Betrachtungen eines Lesers
Ein Leser schickte eine lÀngere Betrachtung zur Situation der Stadt, speziell zu dem Beitrag SpÀte Einsicht: Einkaufszentrum Marktplatz Ost Diese Betrachtung ist mehr als ein Kommentar zu einem Artikel ist, deswegen erscheint sie als eigenstÀndiger Beitrag.
Abbildung: Marktplatz östliche Seite
Dieser Kommentar (1) ist ĂŒberzeichnet; er zeigt das Geschehen aus meiner Sicht, er provoziert und will dazu anregen, sich Gedanken zu machen, Homberg liebenswerter und lebenswerter zu gestalten, denn Gestaltungsvorhaben, als auch den Wunsch nach VerĂ€nderungen, und letztendlich dessen DurchfĂŒhrung, bis hin zum fertigen Endprodukt, sind verschiedene Kriterien, mit je unterschiedlichen Bewertungen.
Die Stadt Homberg, der man in den zurĂŒckliegenden Jahren bis zur Jahrhundertwende viele tragende SĂ€ulen wegnahm, mit denen sich die Menschen identifiziert hatten und eine bestimmte Wertvorstellung damit verbanden, hat sich von diesem Verlust nie erholt.
Sieht man sich nun die von dem Blogbetreiber oben aufgefĂŒhrten Punkte zu den verschiedenen Daten jeweils einzeln an, als diese der Ăffentlichkeit bekannt gemacht wurden, dann scheinen sie unterzutauchen in dem Wust anderer Verwaltungsaufgaben, die in jenen Tagen gleichzeitig auch dem Publikum bekannt gemacht wurden. Sie alle sind dem interessierten Leser schmackhaft dargestellt wurden, und verschleiern im Kern so den eigentlichen Gehalt der oben aufgefĂŒhrten Punkte von Delf Schnappauf.
Der von dem Blogbetreiber hier veröffentlichte Bericht zeigt in der Summierung der einzelnen Punkte durchaus einen mehr oder weniger wachsenden Wert- und Gehaltverlust des Marktplatzes wie auch der Anrainer auf. In zunehmendem MaĂe verliert der Marktplatz in Homberg an seiner eigenen IdentitĂ€t, FunktionalitĂ€t und AttraktivitĂ€t.
Es ist schon fast eine âEntehrungâ eines traditionellen, markanten Homberger Merkmals, das auch mit zu den SĂ€ulen und den Fundamenten gehört, welche Homberg an der Efze, nicht nur seit dem Hessentag des Jahres 2008, ĂŒber die Grenzen des Landes bekannt gemacht haben.
Wer dieser Sichtweise nicht folgen kann, der wird schnell eingeholt werden von der RealitĂ€t, der schicksalstrĂ€chtigen, rauen Wirklichkeit mit dem Namen: âRatingâ, der sogenannten BonitĂ€tsanalyse von Banken und Sparkassen hinsichtlich der Bewertung von Wohnvierteln, Immobilien, usw., auch hier, – am und um den Marktplatz.
Es ist schade, dass die Erlebniswelt des Marktplatzes meistens nur auf die sonnigen Tage und auf die verschiedenen Events, wie der am 7. Mai dieses Jahres geschehen, fokussiert ist.
Fast immer gelangt man tags darauf wieder zur allseits bekannten und erlebbaren NormalitÀt. Dann geht oft genug der triste Alltag am Marktplatz weiter, so, als wÀre nie etwas geschehen.
Der Marktplatz selbst ist derweil nicht dazu geeignet, dauerhaft mit Leben erfĂŒllt zu werden; schmucklos, farblos, spröde, grau in grau, – Kasernengrau, eine âsteinerne Schönheitâ. Dies ist das allgemeine Betrachter-Bild mit einem gewissen GefĂŒhl von KĂ€lte, das sich dem Passanten oder SpaziergĂ€nger darstellt, und das nicht unbedingt zum lustvollen Verweilen einlĂ€dt. Tische und StĂŒhle, wie auch verschiedentlich bunt aufgestellte Sonnenschirme bieten hier und dort nur eine kleine Abwechslung an Farben des ehemals marktbelebenden Alltags.
Die einst von Fachleuten konzipierte, um Beifall heischende, und weitrĂ€umig angelegte Wasserrinne um den Marktplatz herum, zieht durch ihre eintönige Schmucklosigkeit keinerlei Aufmerksamkeit auf sich, und ist an verschiedenen Stellen ihres Umlaufes sogar ein GefĂ€hrdungspotential fĂŒr Mensch und Tier.
FĂŒr Familien mit Kindern und auch Ă€lteren MitbĂŒrgern wird es in zunehmendem MaĂe schwieriger die âEinkaufsmeileâ mit dem Marktplatz als Mittelpunkt fĂŒr einen Schaufensterbummel ohne Stress in Anspruch zu nehmen.
Der Autoverkehr trĂ€gt gleichwohl ein Ăbriges dazu bei, den Marktplatz nicht nur unsicherer zu machen, sondern diesen sogar zu entwerten, denn entlang dieser StraĂe parkt Auto an Auto rechts neben der offenen Wasserrinne, und saugt damit die noch verbliebene Restschönheit dieses einstmals belebten und von den Hombergern beliebten Platzes auf.
Das WohlfĂŒhlverhalten der Menschen ist unterschiedlich strukturiert; wĂ€hrend in Fritzlar, Melsungen und Borken die MarktplĂ€tze an den Markttagen jeweils gut besucht sind, und dementsprechend viele âŹuro ĂŒber die Theke wandern, trifft man zudem die dortigen Marktbesucher im Miteinander beim regen Gedankenaustausch. Nicht wenige Homberger kann man in diesen NachbarstĂ€dten beim dortigen Shopping treffen, weil eben diese MarktplĂ€tze infrastrukturell in einem Umfeld eingebettet sind, das einlĂ€dt, dem Markttreiben beizuwohnen.
Hier in Homberg wird sich diesbezĂŒglich natĂŒrlich MĂŒhe gegeben, um positiv auf die Menschen einzuwirken, doch das Ganze wirkt im Endeffekt mehr oder weniger gequĂ€lt, ein Bild dem Besucher nach auĂen darzustellen, das es in Wirklichkeit so nicht gibt.
Mit der seit einiger Zeit angedachten Installation von Parkscheinautomaten wird die tĂ€glich geringe Frequentierung des Marktplatzes noch weiter ausgehöhlt, da der Zeitdruck durch Parkzeit und Politesse stets als Schatten mit dem Autofahrer unterwegs ist. Man soll die Kuh melken und nicht schlachten, denn so wird das VerhĂ€ltnis der Einnahmen rund um den Marktplatz sich gegenĂŒber dem zu erfĂŒllenden Planungssoll nicht rechnen lassen. Es wird kontraproduktiv sein, und verĂ€rgerte Autofahrer werden zukĂŒnftig den Marktplatz meiden, um ihren Wagen dort abzustellen.
Mit dem geplanten âShopping Centreâ auf dem Ulrich-Areal, mit der BĂŒndelung von GeschĂ€ften nahe der Drehscheibe verlagert sich zudem die noch vorhandene Kaufkraft umso mehr, so dass der Marktplatz fast nur noch als Gerippe dar steht, ohne jegliche Ausstrahlungskraft.
Die Frage stellt sich derweil dem Betrachter, wer soll dann noch den Marktplatz als âEinkaufsparadiesâ fĂŒr sich akzeptierenâŠ?
Die Grenze zwischen einerseits einer âErstarrungâ des Marktplatzes, wie auch der umliegenden StraĂen und andererseits einer âBelebungâ der Ziegenhainer StraĂe werden von den Menschen durchaus gefĂŒhlt wahrgenommenâŠ
Zunehmend verfĂ€llt der Marktplatz mehr und mehr, und ist an sonnigen Tagen ein Stelldichein picknickender Freizeittouristen, nach dem Motto: Sehen und Gesehen werdenâŠ
Die GeschĂ€fte rund um den Marktplatz tragen, – Ausnahmen bestĂ€tigen die Regel – mit ihrer Deko und teils kaum wahrnehmbarer Werbung nach auĂen, eben nicht sehr rĂŒhmlich dazu bei, von vielen Hombergern besucht zu werden.
Einladende GeschĂ€fte, wo der Kunde sich als König fĂŒhlen soll, sehen doch etwas anders aus. Die Angebotspalette der HĂ€ndler lĂ€sst dem Kunden auch nicht allzu viel Spielraum.
Manche GeschĂ€fte scheinen lediglich nur noch ihrer Alibifunktion nachzugehen, auszusitzen und einfach da zu seinâŠ
Der ehemals natĂŒrliche Marktplatz in Homberg mit seinen AnrainerlĂ€den, wie das Central-Kaufhaus, die Engel-Apotheke von Fischer, dann in der VerlĂ€ngerung der Schirnen, dem Strumpf- und Hosenladen fĂŒr Herren, dem TextilgeschĂ€ft Grau, dem Werkzeugladen von Fey, der BĂ€ckerei Hassenpflug, und last not least der Fa. Tesdorpf, ist der engstirnigen StĂ€dtebauplanung nach typisch deutscher ordnungsbewusster Manier ausgeliefert gewesen, und wurde auch dementsprechend so umgestaltet.
Das, was durch diese neue Form der Gestaltung angedacht war, eine natĂŒrliche Belebung, ein Ort des Miteinander, es trat nie ein, lediglich verschiedene Events erzeugten ein kurzfristiges Hoch im Bereich des Marktplatzes. Schulterzucken bei denen, die ehemals Verantwortung trugenâŠ
So ĂŒberlieĂ man den Marktplatz sich selbst, stellte den Poller an, und dann wieder aus, und wusste nicht mehr weiter.
Das ehemalige Stadtmarketing schien sich wirklich zu bemĂŒhen, setzte aber, da fĂŒr diesen Auftrag marketingunerfahren und gĂ€nzlich unqualifiziert, hinsichtlich der Arbeitsaufteilung, als Stadtmarketing schlichtweg falsche Akzente zur Belebung dieses Standortes, und wiederholte dann noch die gleichen Fehler jedes Jahr aufs Neue.
Fragt man derlei Marktbeschicker in Fritzlar und Borken: âKommt ihr denn auch mal zum Markt nach Homberg, um dort anzubieten?â – Dann ist die Antwort fast immer negativ: âIn der Vergangenheit haben wir dies einige Male probiert; es ist fĂŒr uns zu viel an Aufwand, das lohnt sich in Homberg nicht!â
Ist es denn die wirklich Kaufkraft, die da fehlt? Hat Delf Schnappauf Recht mit seiner Analyse?
Nun, – es scheint tatsĂ€chlich in diese Richtung zu gehen. Wenn man sich an die letzten Heimatfeste Hombergs erinnert, dann musste man miterleben, wie die einstmals groĂe Wagenburg, mit der gebĂŒndelten Anreihung von Verkaufswagen auf einem groĂen Areal, dieser fliegenden HĂ€ndler, mit dem immer geringer werdenden Kaufinteresse der Menschen, zunehmend abgebaut wurde. Die AbstĂ€nde wurden mit der Zeit zwischen den einzelnen Verkaufswagen immer gröĂer; die Angebote fĂŒr den Besucher fielen zunehmend geringer aus. Auch die FahrgeschĂ€fte und andere diverse Jahrmarktangebote wurden abgebaut, und nur im kleinen Stil den Besuchern angeboten.
Von stĂ€dtischer Seite wurden zudem die Kosten fĂŒr die StandgebĂŒhren erhöht. Im nachfolgenden Jahr wurde dann die FlĂ€che fĂŒr die fliegenden HĂ€ndler verkleinert, unter anderem wegen der Ăbersicht, und, um auch fĂŒr das Publikum eine bessere optische Wirkung zu erzielen.
Gar mancher der HĂ€ndler monierte laut ĂŒber die vielen âSeh-Kundenâ, die an den verschiedenen StĂ€nden vorbeigingen, ohne ihr Portemonnaie zu herauszuholen, um etwas zu kaufenâŠ
Mehrere der HĂ€ndler bauten bereits nach einem Tag ihren Verkaufswagen wieder ab, weil sie nichts verkauft hatten, und zogen von dannen, ohne ihre StandgebĂŒhren zu entrichten.
Homberg wurde von diesen Marktbeschickern wegen ausbleibender UmsĂ€tze als kĂŒnftiger Verkaufsort gestrichen, zumal viele dieser HĂ€ndler von weither kamen.
In den letzten Jahren waren Homberg, die Altstadt, wie auch der Marktplatz immer mal wieder Themen in der öffentlichen Diskussion, von teils âalten Hasenâ der unterschiedlichen politischen Strömungen. Man wollte auf VerĂ€nderungen hinwirken fĂŒr eine positive Entwicklung.
Und was geschah� Wenig⊠Der Poller war wiederholt zum Gegenstand von VerÀrgerungen geworden.
Aber eigentliche spĂŒrbare Impulse fĂŒr ein MEHR an positiver Gestaltung, ein MEHR an LebensqualitĂ€t, das ist alles auf der Strecke geblieben.
Man dachte seinerzeit von Seiten der Politik ĂŒber diverse VerĂ€nderungen nach, man kam zu keinem durchzufĂŒhrenden Entscheidungsprozess, und so hĂ€lt dieser Denkprozess bis heute anâŠ
Und AKTUELL? In diesen Zeiten versuchen ein paar Homberg getreue Aktivisten den Marktplatz mit durchdachten Ideen und AktivitĂ€ten wieder zu beleben. Der erste Auftritt dieser Gruppe war von den Hombergern ĂŒberwiegend positiv aufgenommen worden, und machte Hoffnung auf mehr, fĂŒr die Zukunft. Sie legen den mit EinfĂŒhrung ihrer TĂ€tigkeit alten Zopf beiseite, richten sich neu aus, und fahren derzeit auf einer Erfolgsschiene.
Doch es mĂŒssen insgesamt dauerhaft Zeichen gesetzt werden; der Nachhall des Events, dieser Einmaligkeit, sollte noch fĂŒr die vielen tristen Tage danach in der Erinnerung der Menschen sein und belebend wirken.
Die Beantwortung der Frage nach dem Kaufverhalten wird auch abhĂ€ngig sein auch von der Identifizierung der Menschen mit ihrer Reformationsstadt Homberg, wozu auch die KritikvertrĂ€glichkeit der Bewohner, wie auch der GeschĂ€ftsleute zĂ€hlt, und gleichwohl von der sich aktiv einbringenden Bevölkerung fĂŒr erlebnisreiche tĂ€gliche MarktplatzbummelâŠ
Doch das WohlfĂŒhlverhalten der dort teilnehmenden Menschen ist lediglich auf den Event am Marktplatz fokussiert. Dann ist dort alles abgesperrt, die Menschen können abschalten, bummeln, shoppen oder sich dem widmen, was die Stadtmarketingakteure anbieten. So reicht es nicht, nur mit verschiedenen Events zu einer dauerhaften Belebung der Altstadt zu kommen.
Homberg muss sich mit dem inhaltlich auseinandersetzen, was es ist, was es hat, und was es kann. Und von daher sollten PrioritÀten gesetzt werden.
Der Begriff âReformationsstadtâ muss umgesetzt werden als ein Leuchtpunkt im Bereich der Touristik. Die Reformationskirche, der Vorplatz, der Marktplatz mit seinen (sanierten) Schirnen und dem Fachwerkensemble muss als Ganzes gesehen werden, als Einheit, als Einmaligkeit, die in sich zusammengehört, eben, – als eine tragende SĂ€ule, wie auch all die anderen SehenswĂŒrdigkeiten, die Homberg einzigartig machen.
Die Politik muss den Prozess begleiten und ergÀnzen, sie muss die Kraft der Erneuerung haben, manchmal aber auch des Umdenkens.
Da, wo etwas nicht sinnvoll erscheint, wo etwas nicht machbar ist, da sollte man seine Gedanken ordnen und dies dann lassen. Die Menschen mĂŒssen aktiv in die Verwirklichung mit eingebunden werden, denn diese sind es, die mit ihren Gedanken zur Gestaltung dazu beitragen, dass man letztendlich stolz darauf sein kann aus âHomberg an der Efzeâ zu kommen.
Die Verbindung von Tradition und Moderne sollte immer zielgerichtet sein auf den WohlfĂŒhlcharakter der Menschen.
Und dieser lĂ€sst, wie man zweifellos sehen kann, noch nach wie vor auf sich wartenâŠ
So kann man den Gedanken Gorbatschows: âWer zu spĂ€t kommt, den bestraft das Lebenâ auch auf die Reformationsstadt Homberg ĂŒbertragen.
(1) Als Kommentar zu dem Beitag: SpÀte Einsicht: Einkaufszentrum Marktplatz Ost
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