Argumente zur Photovoltaik-Anlage
Die bisher von dem Magistrat vorgelegten Entscheidungsunter- lagen sind nicht vollständig, wichtige Faktoren fehlen. Die Diskussion über das Für und Wider einer PV-Anlage auf der Freifläche oberhalb der alten Bahntrasse stehen nur die Pachteinnahmen im Fokus, andere Zusammenhänge wurden nicht diskutiert. Eine verantworliche politische Entschei- dung muss alle Faktoren abwägen und darf sich nicht einseitig auf einen einzigen Punkt versteifen.
Politische Betrachtung
1. Flächenverbrauch
Das Projekt kostet 18 ha Freifläche, Vorzugsfläche Ackerland nach dem gültigen Regionalplan.
Also weiteren Flächenverbrauch bei sinkender Einwohnerzahl. Das widerspricht den Nachhaltigkeitszielen, die auch Hessen formuliert hat.
2. Gefährdung eines Betriebes und des Naturschutzes
Gefährdung und ggf. Existenzvernichtung eines der wenigen Schäfereibetriebe, die für die Pflege der europäischen Naturschutzflächen Flora-Fauna-Habitat-Gebiete im Kreis unabdingbar sind. In der Folge Gefährdung der Naturschutzflächen durch fehlende Pflege.
3. Keine Vorbelastung = keine subventionierte Einspeisevergütung
Ob die Fläche die Bedingungen für die Zahlung der Einspeisevergütung erfüllt ist fraglich. Das wesentliche Kriterium für ist die Vorbelastung der Fläche. Auf dem Bahndamm rollt kein Verkehr wie auf Autobahnen und Schienensträngen, folglich geht auch keine Belastung die anliegenden Flächen davon aus.
4. Bürger sind höher belastet, Einnahmen sind geringer
Die Entscheidungsgrundlage berücksichtigt nur die möglichen Pachteinnahmen für die Stadt, diese entstehen nicht durch Wertschöpfung, sondern durch die Subventionierung der Stromkunden. Zahlen müssen Haushalte und kleine Betriebe, die großen Stromverbraucher sind von der Belastung ausgeschlossen.
5. Schwächung der regionalen Wirtschaftskraft
Die Stromkunden vor Ort zahlen wie überall die Subventionen für die PV-Betreiber, de Gewinne bleiben aber nicht in der Region, sondern fließen ab zu den Kapitalgebern, die schon jetzt immer dringender lukrative Anlagemöglichkeiten für ihr Kapital suchen. Für das Rohöl fließt das Geld in die Förderländer, für die PV-Anlagen an anonyme Kapitalfonds. Dabei sollte die Erzeugung erneuerbarer Energie eigentlich die dezentrale Wertschöpfung fördern.
Fakten:
18 ha Freilandfläche
7 MWp installierte Leistung
6.000.000 kWh Jahresleistung (Überschlagsrechnung)
1.080.000 Euro Jahresertrag (bei 0,18 Euro/kWh)
6. Förderung der unwirtschaftlichsten Erzeugung erneuerbarer Energie
PV-Anlagen sind die teuerste und unwirtschaftlichste Form der Erzeugung erneuerbarer Energie, deshalb erfolgt die im Vergleich zur Windkraft vielfach höhere Subventionierung über den kleinen Stromkunden. Die Kommune hat es in der Hand zu steuern, welche erneuerbare Energieform sie fördern will – so wie im Nordkreis, wo sich Kommunen zum Betrieb von Windkraftanlagen zusammengeschlossen haben.
7. Gebäudeintegrierte Lösungen sind vorrangig, werden aber vernachlässigt
In Homberg gibt es noch viele Dachflächen, auf denen gebäudeintegrierte PV-Anlagen möglich sind. Die andere Möglichkeiten bei der Ausweisung PV-Anlagen in neuen Gewerbegebieten zu schaffen wurden nicht genutzt.
8. Landschaftsbild
Die großflächige Bebauung mit Solarpanelen verändert das Landschaftsbild. Bei der Ausweisung der Windvorrangflächen vor einigen Jahren wurden extra Studien zu den Sichtbeziehungen bezahlt. Deren Hauptkriterium: Was ist vom Schlossberg aus zu sehen? Die PV-Anlage wäre vom Schlossberg als Fremdkörper in der Landschaft deutlich wahrzunehmen und auch von den anderen Stellen. Diese Auswirkungen wurden nicht untersucht und in der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt.
Ökonomische Betrachtung
9. Grobschätzung statt Wirtschaftlichkeitsberechnungen
Zur Begründung der PV-Anlage wird nur die mögliche Pachteinnahme für die Stadt betrachtet.
Eine genaue Finanzplanung mit allen Kosten und eine zeitliche Betrachtung fehlen.
10. Unvollständiger Grundstückspreis
Bisher wurde nur der Quadratmeterpreis mal der Fläche als Kaufsumme genannt. Tatsächlich kommen beim Kauf Nebenkosten hinzu die ca. 7 % ausmachen. (Grunderwerbssteuer, Notar, Grundbuch)
11. Finanzierungskosten
Die Stadt will die HLG (Hessische Land Gesellschaft) mit dem Kauf beauftragen, die die Vorfinanzierung übernimmt und die alle Kosten der Stadt in Rechnung stellt: Finanzierungskosten, Verwaltungskosten, Provision.
Eine Aufstellung über die Gesamtkosten und deren Entwicklung über die Investitionsdauer fehlen.
12. Keine Einnahmen für die Stadt für mehrere Jahre
In den ersten Jahren werden die Pachteinnahmen für die Kreditrückzahlung an die HLG gehen.
Bei Ankaufkosten von 680.000 Euro (Angabe R. Fröde) geteilt durch 80.000 Euro Jahrespacht ergibt 8,5 Jahre, in denen kein Geld aus der Pacht in die Stadtkasse fließt. Erst ab 2021 wären die Pachteinnahmen verfügbar. In den restlichen 11,5 Jahren (bei der 20 -Jahrelaufzeit) würde die Stadt insgesamt ca. 920.000 Euro einnehmen.
13. Nutzen des städtischen Investments
Es gibt keine Berechnungen, was mit den 680.000 Euro Ankaufkosten alternativ an Entwicklung finanziert werden könnte – die nicht nur Kapitalgewinn sondern auch Arbeitsplätze und damit regionale Kaufkraft schafft.
14. Rasante technologische Entwicklung
Von dem Projektentwickler wird Zeitdruck für die Entscheidung aufgebaut, der nur in seinem eigenen Interesse liegt: Er will noch die höheren Subventionen bekommen. Das sind nicht die Interessen der Stadt. Wie die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt hat, ist die technologische Entwicklung sehr viel rasanter vor sich gegangen, als angenommen wurde. Auf dem Weltmarkt gibt es bereits heute ein Überangebot an Solarmodul-Produktionskapazität, das größer ist als der Zubau an PV-Anlagen. Das wird sich auf die Preise auswirken. Erneuerbare Energie kann in Kürze schon ohne Subventionierung, also ohne Zusatzbelastung für die Bürger, wirtschaftlich erzeugt werden.
Rechtliche Fragen
15. Neue Zahlungsverpflichtungen zulässig?
Die Stadt ist hoch verschuldet und wird ab nächstem Jahr nur noch unter dem Diktat des kommunalen Rettungsschirms verwaltet werden. Zurzeit gibt es keinen gültigen Haushalt. Ist unter diesen Bedingungen der Abschluss weiterer Zahlungsverpflichtungen haushaltsrechtlich erlaubt? Die Umwegfinanzierung über Dritte, hier die HLG, bedeutet am Ende immer eine Zahlungsverpflichtung für die Stadt.