Kasernenkauf: Chancen und Risiken
Wer von Chancen redet aber von Risiken schweigt, hat etwas zu verbergen.
Eine Investition -hier von der Stadt in das Kasernengelände- bietet neben Chancen auch immer Risiken. Die müssen benannt und bewertet werden. Erst dann ist eine begründete Entscheidung mögich.
In Wertpapier-Prospekten muss ausdrücklich auf Chancen und Risiken hingewiesen werden. Fehlt die Risikoaufklärung, können daraus Ansprüche aufgrund der Prospekthaftung abgeleitet werden.
Bürger und die Stadtverordneten müssen ebenso vollständig über Risiken informiert werden, wenn es seriös gehen soll.
Risiken des Kasernenkaufs
Eine systematische Risikoanalyser ist nicht durchgeführt und nicht vorgelegt worden, sie kann hier nur skizziert werden.
Vermarktungsrisiko
Ist ein ausreichend großer Bedarf an Gewerbeflächen in der Region vorhanden, so dass die nicht gleich verkäuflichen Grundstücke und Gebäude in überschaubarer Zeit verkauft werden können?
Zu einer solchen Einschätzung gehört eine regionale Analyse über gewerbliche Immobilien. Das große Angebot an städtischen Gewerbeflächen, das große Flächenangebot im interkommunalen Gewerbegebiet in Remsfeld mahnen zur Vorsicht.
"Insgesamt, ohne Aussagen über die Qualität und Vermarktbarkeit zu treffen, weisen insbesondere die Kommunen des Schwalm-Eder-Kreises die meisten verfügbaren Flächen auf." heißt es in der jüngsten Standortstudie der IHK-Kassel.
Kostenrisiko
Die Stadt kann den Kauf nicht aus eigenen Mitteln finanzieren, dazu ist sie zu hoch verschuldet, so hoch, dass sie beantragt hat durch den "kommunalen Rettungsschirme" geholfen zu bekommen. Die Kapitalbindung und die Zinslast müssen an anderer Stelle im Haushalt eingespart werden. Unter den Zwangsmaßnahmen des Rettungsschirms wird es für die Bürger teurer, gleichzeitig werden Leistungen gestrichen werden. Die Einschnitte werden ein Ausmaß einnehmen, dass sich viele heute noch nicht vorstellen können. So wie in Südeuropa, wo man sich noch vor wenigen Jahren vorstellen konnte, was die Menschen heute erleben.
Altlasten
Mit dem Kauf würden alle Lasten und Verpflichtungen auf die Stadt übergehen. Das sind einmal die Sanierungskosten der Infrastruktur aber auch die Altlasten aus der militärischen Vornutzung, die im Boden stellenweise zu erwarten sind und bis heute nicht untersucht wurden. Hinzu kommen die Abbruchkosten von Gebäuden, die Zusatzkosten für die Sicherheitsmaßnahmen und Deponiekosten beim Abbau der Asbestbauteile auf Dächern und an Fassaden.
Technologiepark
Das Wort Technologiepark tauchte erst in der sechsten und letzten Sitzung des Arbeitskreises auf. Neue Stichworte waren Pyrolyseanlage zur Verwertung von Altreifen und Nutzung der Abwärme für Algenzucht.
Dazu erläuterte ein Ingenieur sein Projekt zur Altreifenverwertung, was er in Hoyerswerda als Prototyp betreibt. Der Arbeitsgruppe wurde eine solche Anlage in Homberg schmackhaft gemacht. Schriftliche nachprüfbare Unterlagen gibt es nicht. Im Gegensatz dazu siehe hier.
Solche Anlagen werde auch schon von anderen Unternehmen gebaut und betrieben. Welche Stellung das Hoyerswerdaer Verfahren im Markt hat ist unbekannt, sollte abe vorab geklärt sein. Der wirtschaftliche Erfolg ist davon abhängig, wie sich ein solches Verfahren im Markt behaupten kann.
Sich lediglich auf Informationen aus einer Quelle zu beziehen, ist gefährlich.
Neue Technologie
Ob sich die neue Technologie wirtschaftlich durchsetzt, ist dabei das große Risiko. Auch in der technologischen Entwicklung liegen viele Risiken, die vorher nicht übersehbar sind.
Neue Technologie ist keine Garantie für Erfolg, auch nicht für Arbeitsplätze und Gewerbesteuer.
Es gab in den letzten Jahren immer wieder große Erwartungen in neue Entwicklungen, um die es mittlerweile still geworden ist. Dazu einige Beispiele:
Cargolifter
Die Luftschifftechnik sollte für den Transport schwerer sperriger Lasten wieder entwickelt werden. Dazu wurde in Brandenburg ein großer Hangar gebaut. Das Projekt ist erst einmal in die Insolvenz gegangen.
Loremo
Ein leichtes Auto mit äußerst geringem Energieverbrauch sollte schon vor Jahren in die Serienproduktion gehen. Noch ist davon nichts zu sehen.
Termoselect
Aus Abfall Energie gewinnen. Somit ähnlich dem vorgestellten Projekt der Altreifenverwertung. In Karlsruhe war eine Anlage für 123 Mio. Euro geplant. Das Projekt ist eingestellt worden. Verlust 451 Mio. Euro. Beschäftigung gibt es jetzt bei den Gerichten.
Lockmittel Arbeitsplätze
Bedenken und ausführliche Analysen werden oftmals mit den Hinweis auf Arbeitsplätze beiseite geschoben.
Die Plaktaktion der CDU spricht von "über 100 neue Arbeitsplätze". Der Geschäftsbericht der TPL-GmbH in Hoyerswerda von 2010 nennt 5 Arbeitplätze.
Erst prüfen, dann entscheiden
Die Altreifenverwertung zur Energierückgewinnung mag ein sinnvoller Weg sein, der auch den Einsatz der Stadt verdient. Doch das kann erst erfolgen, wenn die Risiken bekannt sind und imVerhältnis zu den Chancen bewertet worden ist. Wer sich auf wohlklingende Schlagworte verläßt, handelt fahrlässig und zum Schaden der Homberger Bürger.