Krone als Kulturzentrum ?
Mehr Informationen gab es nicht
Mit diesen mageren Informationen sollten die Stadtverordneten eine Entscheidung über 450.000 Euro fällen.
Christian Utpatl (FWG) verlangte ausführlichere Informationen, wenigstens sollte die Beschreibung vorgelegt werden, mit der die Fördermittel beantragt wurden. Bürgermeister Dr. Ritz verweigerte weitere Unterlagen. Zum "Schutz der Stadt" wolle er bestimmte Dinge nicht öffentlich machen. Dafür gäbe es einen einfachen Grund: Ein ehemaliges Magistratsmitglied hätte sich mit Fragen zu Fördermitteln an das Ministerium gewandt.
Bürgermeister: Obergeschoss der Krone soll Kulturzentrum werden
Der Bürgermeister erläuterte sein Vorhaben. Im ersten Obergeschoss der Krone soll der dortige Saal als Kulturzentrum ausgebaut werden. Dafür müsse ein barrierefreier Zugang geschaffen und die Wärmedämmung verbessert werden.
Aus dem Förderprogramm "Soziale Integration im Quartier" seien für die Bausumme von 450.000 Euro 90 Prozent bewilligt worden, also 405.000 Euro.
Die Nutzungen, die im Obergeschoss der Krone untergebracht werden könnten, brauchten nicht im Projekt Marktplatz 15 vorgehalten werden. Die Musikschule hätte dort einen Raum (80-100 qm) für ihre Orchesterproben.
Im Erdgeschoss könnte weiterhin ein Gastronom tätig sein.
Kritikpunkte gegen das Vorhaben
Peter Dewald (CDU) war gegen den Kauf der Krone. In einer früheren Sitzung wurde eine Kostenobergrenze für die Stadt von 75.000 Euro beschlossen. Weiterin erinnerte er daran, dass erst ein Gastronom gefunden werden müsse, der das Gasthaus Krone übernimmt. Die Stadt solle kein Immobilienhändler werden.
Die 90 Prozent-Förderung ist der Speck für den Hund, damit sollen die Stadtverordneten gelockt werden. Wer betreibt die Krone zukünftig? Wenn das nicht geklärt ist, besteht die Gefahr, dass die Fördermittel zurück gezahlt werden müssen.
Die Stadthalle wird jetzt schon mit Defizit betrieben, das die Stadt ausgleichen muss. Im ehemaligen Sparkassengebäude im Bahnhofsviertel ist mit öffentlichen Mittel ein Veranstaltungsraum geschaffen worden, der auch jetzt schon zur Verfügung steht. Jede Veranstaltung, die in einem der öffentlichen Räume stattfindet, schwächt das Geschäft der Gastronomie. Das kann auch die privat bewirtschafteten Veranstaltungsräume der "Stadt Cassel" betreffen und auch diezwei Gaststätten in Wernswig, wo es auch einen Saalbetrieb gibt.
Der Bürgermeister erwiderte darauf: Die Krone könne einer gemeinnützigen GmbH überlassen werden, die die Gastronomie verpachtet. Die Stadt muss nur 20.000 Euro finanzieren, wenn wir uns das nicht mehr trauen, dann müssen wir die Krone zumachen, sagte er. Wörtlich: Es sei ein "verschwindend geringes Risiko für die Stadt, wo soll da das Problem liegen?"
Auch Holger Jütte (FDP) hatte Bauchschmerzen bei dem Projekt. Mit Gastronomie müsse man vorsichtig sein. Er erinnert an die anderen Projekte der Stadt, Schirnen, Museen, Engelapotheke.
Heinrich Nistler (Bürgerliste) erinnerte an die Engelapotheke, da sah man am Anfang auch kein Risiko. Bei der Krone könne es auch nicht bei den genannten Kosten bleiben und weiter steigen.
Dewald gestand zu, dass sich Integration gut anhört, doch damit wird keine Integration gefördert. Die Wirtschaftlichkeit der Gastronomie ist aber nicht gesichert. Auch wenn das Fördergeld lockt, es bleiben Steuergelder. Mit der Verpachtung sind keine ausreichenden Erträge zu erzielen.
Wenn die wirtschaftliche Gesamtentwicklung einmal nicht so gut läuft, wird die Stadt erhebliche Probleme bekommen. Die städtischen Mehreinnahmen gehen nicht auf sparsames Wirtschaften zurück, sondern auf Sonderzuweisungen aus dem Land.
Christian Marx (SPD): Wir werden keine Pächter finden, solange das Gebäude nicht so saniert ist, dass es wirtschaftlich betrieben werden kann.
Hilmar Höse (Grüne) meinte: Wenn man Geld bekommen kann, sollte man sich das nicht entgehen lassen. Ein Gastronom sei nicht in Sicht, die Krone sei das älteste Gasthaus, deshalb müsse es die Stadt erhalten bleiben.
Bürgermeister Dr. Ritz verwies auf Kulturzentren in anderen Städten, die als gemeinnützige GmbH oder gemeinnützige Genossenschaft geführt werden. Für ihn ist es unverständlich, wieso man einen 450.000 Euro-Scheck zurückgeben soll. "Dazu fällt mir nichts mehr ein."
Jütte erinnerte an die Diskussion über die Dorfgemeinschaftshäuser. Die Dörfer sollten die DGHs selbst übernehmen, um Kosten zu sparen – und in der Stadt wird das Geld ausgeben. Als Gastronom fragte er, was ein Gastronom verdienen muss, um die Nebenkosten zu erwirtschaften.
Dewald verlangte eine konkrete und detaillierte Vorlage für das Projekt. Wörtlich sagte er: "Ich will mir nie wieder sagen lassen, das haben wir nicht gewusst."
Die Positionen in der Diskussion
Bürgermeister, SPD, CDU-Mehrheit und Grüne wollen den Saal im Obergeschoss mit einem barrierefreien Zugang zu einem Kulturzentrum ausbauen. Auf die vorgebrachten Kritikpunkte gingen sie nicht ein.
Kritikpositionen werden vertreten durch Stadtverordnete der CDU, der FDP, der FWG und der Bürgerliste.
Die Kritik bezieht sich auf die Wirtschaftlichkeit, die Folgekosten, die die Stadt belasten, die Wettbewerbsverzerrung zwischen subventionierten Räumen und privaten Räumen in der Gastronomie, die Ungleichbehandlung von Kernstadt und Dörfern.
Die Projektbefürworter gingen nicht auf die vorgebrachten Argumente ein, sondern wiederholten in Varianten nur immer wieder: Wir wollen bauen. So entsteht keine rationale Diskussion. Die Argumente prallten ab.
Richard Götte (CDU) brachte die Kritik folgendermaßen auf den Punkt:
Die Stadt saniert das Gebäude für 450.000 Euro – und verkauft es danach für 300.000 Euro. Er erinnerte daran, dass für die Fördermittel für 15 Jahre eine Zweckbindung besteht. Sollte der Zweck nicht mehr erfüllt werden, müssen Fördermittel zur Zeit anteilig zurückgezahlt werden.
Fazit
Erfreulich war an der Auseinandersetzung, dass zunehmend sachliche Argumente formuliert wurden. Leider gingen die Befürworter nicht darauf ein, sondern versuchten wie in der Vergangenheit, ihre Position einfach mit Mehrheit durchzusetzen.
Gerade zur Krone sind die jeweilig durchgedrückten "Lösungen" immer wieder gescheitert.
: : DOKUMENTATION : :
Auszug aus dem Protokoll des Haupt- und Finanzausschusses 6.2.2018