Stadtplanung in Homberg: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
In den letzten Jahren wurde bekannt, dass große Lobbygruppen ihre Vertreter in den Ministerien platzieren, wo die Lobbyisten dafür sorgen, dass die Interessen ihrer Gruppen in den Gesetzentwürfen berücksichtigt werden.
Satzungen sind die Gesetze der Kommune
Auf kommunaler Ebene wird das auch schon lange praktiziert – auch in Homberg.
Gesetze heißen in den Kommunen Satzungen. Bebauungspläne sind Satzungen, sie werden häufig von Planern geplant, die von dem Interessenten eines Bauvorhabens bezahlt werden. Das ist so bei dem Schneider-Areal und dem Ulrich-Areal, es nennt sich vorhabenbezogener Bebauungsplan.
Bei den Planungen und Begründungen haben die Planer gute Arbeit für die geleistet, die sie bezahlen – zum Schaden der Stadt.
Planer sind Interessenvertreter ihrer Auftraggeber
Das Planungsbüro ANP hat z.B. in seiner Planung für das Ulrich-Areal vorgesehen, dass der Stadt Altlasten übernimmt und damit die Verantwortung und die Kosten dafür. Die Schoofs-Gruppe kann zufrieden sein.
Beim Schneider-Areal erläuterte der Planer Herr Henke in der letzten Bauausschuss-Sitzung seine Antworten auf die "Anregungen und Bedenken" der Fachbehörden und der Bürger. Nicht der Magistrat oder ein vom Magistrat beauftragter Planer wägte die "Anregungen und Bedenken" ab, sondern der Planer, der den Plan entworfen hat.
Dem Entwerfer fehlt jedoch die kritische Distanz zu seinem Entwurf. Er müsste gleichzeitig seinen Entwurf verteidigen und kritisieren. Er wird Fehler korrigieren, die ihm unterlaufen sind und auf die er hingewiesen wurde. Wenn es aber um unterschiedliche Interessen und Sichtweisen geht, wird der Planer immer die Position seines Auftraggebers vertreten – und nicht die der Bürger oder der Stadt. Das wurde auch bei den Ausführungen zum Schneider-Areal deutlich.
Die "Abwägung" des Planers beim Schneider-Areal
Henke erläuterte, warum doch keine Dachbegrünung mehr sinnvoll sei, und deshalb nicht vorgeschrieben werden soll. Im Klartext heißt es: Seinem Auftraggeber wird es zu teuer.
Während im gültigen Bebauungsplan – den er selbst erarbeitet hat – die Bäume an der Kasseler Straße als zu erhaltend ausgewiesen sind, fehlen sie in seinem neuen Plan. Er sagt, da sind keine Bäume mehr, also gehe er von diesem Ist-Zustand aus. Er antwortete auf die Frage, wie er es beurteilt, wenn die Stadt gegen ihre eigene Satzung verstößt: Das habe ihn als Planer nicht zu interessieren, außerdem sei das doch nur eine Ordnungswidrigkeit.
Die Abwägung der "Anregungen und Bedenken" hat strenge Bedingungen zu erfüllen, wenn sie juristisch bestehen soll. Die Kriterien dazu sind im Laufe der Jahre von der Rechtsprechung entwickelt worden. Die Art, wie bisher in Homberg mit den Abwägungen umgegangen wird, kann vor einem Verwaltungsgericht nicht bestehen. So fehlt bisher immer ein "Abwägen", nämlich die Entscheidung zwischen zwei unterschiedlichen Belangen.
Wer vertritt die Interessen der Stadt?
Die "Anregungen und Bedenken" die zu der offengelegten Planung vorgetragen wurden, müssen laut Gesetz von der Stadt abgewogen werden, denn die Stadt hat die Planungshoheit. Doch der Magistrat und die Verwaltung leisten diese wichtige Abwägung im Sinne der städtischen Entwicklung nicht. Sie lassen sich "Abwägung" von dem Planer vorgeben, welcher sie den Stadtverordneten als eigene Leistung zur Abstimmung vorlegt. Die Stadt prüft nicht, ob die vorgelegte Planung mit dem eigenen Konzept von städtebaulicher Entwicklung übereinstimmt.
Ein Entwicklungskonzept der Stadt fehlt
Eine Prüfung anhand eines eigenen Konzeptes gibt es nicht, weil es kein Entwicklungskonzept der Stadt gibt. Es wird bisher immer nur von Fall zu Fall "entschieden", also zugestimmt. Den Planern der Auftraggeber gelingt es dabei, ihre Eigeninteressen als Stadtinteresse darzustellen.
In der Stadtverwaltung gibt es anscheinend auch niemanden, der fachlich zu einer umfassenden Prüfung der Planung in der Lage ist. So wird immer nur Stückwerk produziert, das am Ende keiner so gewollt haben will.
Beispielsweise haben die Stadtverordneten das Planungsrecht für Lidl an der Hersfelder Straße geschaffen, indem sie zustimmten, ohne die Folgen zu bedenken. Oder das Ärztehaus, für das bis heute kein Parkraum-und Brandschutzkonzept umgesetzt ist. Bei einer sorgfältigen Vorplanung und einer ernsthaften Abwägung der Vor- und Nachteile hätte man sich Millionenausgaben ersparen können.