EKZ: Bluff statt Info
Informationsabend 11. April 2011 zum Einkaufszentrum Marktplatz Ost (M.Ost)
Die rund 280 Besucher ließen einen knapp eineinhalbstündigen Vortrag des Bürgermeisters über sich ergehen, um sich dann erst einmal in einer Pause zu erholen und anschließend Fragen zu stellen.
Der Bürgermeister stellte die Planung für das Einkaufszentrum vor. Wer sich nicht mit den Fakten auskennt, muss glauben, es ist eine gutes Projekt, ein Projekt ,das die neues Leben in die Innenstadt bringt. Die Zahlen die der Bürgermeister zur Untermauerung vortrug, stimmten aber nicht, hier wurde schön gerechnet, die Gebäude und ihr Zustand wurden schlecht geredet und Hoffnungen geweckt, die an den Realitäten vorbei gehen.
Zentralitätsfaktor
Homberg habe eine hohen Zentralitätsfaktor, sagt der Bürgermeister und verweist auf die Zahl von 2008, als dieser bei 123 lag.
Die Fakten
Die Kaufkraft für Homberg ist nach den neusten Zahlen von 90 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 70 Milionen Euro in 2010 zurückgegangen. Das ist ein Rückgang von 22 %.
Dem entspricht auch der Rückgang des Zentralitätsfaktors. 2008 lag er bei 123 und sank in den zwei Jahren nach dem Hessentag auf 109.
Dieser Faktor besagt, dass mehr Kaufkraft nach Homberg fließt, als in Homberg vorhanden ist.
2008 kamen zu der Homberger Kaufkraft (100) noch 23% mehr hinzu. 2010 waren es nur noch 9 %.
Diese Kaufkraft von außen wird vor allem in den Einkaufszentrum am Rande der Stadt umgesetzt.
Einzugsbereich
Für das Einkaufszentrum gibt es einen Einzugsbereich und 30.000 bis 40.000 Einwohner, sagte der Bürgermeister. Die Zahl könnte bei einiger Anstrengung bis auf 50.000 Einwohner steigen.
Die Fakten
Homberg hat etwas über 14.000 Einwohner. Noch einmal so viele Einwohner müssten nach Homberg zum Einkaufen fahren, um so ein Einzugsbereich von 28.000 Einwohnern zu haben. Und das nicht nur einmal, sondern ständig. Wie aber der Zentralitätsfaktor zeigt, ist es ein viel kleinerer Teil, der nach Homberg angezogen wird.
Kaufkraft
Die aktuelle Kaufkraft (2010) je Einwohner beträgt nur noch 4724 Euro/Einwohner und Jahr, die für den Einzelhandel relevant ist. 2008 lag der Betrag noch bei 5254 Euro/Einw., ein Kaufkraftverlust von 530 Euro, rund 10 Prozent.
Einzelhandelsumsatz
14.000 Einwohner mal 4.724 Euro/Einwohner ergibt 66 Millionen Umsatz. Bei dem Zentralitätsfaktor 109 steigt der Betrag noch einmal um 9% ergibt 72 Millionen.
Die einzelhandelsrelevante Umsatzzahl für 2010 ist rund 70 Mill. Euro. Die beiden Ergebnisse sind somit plausibel.
Verkaufsflächen
Homberg habe 35.000 qm Einkaufsfläche. Bei einem Umsatz in Homberg von 70 Millionen bedeutet das eine Flächenproduktivität von 2.000 Euro/qm. Das liegt erheblich unter den durchschnittlichen Werten, die in den Branchen unterschiedlich sind, aber im Mittel bei 3.000 Euro/qm liegen. Mehr Flächen bringen nicht mehr Kaufkraft, sonder nur einen Verwässerungseffekt, die Flächenproduktivität wird noch schlechter. Das heißt, auch die festen Kosten werden immer größer für den Handel.
In Deutschland besteht schon jetzt ein Überangebot von Verkaufsflächen im Vergleich mit dem europäischen Ländern. Darauf wies 2008 Christian Klotz in der Stadthalle hin.
Würde man in dieser Weise mit 30.000 Einwohner im Einzugsbereich rechnen, würde das einen Umsatz von 142 Mill. Euro bedeuten. Das ist unrealistisch. Für die Grundversorgung gibt es in den umliegenden Städten ein ortsnahes Angebot, kein Grund extra nach Homberg zu fahren. Im besten Fall würden nur längerfristige Konsumgüter in der Kreisstadt eingekauft, Kleidung, Elektrogeräte, usw.. Dies macht nur einen kleineren Teil der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft aus.
Diese kurze Überschlagsrechnung zeigt. Die Veranstaltung lieferte Bluff statt Informationen.
Nicht nur mit Zahlen wird geblufft.
Da gibt es angeblich Investoren, die dann doch keine sind, sondern nur Interessenten, dann wieder nur Projektentwickler, die sich Investoren suchen.
Doch diese Art von Investoren haben schon Mieter für Homberg, die ein Geschäft eröffnen würden, die es sonst nicht im Kreis gibt.
Da seien Häuser nicht mehr bewohnbar und zur Nutzung gesperrt. Eine Behauptung. Solche Häuser sind in dem Gebiet nicht bekannt.
An der Obertorstraße soll eine offene Parkpalette entstehen, in die das Barockportal des Baumbachschen Hauses integriert werden kann.
Mindestens die Fassaden an der Ostseite des Marktes bleiben bestehen. Auch Städte wie Lübeck oder Rotenburg seien eine Mogelpackung, "warum sollen wir nicht auch eine Mogelpackung machen", sagte Bürgermeister Martin Wagner.
Dann heißt es auch wieder vom Bürgermeister:
Wir haben drei Investoren von denen am Ende "hoffentlich einer übrig bleibt"
oder
"wo noch keiner weiß, ob es mit Erfolg gekrönt ist."
Nachtrag (12.4.2011; 20:00)
Bericht im Homberger Anzeiger
Bericht HNA