Friedrich-Kramer-StraĂe
Im Gewerbegebiet Süd wird eine Straße nach Friedrich Kramer (1886-1940) benannt. Zur Bedeutung von Kramer schrieb Thomas Schattner, der sich als Historiker und Lehrer der THS intensiv mit der Regionalgeschichte befasst, den folgenden Beitrag.
Die Inhaftierung von Kramer 1933 zeigt, dass von Anfang an die poltische Opposition verfolgt wurde, vor der systematischen Verfolgung der jüdischen Bürger.
Friedrich Kramer
von Thomas Schattner
HOMBERG. Friedrich, genannt Fritz, Kramer wurde am 13. April 1886 in Homberg geboren. Über seine Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Sicher ist nur, dass er von 1908 bis 1910 seinen Militärdienst absolvierte. Ein Jahr später heiratete er; aus der Ehe gingen die Kinder Frieda und Ludwig hervor. Zwei Jahre später wurde er in Homberg zum Stadtverordneten der SPD gewählt. Dieser Partei war er bereits 1906 beigetreten.
Im Ersten Weltkrieg kämpfte Kramer fast an allen Fronten, wurde dabei zwei Mal schwer verwundet, erkrankte später an den Folgen dieser Verwundungen und bezog eine kleine Kriegsrente.
Nach Kriegsende war Kramer sofort wieder vielfach politisch aktiv, zunächst in der SPD, später dann in der Kommunistischen Partei Deutschlands. KPD-Stadtverordneter in Homberg blieb er bis zu seinem Umzug nach Kassel. Beruflich betätigte sich Kramer in der Folgezeit als Handwerker.
Es scheint, als habe er politisch etwas resigniert, zumal er etliche juristische Auseinandersetzungen wegen "schwerer" staatsfeindlicher Handlungen, wegen Vergehen gegen das Versammlungsverbot und schweren Landfriedensbruchs zu bestehen hatte. Alle Verfahren endeten mit Freispruch. Hinzu kam, dass er bereits über einen langen Zeitraum von seinen politischen Gegnern diffamiert wurde. So wurde er öffentlich im Homberger Kreisblatt 1919 anonym als "roter-Eier-Kröterich" bezeichnet. Wahrscheinlich erklärt sich so sein Weggang von Homberg.
Sowohl als Handwerker als auch später in Kassel als Gastronom hatte er finanziell sein Auskommen. Dies änderte sich schlagartig mit der Machtübernahme der NSDAP. Höchstwahrscheinlich aufgrund seiner politischen Betätigung geriet Kramer in das Visier der neuen Machthaber.
Um 6.15 Uhr am 22. Oktober 1933 war es soweit: Fritz Kramer und sein Sohn Ludwig wurden verhaftet. Im Polizeigefängnis hausten sie wie Tiere – nur drei Mal konnten sie an die frische Luft. Zwischenzeitlich war auch Frau Kramer drei Tage in Haft. Tochter Frieda entging wohl ihrer Verhaftung nur, weil sie sich zufällig in Homberg aufhielt.
Die Behandlung im Polizeigefängnis war brutal. Vor allem Gummiknüppel und Reitpeitschen dienten zur Folter. Der Unterkiefer schwoll an, das Ohr, das zu einer Masse gehauen wurde, schwoll schwammartig an, das Nasenbein war verletzt und angeschwollen, Nase und Kopf bluteten. Dazu wurde der Hals zugeschnürt, so dass Kramer besinnungslos wurde. "Ich lag vollständig zerhauen, über und über mit schwarzen, grünen, gelben Striemen bedeckt, im Gesicht vollständig entstellt mit schwerer Atemnot und Erstickungsanfällen in der elenden Zelle", berichtete Kramer später.
Am 16. Februar 1934 begann der Prozess gegen ihn. Er wurde freigesprochen und landete doch wieder in "Schutzhaft". Schließlich kam er ins Konzentrationslager Breitenau. Aufgrund seiner schwachen körperlichen Konstitution war er unfähig zu arbeiten und wurde entlassen. Er starb am 15. Dezember 1940, wohl nicht zuletzt an den Spätfolgen der Misshandlungen. So endete das Leben eines großen Sohnes der Stadt Homberg.
siehe auch:
Friedrich Kramer gründete die Homberger SPD vor 90 Jahren
Sozialdemokraten und die SPD
Neue Straßennamen