und beantragte eine Änderung. Es sollte noch für eine Tankstelle, ein Elektromarkt und ein Restaurant Planungsrecht geschaffen werden.
Eine Spende und gefällte Bäume
In der Stadt ging das Gerücht um, Schneider hätte an die Stadt gespendet. Kurze Zeit später waren an dem Grundstück des Spenders sechs große Straßenbäume gefällt worden. Wer hat in der Stadt die Fällung veranlasst, wollte ein Stadtverordneter wissen.
Der Bürgermeister konnte dazu nichts sagen, auch die beiden Abteilungsleiter für die Bauverwaltung konnten nichts sagen. Die Verantwortlichen schwiegen.
Am nächsten Tag legte einer der Abteilungsleiter einen Aktenvermerk vor, der einen Ortstermin beschreibt, der ein halbes Jahr zurück lag. Demnach hätte Hessen mobil einen Rückschnitt vorgeschlagen – keine Fällung.
In der Stadtverordnetensitzung ging es weiter: Der Unternehmer hätte aus Anlass seines 80. Geburtstags Spenden für Kindergärten an Homberg, Korbach und Vöhl vergeben, sagte eine CDU-Stadtverordnete. Eine Lüge, wie die HNA durch ein Telefonat ermittelte. Auch der Bürgermeister von Korbach bestätigte, dass weder die Stadt Korbach noch die Träger der Kindergärten eine Spende erhalten hatten.
Die Lügengeschichten gehen weiter. Auf ein schriftliche Anfrage antwortet der Bürgermeister, für das Grundstück auf dem die Bäume standen, gäbe es drei Eigentümer: Die Stadt, die Hessische Landgesellschaft und Hessen mobil. Die Antwort von Dr. Ritz ist offensichtlich falsch. Auf eine präzisierende Nachfrage wer im Grundbuch für das eine Flurstück als Eigentümer eingetragen sei, gab es keine Antwort.
Die angerufene Kommunalaufsicht präsentierte in ihrer Antwort eine neue Version. Es hätte ein günstiges Angebot für die Fällarbeiten gegeben. Jetzt waren es nicht mehr die Mitarbeiter des Bauhofs, jetzt war es ein Fremdunternehmen.
Die Staatsanwaltschaft wiederum schilderte einen noch anderen Ablauf, danach seien die Bäume bei der Änderung des Bebauungsplan herausgenommen worden. Auf die Frage, wieso im Protokoll des Magistrats die Spendenhöhe mit 10.000 Euro angegeben war, den Stadtverordneten aber nur 5.000 Euro genannt wurde, antwortete die Staatsanwaltschaft, das Magistratsprotokoll sei falsch. Somit ist jetzt staatsanwaltschaftlich bestätigt, das zumindest in diesem Fall der Sitzungsverlauf falsch beurkundet worden ist.
Der Spender kann sich freuen, er zahlte 5.000 Euro an die Stadt, bekam dafür eine steuermindernde Spendenbescheinigung und gleichzeitig übernahm die Stadt die Kosten für die Fällung und den Abtransport der Bäume. Er hat gewonnen, der Bürgermeister hat geholfen.
– Fortsetzung folgt –